Defekt
wenden. Ich schlage vor, dass Sie das
sofort tun, weil es bei der Sendung am Donnerstag um dieses Thema geht. Nein,
nicht im Radio. In ihrer neuen Fernsehshow“, betont sie mit derselben festen
Stimme, die mühelos die Holztür durchdringt und in den Wintergarten
hinausschwebt.
In den Sitzungen spricht sie nicht so laut wie am
Telefon. Das ist auch gut so, denn es wäre gar nicht angenehm, wenn ein anderer
Patient, der im Wintergarten wartet, jedes Wort mitbekäme, das Dr. Seif
während ihrer kurzen, aber kostspieligen gemeinsamen fünfzig Minuten an Marino
richtet. Aber wenn sie zusammen hinter dieser geschlossenen Tür sitzen, spricht
sie leiser. Natürlich wartet auch nie jemand im Wintergarten, wenn er eine
Sitzung hat. Marino ist immer der Letzte, ein weiterer Grund, warum sie ruhig
großzügiger sein und ihm ein paar zusätzliche Minuten gewähren könnte.
Schließlich würde sie niemanden seinetwegen warten lassen. Jedenfalls trifft er
nach seinem Termin nie jemanden an. Doch eines Tages wird es ihm gelingen,
etwas so Wichtiges und Weltbewegendes von sich zu geben, dass sie ihm die
zusätzlichen Minuten schenkt. Vielleicht wird sie das zum ersten Mal in ihrem
Leben tun, und zwar nur ihm zuliebe. Sie wird sich danach sehnen. Und möglicherweise
wird er ausgerechnet an diesem Tag nicht die Zeit dafür erübrigen können.
Ich muss los, phantasiert er den Dialog.
Bitte erzählen Sie weiter. Es
interessiert mich brennend, was geschehen ist.
Das geht leider nicht. Ich bin
verabredet. Mit diesen Worten wird er
aufstehen. Ich
verspreche, dass ich Ihnen den Rest beim nächsten Mal verrate, und zwar ...
lassen Sie mich sehen ... irgendwann nächste Woche. Erinnern Sie mich daran.
Als Marino bemerkt, dass Dr. Seif nicht mehr
telefoniert, schleicht er sich durch den Wintergarten und schlüpft zur
Schiebetür hinaus. Lautlos schließt er sie hinter sich und folgt dem Fußweg um
den Pool und durch den Garten mit den Obstbäumen, deren Stämme rote Streifen
tragen. Der Weg führt zu dem kleinen weiß verputzen Haus, in dem Dr. Seif
wohnt, ohne sich um Sicherheitsvorkehrungen zu scheren. Jeder x-beliebige
Eindringling kann einfach zu ihrer Haustür oder ihrer Praxis neben dem im
Schatten der Palmen liegenden Pool spazieren. Das ist viel zu gefährlich.
Schließlich hören Millionen von Menschen jede Woche ihre Sendung. Sie sollte
nicht so ungeschützt wohnen. Sie geht damit wirklich ein Risiko ein. Marino
spielt mit dem Gedanken, umzukehren, an ihre Tür zu klopfen und sie zu warnen.
Seine aufgemotzte Screamin' Eagle Deuce parkt auf
der Straße. Marino umrundet das Motorrad, um sich zu vergewissern, dass
während seines Termins niemand daran herumgefummelt hat. Der platte Reifen
fällt ihm ein, und er malt sich aus, den Übeltäter in die Finger zu kriegen.
Eine dünne Staubschicht bedeckt die auf blauen Lack und Chrom gemalten Flammen.
Marino ist ein wenig verärgert. Erst heute Morgen hat er das Motorrad poliert
und jeden Zentimeter Chrom gewienert. Dann hatte er einen Plattfuß. Und jetzt ist
die Harley auch noch staubig. Dr. Seif sollte einen überdachten Parkplatz haben.
Eine gottverdammte Garage. Weil ihr schickes Mercedes Cabriolet in der Einfahrt
steht, passt kein anderes Auto mehr hinein, sodass ihre Patienten auf der
Straße parken müssen. Eine Zumutung.
Er entriegelt das Lenkerschloss, schaltet die
Zündung ein, schwingt das Bein über die ungepolsterte Sitzbank und denkt daran,
wie schön es ist, nicht mehr das Leben eines armen Cop führen zu müssen. Die
Akademie stellt ihm einen Hummer H2 zur Verfügung, schwarz und mit einer
Turbodiesel-V8-Maschine, 250 PS, Vierganggetriebe mit Overdrive, Gepäckträger,
Winde und Geländeausstattung. Die Deuce hat er gekauft und nach seinem
Geschmack ausstatten lassen. Und er kann sich sogar eine Psychiaterin leisten.
Kaum zu fassen.
Er legt den Leerlauf ein und drückt den Startknopf.
Dabei betrachtet er das hübsche weiße Haus, in dem Dr. Seif wohnt, obwohl es
viel zu gefährlich ist. Dann betätigt er die Kupplung und gibt ein wenig Gas.
Die Thunderhead-Auspuffanlage macht eine Menge Krach. In der Ferne leuchten
Blitze auf, und eine dunkle Armee abziehender Wolken verschießt ihre Munition
über dem Meer.
34
Wieder lächelt Basil.
„Über einen Mord konnte ich nichts finden“, sagt
Benton zu ihm. „Nur dass vor zweieinhalb Jahren eine Frau und ihre Tochter aus
einem Laden mit dem Namen The Christmas Shop verschwunden sind.“
„Habe ich das nicht
Weitere Kostenlose Bücher