Defekt
nehme an, wir können sicher sein, dass die
Swift-Brüder eineiige Zwillinge sind.“
„Sie sehen gleich aus, reden gleich, sie ziehen sich
gleich an, und sie vögeln gleich“, flüstert Marino ihm zu.
„Marino?“, meldet sich Scarpettas Stimme wieder zu
Wort. „Hat uns die Polizei eine DNA-Probe von Laurel Swift übergeben, die ihm
zum Zeitpunkt des Todes seines Bruders abgenommen wurde?“
„Nein. Warum auch?“
„Nicht einmal zu Ausschlusszwecken?“, fragt Joe.
„Was hätte denn ausgeschlossen werden sollen? Die
DNA bringt uns hier nicht weiter“, erwidert Marino. „Immerhin befand sich
Laurels DNA überall im Haus. Er wohnt nämlich dort.“
„Es wäre schön, wenn wir sie testen könnten“, sagt
Scarpetta. „Matthew? Haben Sie bei der Untersuchung des blutigen Handschuhs
aus Daggie Simisters Haus irgendwelche Chemikalien angewendet, die weitere
Tests erschweren könnten?“
„Superglue“, antwortet Matthew. „Übrigens habe ich
den einen Fingerabdruck, den ich sicherstellen konnte, überprüft. In AFIS war
nichts zu finden. Zu dem Abdruck-Fragment vom Sicherheitsgurt im Kombi konnte
ich auch keine Übereinstimmungen entdecken. Die Details reichten nicht.“
„Mary, könnten Sie Proben von dem Blut am Handschuh
nehmen?“
„Der Superglue dürfte kein Hinderungsgrund sein, da
er nur auf die Aminosäuren in Hautfetten und Schweiß reagiert, nicht auf Blut.“
Joe kann sich die Erklärung nicht verkneifen. „Also müsste es klappen.“
„Ich besorge gern eine Probe“, spricht Matthew in
das schwarze Telefon. „Es ist noch genug blutiger Latex vorhanden.“
„Ich erledige das“, erbietet sich Joe rasch.
„Marino?“,
fährt Scarpetta fort. „In der
Akte müssten seine DNA-Karten liegen. Wir fertigen immer mehrere an.“
„Wenn Sie diese Fallakte anfassen, schlage ich Ihnen
die Zähne ein“, zischt Marino zu Joe.
„Du kannst eine dieser Karten in einen
Asservatenumschlag stecken und Mary gegen Empfangsbescheinigung aushändigen“,
weist Scarpetta ihn an. „Und, Mary? Nehmen Sie eine Blutprobe von der Karte und
eine von dem Handschuh.“
„Ich glaube, ich verstehe nicht ganz“, antwortet Mary, und Matthew kann ihr das nicht verdenken.
Er hat keine Ahnung, was ein Toxikologe mit einem angetrockneten
Blutströpfchen von einer DNA-Karte und einer ebenso winzigen Menge Blut von
einem Handschuh anfangen soll.
„Vielleicht wäre das ja eher etwas für Randy“,
schlägt Mary vor. „Sie wollen doch sicher weitere DNA-Tests durchführen.“
„Nein“, entgegnet Scarpetta. „Ich möchte, dass Sie
das Blut auf Lithium untersuchen.“
Scarpetta steht am Spülbecken und reinigt ein Huhn.
Ihr Treo steckt in ihrer Tasche, und sie hat den Knopf im Ohr.
„Weil sein Blut damals sicher nicht daraufhin
untersucht worden ist“, sagt sie am Telefon zu Marino. „Wenn er noch Lithium
einnahm, hat sein Bruder das der Polizei anscheinend verschwiegen.“
„Dann hätte man am Tatort doch das Döschen mit dem
Verschreibungsetikett finden müssen“, erwidert Marino. „Was ist denn das für
ein Krach?“
„Ich mache gerade Dosen mit Hühnerbrühe auf. Schade,
dass du nicht hier bist. Keine Ahnung, warum kein Lithiumdöschen sichergestellt
wurde“, spricht sie weiter, während sie den Doseninhalt in einen Kupfertopf
gießt. „Allerdings ist es möglich, dass sein Bruder die Tablettendöschen mit
Johnnys Namen darauf weggeräumt hat, damit die Polizei sie nicht entdeckt.“
„Warum? Es handelt sich doch nicht um Kokain oder
sonst was Illegales.“
„Johnny Swift war ein angesehener Neurologe.
Vielleicht wollte sein Bruder geheim halten, dass er an einer psychischen
Krankheit litt.“
„Na, ich hätte es ganz bestimmt nicht gern, wenn ein
Mensch, der Stimmungsschwankungen hat, an meinem Gehirn rumdoktert.“
Scarpetta hackt Zwiebeln. „Seine bipolare Störung
hatte vermutlich nicht den geringsten Einfluss auf seine Fähigkeiten als Arzt,
doch es gibt viel Unwissen auf dieser Welt. Also ist es durchaus möglich, dass
Laurel der Polizei und seinem sozialen Umfeld Johnnys Krankheit verheimlichen
wollte.“
„Das ergibt für mich keinen Sinn. Wenn er die
Wahrheit gesagt hat, ist er gleich nach dem Auffinden der Leiche aus dem Haus
gerannt. Deshalb kann er nicht zuvor Pillendöschen eingesammelt haben.“
„Ich denke, das wirst du ihn selbst fragen müssen.“
„Sobald die Ergebnisse der Lithium-Untersuchung
vorliegen. Ich möchte lieber wissen, woran ich bin. Außerdem
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