Dein Blick in meiner Morgenroete
fest, dass ich vor Schmerz den Griff lockerte und die Klinge zu Boden fiel. Er ließ mich los, ergriff das Messer und rammte es dem Bojo in den kleinen Leib. Ein Aufwärtsschnitt und das Innenleben quoll heraus. Funken tanzten zwischen den zerstörten Kabeln. Ein ohrenbetäubendes, schrilles Geräusch erklang. Es kam von den übrigen Bojos. Ihre Besitzer blieben wie angewurzelt stehen, die Gesichtszüge blank und reglos.
Ich starrte auf den zerstörten Bojo zu meinen Füßen, dann auf Cole. Was war geschehen? Ich fühlte mich, als wäre ich geschlafwandelt und plötzlich erwacht.
Ein finsteres Knurren riss mich aus meiner Starre. Cole blickte mit zu Schlitzen verengten Augen zur Tür. Er richtete sich auf und ging in Kampfposition. Langsam wandte ich den Kopf und ein Schrei blieb in meiner Kehle stecken. Ein riesenhafter, schwarzer Wolf mit feurig glühenden Augen schlich geduckt auf uns zu. Er hatte die Zähne gebleckt und erneut erklang sein bedrohliches Knurren. Meine Gänsehaut fühlte sich an, als ginge sie mir bis auf die Knochen.
»Geh hinter mich«, befahl Cole zwischen zusammengebissenen Zähnen.
»Ich bin wieder okay. Ich kann dir helfen«, wandte ich ein.
»Tu. Was ich. Dir sage!«
›Ich hab genug davon, dass du mir immer alles abnimmst, mein Lieber‹, dachte ich rebellisch und drehte mich auf dem Absatz um. Ich entriss einem der Mädchen hinter mir die Klinge, die sie vor ihre Brust hielt. Alle Schüler waren auf der Stelle stehen geblieben wie paralysiert. Nur an ihren flackernden Augen konnte ich erkennen, dass sie wahrscheinlich mehr mitbekamen, als es den Anschein hatte. Ich fragte mich, was den Zustand ausgelöst haben mochte und wie man ihn wieder aufhob, doch darüber konnte ich mir später den Kopf zerbrechen. Jetzt hatten wir andere Sorgen. Die Klinge fest in der Hand, wirbelte ich genau in dem Moment herum, als die Bestie auf Cole zusprang und ihn zu Boden riss.
Hilflos fluchend stand ich da. Cole und die Bestie rollten sich so schnell hin und her, dass ich nicht zustechen konnte, ohne zu riskieren, dass ich aus Versehen Cole traf.
»Scheiße! Scheiße! Scheiße!«, jammerte ich verzweifelt.
Da war Blut und wusste nicht, von wem es stammte, von Cole oder dem schwarzen Wolf. Beide bewegten sich mit so unglaublicher Geschwindigkeit, dass alles vor meinen Augen verschwamm. Ich hörte nur dieses unheimliche Knurren und Coles Kampflaute. Irgendwie gelang es Cole, das Vieh von sich zu kicken, und er rappelte sich schwer atmend auf. Seine Kleider waren vollkommen zerfetzt und an seinem Brustkorb und seinem Oberschenkel klebte Blut. Er ging erneut in Kampfstellung und der Wolf schlich knurrend um uns herum. Er schien keinerlei Interesse an den anderen Schülern zu haben, wie ich erleichtert feststellte.
Plötzlich schoss ein türkisfarbener Lichtstrahl in die rechte Flanke des Wolfes. Er heulte auf und knurrte markerschütternd, als er den Kopf zur Quelle des Lichtstrahls wandte.
Ich folgte seinem Blick und meinte, meinen Augen nicht zu trauen. Mitten im Eingang stand ein weißes Pferd. Nein! Ein Einhorn! Sein Horn leuchtete türkisfarben, als es den Kopf senkte, um erneut einen Lichtstrahl in Richtung der Bestie zu senden.
Wolf und Einhorn näherten sich einander. Beide hatten die Köpfe gesenkt und waren ganz aufeinander konzentriert. Sie schienen uns gar nicht mehr wahrzunehmen. Doch dann passierte etwas Seltsames. Erst schien der Wolf in Flammen aufzugehen, dann stand auf einmal Darren an seiner Stelle. Er grinste über das ganze Gesicht. Blut durchtränkte seine Kleidung und die eine Hälfte seines Gesichts. Das Einhorn war auf einmal komplett von türkisfarbenem Licht umhüllt und stattdessen erschien ein Mädchen.
»Julia?« Deswegen also hatte sie mich vor Darren gewarnt. Sie beide waren nicht, was sie zu sein schienen.
»Lauf!«, rief Julia mir zu. »Er hat es auf dich abgesehen, Faith. Flieh!«
»Tu, was sie sagt, Faith«, sagte nun auch Cole, der seinen Blick dabei nicht von Darren löste. »Lauf! Fahr zu meinen Eltern. Geht durchs Portal und sucht Schutz beim Tribunal.«
Er zog mit einer Hand seine Autoschlüssel aus der Tasche und warf sie mir zu. Er hatte mir bereits ein paar Fahrstunden gegeben, doch ich würde nie allein fahren und ich würde ihn und Julia auch niemals mit Darren zurücklassen.
»Ich kämpfe mit euch!«, verkündete ich entschlossen. »Ich werde nicht nach Hause rennen wie ein kleines Kind!«
Darren schüttelte amüsiert den Kopf. Dann legte er den
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