Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Defekt

Defekt

Titel: Defekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
Vom Netzwerk:
MCS-Lichtquelle herausnimmt. Es
handelt sich um ein tragbares quadratisches Gerät aus Metall, mit
Belüftungsschlitzen und einer hochintensiven MH-Leuchte mit einem flexiblen
Arm, der an einen schimmernden Stahlschlauch erinnert. Daran befindet sich ein
Flüssigkeits-Lichtleiter, der es ihr gestattet, die Wellenlänge zu verändern.
Sie verbindet das Gerät mit einer Steckdose und schaltet es ein. Ein Ventilator
beginnt zu summen. Dann richtet sie die Wellenlänge auf 455 Nanometer ein. Lucy
und Scarpetta setzen orangefarbene Brillen auf, um Kontraste besser wahrnehmen
zu können und ihre Augen zu schützen.
    Nachdem das Licht gelöscht ist, richtet Scarpetta,
die das Gerät vorsichtig am Henkel trägt, das blaue Licht auf die Wände, die
Regale und den Boden. Blut und andere Substanzen, die auf Luminol reagieren,
müssen nicht unbedingt auf eine alternierende Lichtquelle ansprechen, und so
bleiben die vorhin noch leuchtenden Stellen dunkel. Allerdings erstrahlen
einige kleine Schmierer auf dem Boden in einem grellen Rot. Wieder wird das
Licht angeschaltet. Lucy stellt ihr Stativ auf und legt einen orangefarbenen
Filter über die Kameralinse. Licht aus, und sie fotografiert die roten
Schmierer. Wieder Licht an - die Schmierer sind nur noch als Schmutzstreifen
auf einem ohnehin unsauberen und fleckigen Boden wahrzunehmen. Doch durch das
Vergrößerungsglas entdeckt Scarpetta einen zartroten Schimmer. Ganz gleich,
worum es sich hier handeln mag, jedenfalls löst es sich nicht in sterilem
Wasser, und sie möchte kein Lösungsmittel verwenden, um mögliche Spuren nicht
zu zerstören.
    „Wir müssen eine Probe nehmen.“ Scarpetta lässt den
Blick durch den Raum schweifen.
    „Bin gleich zurück.“
    Lucy öffnet die Tür und ruft nach Larry. Er steht
wieder hinter der Theke und telefoniert. Als Larry aufblickt und sieht, dass
sie von Kopf bis Fuß in weiße beschichtete Folie gehüllt ist, reagiert er
sichtlich überrascht.
    „Bin ich gerade auf die Raumstation MIR gebeamt
worden?“, verwundert er sich.
    „Haben Sie irgendwelche Werkzeuge hier, damit ich
nicht raus zum Auto gehen muss?“
    „Hinten steht ein kleiner Werkzeugkasten. Auf dem
oberen Regal ganz hinten an der Wand.“ Er deutet in die entsprechende Richtung.
„Es ist ein kleines rotes Kistchen.“
    „Vielleicht muss ich Ihren Fußboden ein bisschen
zerkratzen.“
    Er setzt zu einer Antwort an, überlegt es sich
jedoch anders und zuckt nur die Achseln. Lucy schließt die Tür. Dann nimmt sie
einen Hammer und einen Schraubenzieher aus der Werkzeugkiste, stemmt mit ein
paar Schlägen kleine Proben der schmutzigroten Flecken aus dem Beton und
verstaut sie in Asservatenbeuteln.
    Anschließend ziehen Lucy und Scarpetta die weißen
Sachen aus, stopfen sie in einen Mülleimer, packen ihre Ausrüstung zusammen
und gehen.
     
    „Warum tun Sie das?“, stellt Ev mit heiserer Stimme
dieselbe Frage wie jedes Mal, wenn er den Raum betritt. Der Strahl seiner
Taschenlampe sticht ihr in die Augen wie eine Messerklinge. „Bitte nehmen Sie
das Licht weg.“
    „Du bist die hässlichste fette Sau, die ich je
gesehen habe“, sagt er. „Kein Wunder, dass niemand auf dich steht.“
    „Worte können mich nicht verletzen. Sie haben keine
Macht über mich. Ich gehöre Gott.“
    „Schau dich nur an. Dich will sowieso keiner. In
Wirklichkeit bist du doch dankbar, dass ich dich überhaupt wahrnehme.“
    „Wo sind die anderen?“
    „Sag, dass es dir Leid tut. Du weißt, was du
verbrochen hast. Sünder verdienen ihre Strafe.“
    „Was haben Sie mit ihnen gemacht?“, fragt sie wie
immer. „Lassen Sie mich gehen. Gott wird Ihnen vergeben.“
    „Sag, dass es dir Leid tut.“
    Als er ihr mit dem Stiefel einen Stoß gegen den
Knöchel versetzt, ist der Schmerz unerträglich.
    „Lieber Gott, vergib ihm“, betet sie laut. „Sie
wollen doch sicher nicht in die Hölle kommen“, sagt sie dann zu ihm, der
Verkörperung des Bösen. „Es ist noch nicht zu spät.“
     
    36
     
    Es ist sehr dunkel, und der undeutlich hinter den
Wolken zu erkennende Mond erinnert an den schattenhaften Umriss auf einem
Röntgenbild. Im Schein der Straßenlaternen tanzen Schwärme kleiner Insekten.
Auf der A1A tost wie immer der Verkehr, und Geräusche hallen durch die Nacht.
    „Was hast du?“, erkundigt sich Scarpetta bei Lucy,
die hinter dem Steuer sitzt. „Wir sind jetzt zum ersten Mal seit einer
Ewigkeit unter uns. Bitte sag mir, was dich bedrückt.“
    „Ich hätte auch Lex anrufen

Weitere Kostenlose Bücher