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Defekt

Defekt

Titel: Defekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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eben
abzulenken.
    Im Schnee befanden sich Schleifspuren, die vom
Parkplatz bis zum Fundort der Leiche führten. Es wurden keine Fußabdrücke
entdeckt, die vom Opfer stammen können, nur welche des Mörders. Er trägt
Schuhgröße dreiundvierzig oder vierundvierzig, breites Profil, vielleicht ein
Motorradstiefel.
    Scarpetta verhält sich ungerecht, indem sie ihm
Vorwürfe macht. Schließlich hatte er keine andere Wahl, denn Lucy hat ihn auf
Geheimhaltung eingeschworen. Sie hat gedroht, ihm nie zu verzeihen, falls er es
jemandem verraten sollte - insbesondere ihrer Tante und Marino.
    Entlang der vom Täter hinterlassenen Spur wurden
weder Blutspritzer noch Schmierer entdeckt, was darauf hinweist, dass er die
Leiche erst eingewickelt und dann durch den Schnee geschleppt hat. Die Polizei
hat in den Schleifspuren einige Fasern sichergestellt.
    Scarpetta benützt ihn als Sündenbock. Sie macht ihm
Vorwürfe, weil sie Lucy nicht die Schuld geben kann. Gegen Lucys Tumor ist sie
machtlos. Und außerdem kann sie ihre Wut ja schlecht an einem kranken Menschen
auslassen.
    An der Leiche wurden Faserspuren und winzige
Erdbröckchen unter den Fingernägeln sowie im Blut und in den Hautabschürfungen
entdeckt. Eine vorläufige Laboruntersuchung ergab, dass es sich hauptsächlich
um Teppich- und Baumwollfasern handelt. In der Erde - vom Gerichtsmediziner
mit stilistischer Eleganz als „Dreck“ bezeichnet - haben sich Mineralien,
Insektenteile, Pflanzenreste und Pollen gefunden.
    Als auf Bentons Schreibtisch das Telefon läutet,
zeigt das Display „unbekannter Anrufer“ an. In der Annahme, dass es Scarpetta
ist, greift er nach dem Hörer.
    „Hallo“, meldet er sich.
    „Hier spricht die Telefonzentrale des McLean
Hospital.“
    Benton schweigt, tief enttäuscht und gekränkt.
Scarpetta hätte ihn zurückrufen müssen. Er kann sich nicht erinnern, wann sie das
letzte Mal einfach aufgelegt hat.
    „Ich versuche, Dr. Wesley zu erreichen“, fährt der
Telefonist fort.
    Er empfindet es noch immer als merkwürdig, wenn man
ihn so anspricht, obwohl er den Doktortitel bereits trägt, seit er vor vielen
Jahren beim FBI angefangen hat. Allerdings hat er nie darauf bestanden, Doktor
genannt zu werden.
    „Am Apparat“, antwortet er.
     
    Lucy sitzt im Gästezimmer ihrer Tante im Bett. Es
ist dunkel im Raum. Sie hat zu viel Tequila getrunken, um noch mit dem Auto zu
fahren. Sie betrachtet die Nummer auf dem beleuchteten Display ihres Treo. Die
Vorwahl lautet 617. Lucy fühlt sich ein wenig benommen und beschwipst.
    Sie denkt an Stevie und erinnert sich an ihre
Niedergeschlagenheit und Unsicherheit, als sie aus der Hütte gelaufen ist. Dann
ist Stevie ihr zum Parkplatz gefolgt und hat sich wieder in die verführerische,
geheimnisvolle und selbstbewusste Frau verwandelt, die Lucy im Lorraine's
kennen gelernt hat. Und als sie diese erste Begegnung Revue passieren lässt,
wird sie wieder vom selben Gefühl ergriffen wie damals. Dass sie das nicht
will, allerdings völlig machtlos dagegen ist, beunruhigt sie sehr.
    Stevie erregt ihren Argwohn. Vielleicht weiß sie ja
etwas. Sie war etwa zu dem Zeitpunkt in New England, als die Frau ermordet und
am Waiden Pond abgelegt wurde, und hat wie die Tote rote Handabdrücke am
Körper. Stevie behauptet, nicht sie selbst, sondern eine andere habe diese
Abdrücke aufgemalt. Wer?
    Ein wenig benommen und nervös drückt Lucy auf
„senden“. Sie hätte die Nummer mit der Vorwahl 617, die Stevie ihr gegeben
hat, schön längst überprüfen sollen, um festzustellen, wer sich meldet, ob die
Nummer wirklich die von Stevie ist und ob sie tatsächlich so heißt.
    „Hallo?“
    „Stevie?“ Es ist ihre Nummer. „Erinnerst du dich an
mich?“
    „Wie könnte ich dich vergessen?“
    Sie klingt verführerisch. Ihre Stimme ist voll und
seidenweich. Lucy fühlt wieder dasselbe wie damals im Lorraine's und muss sich
mit Macht den Grund ihres Anrufs vor Augen halten.
    Von wem hat Stevie die Handabdrücke?
    „Ich hätte nicht geglaubt, dass ich wieder von dir
hören würde“, sagt Stevies verführerische Stimme.
    „Tja, da bin ich“, meint Lucy.
    „Warum sprichst du so leise?“
    „Ich bin nicht bei mir zu Hause.“
    „Wahrscheinlich sollte ich dich besser nicht fragen,
was das bedeutet. Aber ich neige nun mal zur Taktlosigkeit. Bei wem bist du?“
    „Bei niemandem“, entgegnet Lucy. „Bist du noch in
Provincetown?“
    „Ich bin kurz nach dir abgereist und ohne
Zwischenstopp nach Hause gefahren.“
    „Nach

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