Dein Auftritt Prinzessin
routinemäßig von sich geben, absolut unglaubwürdig. Es ist außerdem unmöglich, durch die Zeit oder andere Dimensionen zu reisen, ohne Risse im Raum-Zeit-Kontinuum zu verursachen. Wenn sich die drei wirklich in das puritanische Amerika des 17. Jahrhunderts zurückteleportieren lassen würden, kämen sie dort mit nach außen gestülpten Speiseröhren an und nicht in hübsche Mieder gepresst. Niemand kann als intakte Einheit durch ein Wurmloch reisen. Das ist gegen alle Gesetze der angewandten Physik. Albert Einstein würde im Grab rotieren.
Mia: Hallo, ihr klugen Hexen in euren trendigen Klamotten. Wie »Sabrina«, nur cooler, weil die Jungs besser aussehen und manchmal in Gefahr geraten und von den Mädchen gerettet werden müssen.
Donnerstag, 22. Januar, T & B
Tina hat vorhin voll auf Charlotte Brontë geschimpft. »Jane Eyre« hätte ihr das Leben verpfuscht.
Das hat sie laut beim Mittagessen verkündet. Und zwar vor Michael, der doch gar nichts von der Jane-Eyre-Methode wissen darf. War aber dann doch kein Drama. Er hat zugegeben, das Buch nie gelesen zu haben, also hat er wahrscheinlich gar nicht verstanden, wovon Tina geredet hat.
Es war echt erschütternd. Tina hat gesagt, sie hätte jetzt erkannt, dass das Lesen der vielen Liebesromane daran schuld sei, dass ihre Beziehung zu Dave gescheitert ist. Von jetzt an würde sie nie mehr lesen.
Das hat uns ziemlich geschockt. Tina ist süchtig nach Liebesromanen. Sie verschlingt ungefähr einen pro Tag.
Aber sie ließ sich nicht davon abbringen. Wenn sie sich nicht immer an den Heldinnen der Liebesromane orientiert hätte, jammerte sie, würde nicht Jasemine am Samstag mit Dave Farouq El-Abar zu den Rangers gehen, sondern sie.
Dabei steht sie gar nicht auf Eishockey, aber nicht mal das konnte sie trösten.
Lilly und mir war sofort klar, dass wir gerade einen alles entscheidenden Moment in Tinas soziologischer Entwicklung miterleben. Wir mussten ihr dringend klar machen, dass Dave am Scheitern ihrer Beziehung schuld ist und nicht Jane Eyre - und dass das objektiv betrachtet wahrscheinlich
auch das Beste für sie war. Die Liebesromane dafür verantwortlich zu machen ist ja wohl komplett bescheuert.
Deshalb haben Lilly und ich uns ganz schnell eine Liste aus dem Ärmel geschüttelt, um Tina davon zu überzeugen, dass sie sich schwer irrt.
MIAS UND LILLYS LISTE VON ROMANHELDINNEN, VON DENEN WIR FÜRS LEBEN LERNEN KÖNNEN
1. Jane Eyre aus »Jane Eyre«:
Bleib deinen Grundsätzen treu und alles wird gut.
2. Lorna Doone aus »Lorna, die Königin der Geächteten«: Möglicherweise bist du adelig und Thronerbin und es hat dir nur noch niemand gesagt (gilt auch für Mia Thermopolis).
3. Elizabeth Bennet aus »Stolz und Vorurteile«:
Jungs stehen auf Besserwisserinnen.
4. Scarlett O’Hara aus »Vom Winde verweht«: s.o.
5. Lady Marian aus »Robin Hood«:
Es ist nie verkehrt, mit Pfeil und Bogen umgehen zu können.
6. Jo March aus »Betty und ihre Schwestern«:
Wenn du einen Roman schreibst, solltest du immer eine Kopie des Textes an einem sicheren Ort verwahren, falls deine kleine Schwester das Manuskript aus Wut ins Feuer wirft.
7. Anne Shirley aus »Anne auf Green Gables«:
Haarfarben lassen sich ändern. Nimm nichts als gegeben hin.
8. Marguerite St. Just aus »Das scharlachrote Siegel«:
Guck dir genau an, was dein Verlobter für Ringe trägt, bevor du ihn heiratest.
9. Catherine aus »Sturmhöhe«:
Handle nie wider besseres Wissen, sonst musst auch du nach deinem Tod als einsames Gespenst mit gebrochenem Herzen das Moor durchwandern.
10. Tess aus »Tess von den d’Urbervilles«:
Mehr oder weniger s.o.
Nachdem Tina unsere Liste gelesen hatte, gab sie uns schluchzend Recht. Die Heldinnen der Liebesromane seien ihre wahren, treuen Gefährtinnen und sie könne sie nicht einfach so verstoßen. Wir seufzten alle erleichtert auf (bis auf Michael und Boris - die nichts mitgekriegt hatten, weil sie mit Michaels Gameboy spielten), als Shameeka plötzlich eine Ankündigung machte, die uns noch mehr erschütterte als Tinas:
»Ich tanze übrigens bei den Cheerleadern vor.«
Natürlich verschlug es uns die Sprache.
Nicht dass Shameeka als Cheerleader ungeeignet wäre - sie ist die Hübscheste und Sportlichste von uns allen und kennt sich in Sachen Mode und Kosmetik fast genauso gut aus wie Tina.
Nein, es war etwas anderes. Lilly brachte es auf den Punkt: »Wie kommst du denn auf die abartige Idee, ausgerechnet Cheerleader werden zu
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