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Defekt

Defekt

Titel: Defekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Gerichtsmedizinischen Institut von Broward
County beendet, das für alle Todesfälle zwischen Palm Beach und Miami zuständig
ist, die überraschend eingetreten sind oder einen gewaltsamen Hintergrund
haben. Da sie sich vor Ort befindet, erbietet sie sich, die Leiche sofort zu untersuchen.
Außerdem fordert sie einen Leichenwagen an, um die Tote in die Gerichtsmedizin
zu bringen, und ordnet eine schnellstmögliche Autopsie an.
    „Finden Sie nicht, dass das bis morgen warten kann?
Soweit ich informiert bin, könnte es sich auch um einen Selbstmord handeln,
schließlich hat sie in der Vergangenheit an Depressionen gelitten“, erwidert
der Sachbearbeiter diplomatisch, weil er nicht so klingen will, als zweifle er
an Scarpettas Fachkompetenz.
    Deshalb möchte er auch nicht geradeheraus sagen,
dass er den Fall für nicht so dringend hält. Doch ganz gleich, wie vorsichtig
er sich auch ausdrückt, sie ahnt trotzdem, was er denkt.
    „Laut Marino wurde keine Waffe gefunden“, erklärt
Scarpetta, während sie, bereits klatschnass, die Stufen zur Veranda hinaufeilt.
    „Okay. Das wusste ich nicht.“
    „Für mich macht es nicht den Eindruck, als ginge
hier jemand von einem Selbstmord aus.“
    Scarpetta versucht, sich zu erinnern, wann die
vermeintliche Fehlzündung, die sie und Reba vorhin gehört haben, stattgefunden
hat.
    „Kommen Sie ins Institut?“
    „Natürlich“, antwortet sie. „Verständigen Sie Dr.
Arnos, und bereiten Sie alles vor.“
    Marino erwartet sie schon, als sie das Haus betritt
und sich das nasse Haar aus den Augen streicht.
    „Wo ist Wagner?“, fragt er. „Ich nehme an, sie kommt
noch. Leider. So eine Vollidiotin hat uns hier gerade noch gefehlt.“
    „Sie ist wohl ein paar Minuten nach mir weg, und ich
habe keine Ahnung, wo sie steckt.“
    „Wahrscheinlich hat sie sich verfahren. So einen
miserablen Orientierungssinn habe ich noch nie erlebt.“
    Scarpetta erzählt ihm von der Bibel in Evs und
Kristins Schlafzimmer und von dem angestrichenen Bibelvers.
    „Dasselbe hat der Mann am Telefon zu mir gesagt!“,
ruft Marino. „Mist! Was hat denn das zu bedeuten? Diese Vollidiotin!“, fährt er
fort, womit er wieder Reba meint. „Ich werde mir hinter ihrem Rücken einen
richtigen Detective besorgen müssen, damit sie den Fall nicht in den Sand
setzt.“
    Scarpetta hat genug von seiner Schimpftirade. „Tu
mir einen Gefallen, beiß die Zähne zusammen und hilf ihr, so gut du kannst.
Und jetzt verrate mir, was du weißt.“
    Sie blickt an ihm vorbei durch den Türspalt. Zwei
Notfallsanitäter, ihre Gerätekoffer in der Hand, beenden einen ohnehin
vergeblichen Einsatz.
    „Schuss in den Mund. Der Schrot hat die Schädeldecke
weggerissen“, sagt Marino und macht den Sanitätern Platz, die zur Tür hinaus
in Richtung Krankenwagen gehen. „Sie liegt im Bett. Voll bekleidet. Der
Fernseher läuft. Keine Hinweise auf Einbruch, Raub oder sexuellen Übergriff. Im
Waschbecken im Bad haben wir ein Paar Latexhandschuhe gefunden, einer davon ist
blutig.“
    „In welchem Bad?“
    „In dem, das vom Schlafzimmer abgeht.“
    „Sonst noch Zeichen dafür, dass der Mörder nach der
Tat sauber gemacht hat?“
    „Nein. Nur die Handschuhe im Becken. Keine blutigen
Handtücher, kein blutiges Wasser.“
    „Das muss ich mir selbst ansehen. Wissen wir sicher,
wer sie ist?“
    „Nur, wem das Haus hier gehört. Daggie Simister. Ob
sie es ist, die da tot auf dem Bett liegt, kann ich nicht mit Bestimmtheit
sagen.“
    Scarpetta kramt ein Paar Handschuhe aus ihrer Tasche
hervor und tritt in den Flur. Während sie stehen bleibt und sich umschaut,
denkt sie an die unverschlossene Schiebetür im Schlafzimmer des Hauses auf der
anderen Seite des Kanals. Dann betrachtet sie den Fliesenboden und die
hellblauen Wände und anschließend das kleine Wohnzimmer. Es ist mit Möbeln,
Fotos, Porzellanvögeln und anderem Zierrat aus einer vergangenen Zeit voll
gestellt. Alles scheint an seinem Platz zu sein. Marino führt sie durch das
Wohnzimmer und an der Küche vorbei zur anderen Seite des Hauses, wo in einem
Raum mit Blick auf das Wasser die Leiche liegt.
    Die Tote trägt einen rosafarbenen Jogginganzug und
Hauspantoffeln in derselben Farbe und liegt rücklings auf der Überdecke. Ihr
Mund steht offen, die Augen starren ins Leere, und ihre Schädeldecke wurde
weggesprengt wie eine Eierschale. Die Hirnmasse ist ausgetreten, und auf dem
von hellrotem, allmählich gerinnendem Blut durchweichten Kopfkissen liegen
Gewebefetzen und

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