Defekt
hat“, sagt Randy.
Alle bis auf Scarpetta kennen die Antwort. Randy
will die Spannung ins Unerträgliche steigern, und er wird sich seinen großen
Moment von niemandem streitig machen lassen. Schließlich ist er der
DNA-Spezialist.
„Randy?“, ertönt Scarpettas Stimme.
Diesen Tonfall schlägt sie an, wenn Randy sich
verzettelt oder seinen Mitmenschen - einschließlich ihr selbst - auf die Nerven
geht.
„Wissen wir, wem das Blut am Handschuh gehört?“,
erkundigt sie sich.
„Ja, Sir, das wissen wir. Tja, zumindest beinahe.
Entweder stammt es von Johnny Swift oder von seinem Bruder Laurel. Sie sind
eineiige Zwillinge“, rückt er endlich mit der Sprache heraus. „Also ist ihre
DNA identisch.“
„Sind Sie noch dran?“, fragt Matthew Scarpetta,
nachdem lange Zeit Schweigen geherrscht hat.
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass es Laurels Blut
ist“, ergreift Marino schließlich das Wort. „Schließlich war das Blut in dem
Wohnzimmer, wo seinem Bruder die Rübe weggepustet worden ist, auch nicht von
ihm.“
„Ich blicke da nicht mehr durch“, mischt sich Mary,
die Toxikologin, ein. „Johnny Swift wurde im November erschossen. Wie kann
sein Blut also plötzlich zehn Wochen später in einem Fall auftauchen, der
offenbar nicht das Geringste damit zu tun hat?“
„Und wie kommt sein Blut in das Haus, in dem Daggie
Simister ermordet wurde?“, hallt Scarpettas Stimme durch den Raum.
„Es liegt durchaus im Bereich des Möglichen, dass
die Handschuhe aus einem bestimmten Grund am Tatort deponiert wurden“, sagt
Joe.
„Offenbar sehen Sie den Wald vor lauter Bäumen
nicht“, zischt Marino ihm zu. „Und das ist, dass der Mensch, der die arme Frau
abgeknallt hat, uns anscheinend mitteilen möchte, dass er auch in den Mord an
Johnny Swift verwickelt ist. Da will uns jemand verarschen.“
„Er war vor kurzem operiert worden ...“
„Schwachsinn“, fällt Marino Joe ins Wort. „Das Blut
in diesen Handschuhen kann unmöglich von einer Karpaltunnel-OP kommen. Meine
Güte! Sie suchen nach Einhörnern, obwohl es hier von Pferden nur so wimmelt.“
„Was?“
„Ich denke, die Botschaft ist eindeutig“, erwidert
Marino laut. Mit hochrotem Gesicht läuft er im Labor auf und ab. „Der Täter
will uns sagen, dass er auch Johnny Swift auf dem Gewissen hat. Und die
Handschuhe gehören zu seinem Spielchen.“
„Wir können nicht ausschließen, dass das Blut doch
von Laurel kommt“, wendet Scarpetta ein.
„Das würde natürlich einiges erklären“, erwidert
Randy.
„Das erklärt einen Scheißdreck. Warum sollte Laurel
seine DNA im Waschbecken hinterlassen, wenn er wirklich der Mörder von Mrs.
Simister ist?“, entgegnet Marino.
„Vielleicht ist das Blut ja von Johnny Swift.“
„Halt die Klappe, Randy. Da sträuben sich einem ja
die Haare.“
„Sie haben doch gar keine Haare, Pete“, antwortet
Randy so pedantisch wie naiv.
„Könnten Sie mir vielleicht erklären, wie wir
herauskriegen sollen, ob das Blut von Laurel oder von Johnny stammt, wenn ihre
DNA offenbar identisch ist?“, ruft Marino laut. „Langsam finde ich diesen Mist
nicht mehr komisch.“
Vorwurfsvoll blickt er zwischen Randy und Matthew
hin und her. „Sind Sie sicher, dass Sie bei Ihren Tests nichts verwechselt
haben?“
Ihm ist es ganz egal, wer mithört, wenn er die
Glaubwürdigkeit eines Menschen beschädigt oder einfach nur Seitenhiebe
verteilt.
„Vielleicht hat ja der eine oder andere von Ihnen
ein Wattestäbchen durcheinandergebracht“, fügt er hinzu.
„Nein, Sir, das ist absolut unmöglich“, protestiert
Randy. „Matthew hat die Proben erhalten, und ich habe dann die Auszüge
hergestellt, die Analysen durchgeführt und alles mit CODIS abgeglichen. Die
Beweiskette wurde nicht unterbrochen, und Johnny Swifts DNA befindet sich in
der Datenbank, weil die Daten von jedem, der obduziert wurde, dort eingespeichert
sind. Das heißt, dass Johnny Swifts DNA im vergangenen November in CODIS
eingegeben wurde. Ich denke, da liege ich richtig. Sind Sie noch dran?“, fragt
er Scarpetta.
„Ja ...“, beginnt sie.
„Seit dem vergangenen Jahr ist es nämlich Vorschrift,
alle Fälle, ob Selbstmord, Mord oder Tod unter natürlichen Umständen, dort
einzuspeichern“, predigt Joe und fällt Scarpetta wie immer ins Wort. „Nur weil
jemand zum Opfer wird oder stirbt, ohne dass eine Straftat vorliegt, schließt
das noch lange nicht aus, dass er im Laufe seines Lebens in ein Verbrechen verwickelt
gewesen sein könnte. Ich
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