Dein Auftritt Prinzessin
wollen?«
»Weil«, sagte Shameeka, »ich es satt habe, von Lana und ihren Freundinnen die ganze Zeit gemobbt zu werden. Ich bin auch nicht schlechter als die. Dass ich nicht in ihrer kleinen, feinen Clique bin, heißt nicht, dass ich nicht Cheerleader werden kann. Ich hab dieselben Chancen wie alle anderen.«
»Das ist unbestritten richtig«, sagte Lilly. »Trotzdem muss ich dich warnen, Shameeka. Es könnte passieren, dass sie dich wirklich nehmen. Bist du ernsthaft bereit, dich total zu
erniedrigen und Josh Richter zuzujubeln, bloß weil er einem Ball nachjagt?«
»Cheerleading musste sich jahrelang gegen das Vorurteil wehren, sexistisch zu sein«, sagte Shameeka. »Aber ich hab das Gefühl, es setzt sich allmählich als ernst zu nehmende und immer beliebtere Sportart für Frauen und auch für Männer durch. Cheerleading ist ein toller Weg, sich gesund und fit zu halten, und vereinigt gleich zwei Sportarten in sich, die ich über alles liebe: Tanz und Gymnastik. Außerdem habe ich als Cheerleader später mal bessere Chancen, wenn ich mich an einer Uni bewerbe. Nur deshalb hat mein Vater mir erlaubt mitzumachen. Ach ja, und weil George W. Bush früher auch Cheerleader war. Ich musste Dad allerdings versprechen, dass ich nicht zu den Siegespartys nach den Spielen gehe.«
Das glaubte ich ihr sofort. Mr Taylor ist total streng.
Aber der Rest überzeugte mich weniger. Ihre kleine Rede klang irgendwie auswendig gelernt und so … na ja, trotzig.
»Und wenn du aufgenommen wirst?«, wollte ich wissen. »Setzt du dich mittags dann immer zu denen?«
Ich zeigte auf den langen Tisch am anderen Ende der Cafeteria, an dem Lana und Josh mitsamt ihrem angepassten, unglaublich gut frisierten Hofstaat saßen. Die Aussicht, die modebewusste und gleichzeitig so bodenständige Shameeka an die dunkle Seite der Macht zu verlieren, tat mir in der Seele weh.
»Quatsch«, sagte Shameeka. »Auch als Cheerleader bin ich noch eure Freundin. Natürlich bleib ich deine Kamerafrau...«, sie nickte in Lillys Richtung, »und sitze in Bio weiter neben dir…«, zu mir, »und berate dich beim Lippenstiftkauf...«, zu Tina, »und für dich sitze ich natürlich auch weiter Modell«, zu Ling Su. »Aber es könnte schon sein, dass ich in Zukunft etwas weniger Zeit hab, falls sie mich wirklich nehmen.«
Zutiefst betroffen dachten wir über die einschneidenden Veränderungen nach, die uns womöglich bevorstehen. Ich gebe ja zu, falls Shameeka Cheerleader wird, wäre das natürlich ein ermutigendes Zeichen für alle Nicht-Blondinen, es brächte aber gleichzeitig mit sich, dass wir weniger von ihr hätten. Weil sie dann ihre Freizeit dafür opfern müsste, Spagat zu üben und sich im Bus zu Auswärtsspielen gegen irgendwelche Landei-Schulen kutschieren zu lassen.
Für mich persönlich hätte es sogar noch weitreichendere Folgen. Falls Shameeka Cheerleader wird, bedeutet das, dass sie ein Talent hat. Dass sie auf einem bestimmten Gebiet so richtig, richtig gut ist, und nicht bloß ein bisschen gut auf allen möglichen Gebieten, was wir ja schon die ganze Zeit wussten. Und falls sich herausstellt, dass Shameeka so RICHTIG, RICHTIG gut ist, bin ich DIE EINZIGE in unserer Runde ohne jedes erkennbare herausragende Talent.
Wenn ich mir insgeheim inbrünstig wünsche, dass Shameeka nicht genommen wird, hat das nichts mit Neid zu tun, das schwöre ich. Nein wirklich, natürlich wünsche ich ihr viel Glück, wenn ihr so viel daran liegt.
Es ist nur... ich möchte einfach nicht die EINZIGE sein, die überhaupt gar kein Talent hat!!!!!!
An unserem Tisch herrschte nach Shameekas Geständnis Grabesstille... na ja, abgesehen vom Bliep-bliep-bliep von Michaels Gameboy. Jungs - sogar so vollkommene Jungs wie Michael - sind echt absolut unempfänglich für atmosphärische Schwingungen.
Und eins kann ich leider jetzt schon sagen: Dieses Schuljahr lässt sich schwingungsmäßig gar nicht positiv an. Falls es nicht bald besser wird, würde ich gern noch mal auf Start zurück und von vorn anfangen.
Ich hab noch immer keine Ahnung, worin meine geheimnisvolle Begabung bestehen könnte. Meine therapeutischen Fähigkeiten sind es wahrscheinlich eher nicht. Es war ziemlich mühsam, Tina klar zu machen, dass sie ruhig weiter ihre Romane lesen kann. Und wir haben es nicht geschafft, Shameeka davon zu überzeugen, sich nicht bei den Cheerleadern zu bewerben. Irgendwie verstehe ich sie sogar ein ganz kleines bisschen - vielleicht macht das Rumgehampel ja echt
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