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Defekt

Defekt

Titel: Defekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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meine kleinen
Engelsflügel habe. Ich werde nicht mehr herkommen, um mir Ihren Müll anzuhören.
Sie reden ständig nur über Scarpetta. Meiner Ansicht nach ist doch sonnenklar,
dass sie nicht mein Problem ist.“
    „Wir müssen jetzt zum Schluss kommen.“
    Dr. Seif erhebt sich aus ihrem Sessel und lächelt
ihn an.
    „Ich habe aufgehört, das Medikament zu nehmen, das
Sie mir verschrieben haben. Schon vor ein paar Wochen. Habe bloß vergessen, es
Ihnen zu sagen.“ Als Marino ebenfalls aufsteht, scheint seine massige Gestalt
den Raum zu füllen. „Es hat nichts genützt. Wozu also?“, spricht er weiter.
    Wenn er steht, erschrickt sie immer wieder ein
wenig, weil er so groß ist. Seine sonnengebräunten Hände erinnern sie an
Baseballhandschuhe oder an gewaltige Schinken. Sie kann sich vorstellen, dass
er jemandem damit den Schädel zerschmettert, das Genick bricht oder die Knochen
zerdrückt, bis sie bröckeln wie Kartoffelchips.
    „Über das Effexor sprechen wir bei unserem nächsten
Termin. Wir sehen uns ...“ Sie greift nach dem Terminkalender. „... am
kommenden Donnerstag um fünf.“
    Marino starrt durch die offene Tür und betrachtet
den kleinen Wintergarten, in dem ein Tisch, zwei Stühle und einige Topfpflanzen
stehen. Ein paar davon sind Palmen, die fast bis zur Decke reichen. Es warten
keine weiteren Patienten. Um diese Uhrzeit sind nie welche da.
    „Hmmm“, brummt er. „Gut, dass wir uns beeilt haben
und rechtzeitig fertig geworden sind. Schließlich möchte ich nicht, dass Sie jemanden
warten lassen müssen.“
    „Möchten Sie bei Ihrem nächsten Termin bezahlen?“
    So erinnert Dr. Seif ihn daran, dass er ihr
dreihundert Dollar schuldet.
    „Ja, gut, ich habe mein Scheckbuch vergessen“,
erwidert Marino.
    Das hat er tatsächlich. Er wird ihr das Geld nicht
schuldig bleiben. Er wird wiederkommen.
     
    33
     
    Benton stellt seinen Porsche auf einem
Besucherparkplatz vor dem hohen Eisenzaun ab, der sich oben krümmt wie eine brechende
Welle und mit Nato-Draht-Rollen versehen ist. An allen vier Ecken des Geländes
ragen kahle Wachtürme in den kalten, bewölkten Himmel auf. Auf einem weiteren
Parkplatz stehen neutrale weiße Transporter mit einer stählernen Trennwand
zwischen Führerhaus und Frachtraum, die keine Fenster haben und von innen nicht
zu öffnen sind. Es handelt sich um fahrbare Zellen, die dazu dienen, Gefangene
wie Basil zu befördern.
    Das Butler State Hospital besteht aus acht
Stockwerken in Fertigbauweise und hat mit Maschendraht gesicherte Fenster. Das
Krankenhaus liegt inmitten von acht Hektar bewaldetem und von Teichen
durchzogenem Gelände eine knappe Autostunde südwestlich von Boston. In Butler
sitzen Straftäter ein, die für geistig unzurechnungsfähig erklärt worden sind.
Die Einrichtung gilt als ausgesprochen modern und menschenfreundlich. Die
Zellenblöcke heißen hier Bungalows, und jeder von ihnen beherbergt Patienten,
die in unterschiedlichem Maße der Sicherheitsverwahrung und Betreuung bedürfen.
Bungalow D steht allein in der Nähe des Verwaltungsgebäudes und bietet
Unterkunft für etwa einhundert gefährliche Gewalttäter.
    Getrennt von den übrigen Patienten, verbringen sie -
abhängig von ihrer Risikostufe - den Großteil des Tages in ihren Einzelzellen.
Jeder Haftraum verfügt über eine eigene Dusche, die täglich zehn Minuten lang
benutzt werden kann. Die Toilette lässt sich zweimal pro Stunde abziehen.
Bungalow D wird von einem Team forensischer Psychiater betreut, und weiteres
psychologisches oder juristisches Fachpersonal - etwa Benton - geht regelmäßig
ein und aus. Butler hat den Anspruch, seine Patienten human und konstruktiv zu
behandeln und dafür zu sorgen, dass sie gesund werden. Für Benton jedoch ist
die Einrichtung nichts weiter als ein gut geführtes Hochsicherheitsgefängnis
für Menschen, denen nicht mehr zu helfen ist. Er macht sich da keine
Illusionen. Männer wie Basil werden niemals ein erfülltes Leben führen und
haben es auch nie getan. Und wenn man ihnen Gelegenheit dazu gibt, werden sie
deshalb alles daransetzen, auch das Leben anderer zu zerstören.
    In der beige gestrichenen Vorhalle tritt Benton an
eine kugelsichere Scheibe, die mit einer Gegensprechanlage ausgestattet ist.
    „Wie geht es Ihnen, George?“
    „Auch nicht besser als beim letzten Mal.“
    „Tut mir Leid, das zu hören“, erwidert Benton,
während sich mit einem lauten metallischen Klicken die erste hydraulisch gesteuerte
Tür öffnet. „Soll das heißen,

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