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Dein Blick so kalt

Dein Blick so kalt

Titel: Dein Blick so kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Loehnig
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eintrat, blickte er auf. Unwillkürlich bekam sie eine Gänsehaut. Diese frostblauen Augen. Vielleicht lag es aber auch an der Klimaanlage. Hier drinnen war es echt kühl. »Dauert das noch lange?«
    Er schüttelte den Kopf. »Mit der Brause bin ich in einer Viertelstunde fertig. Dann sehe ich mir den Rest an.«
    »Den Rest?«
    »Die Jalousie, den Fleck.« Er wies auf die Fliese mit der undefinierbaren dunklen Stelle. »Und dann wechsele ich noch die Batterien im Brandmelder aus.«
    »Wie lange wird das dauern?«
    Er zog die Schultern hoch und ließ sie wieder fallen.
    »Ich muss noch einkaufen und der Supermarkt macht bald zu.«
    »Ist doch kein Problem. Fahr ruhig. Ich lasse schon nichts mitgehen.«
    Ob das eine gute Idee war? Sollte sie diesen Ben Pagel wirklich allein in der Wohnung lassen? Doch was konnte er schon anstellen? Zu klauen gab es wirklich nichts. Außer ihrem MacBook und dem iPod. Beides konnte sie sicherheitshalber mitnehmen.
    »Okay. Ich bin in einer halben Stunde wieder da.« Sie stopfte das MacBook in die Patchworktasche und machte sich auf den Weg.
    Als sie kurz vor acht vom Einkaufen zurückkam, war Ben Pagel weg. Die Brause funktionierte, die Jalousie ebenfalls. Der Rauchmelder vermutlich auch. Nur der Fleck war noch da. An dem war er anscheinend gescheitert.

17
    Die erste Woche in München verging rasend schnell. Ehe Lou sich versah, war es Freitag. In ihrer Wohnung fühlte sie sich wohl. Onkel Achim war noch zweimal aufgetaucht, um sich zu vergewissern, dass alles in Ordnung war. Der Prinzipienreiter begegnete ihr beinahe jeden Abend, wenn sie heimkam, und grüßte sie jedes Mal freundlich. Das ging ihr langsam auf den Geist, auch wenn sie nicht genau wusste, woran es lag. Er war ja sehr höflich, allerdings beinahe übertrieben höflich. Als ob er sich insgeheim über sie lustig machte. Ein seltsamer Typ. Sie entschloss sich, ihm aus dem Weg zu gehen. Doch wie? Am besten, sie kam künftig einfach eine Viertelstunde später heim.
    In der Agentur behauptete sie sich als Praktikantin und kam mit allen gut aus. Bis auf Sylke natürlich, die weiter versuchte, einen Zickenkrieg zu inszenieren. Doch Caro, mit der Lou beinahe jeden Abend über Skype quatschte, riet ihr, darauf einfach nicht zu reagieren und ihre Konkurrentin auflaufen zu lassen.
    Auch wenn es manchmal schwer war, den Mund zu halten und neutrale Miene zu diesem blöden Spiel zu machen, befolgte Lou den Tipp ihrer Freundin. So wie es aussah, mit Erfolg. Denn Sylkes giftige Bemerkungen und erdolchenden Blicke wurden nach und nach weniger.
    Gunda und Franziska sah Lou nur selten. Ebenso ihren Chef Julian. Mit Mike, Peter und Jem, die im selben Raum saßen, hatte sie dafür umso mehr zu tun und sie verstand sich bestens mit ihnen. Peter zeigte ihr etliche Kniffe in Photoshop und übergab ihr am Freitag einen tollen Job. Sie durfte eines der ISPO-Plakate für die Snowboards gestalten. Natürlich war das Design vorgegeben, denn Franziska hatte eine Plakatserie konzipiert. Doch es machte Lou höllisch Spaß, eines der Motive dafür zu entwerfen.
    Inzwischen hatte sich Sylke schlaugemacht, wie Freisteller angelegt wurden, und zog immer wieder Tutorials aus dem Netz, mit deren Hilfe sie sich in Photoshop einarbeitete und mit dem Programm immer besser klarkam. Sie war ehrgeizig und wollte Lou unbedingt übertrumpfen. Und genau deshalb glaubte Lou nicht, dass bereits entschieden war, wer die Lehrstelle bekam. Denn dann würde Sylke sich nicht so ins Zeug legen.
    Der Freitag war ein ebenso strahlend schöner Tag wie jeder andere dieser Woche. Gestern war Lou mit Gunda, Jem, Peter und Mike mittags zum Italiener gegangen und hatte sich zur Abwechslung eine Pizza gegönnt. Deshalb musste sie heute sparen und sich mit einem Salamisandwich und zwei Pfirsichen begnügen. Sie verputzte ihr Mittagessen gemeinsam mit Jem während eines Spaziergangs entlang des Kanals, der aus dem Nymphenburger Schlosspark kam. Eine alte Frau fütterte die Enten. Radler fuhren vorbei. Eine Gruppe japanischer Touristen fragte Lou und Jem nach dem Weg zum Schloss. Jem erklärte ihn bereitwillig. Er war einfach ein netter Kerl und außerdem ziemlich lustig. Offenbar hatte er nur schwarze Klamotten im Kleiderschrank. Jedenfalls hatte Lou ihn bisher nur in Schwarz gesehen. Mittlerweile hatte sie erfahren, dass er in einer WG mit zwei Freunden in Haidhausen wohnte. Außerdem spielte er Schlagzeug in einer Band und Basketball im Verein.
    »Heute Abend treffe ich mich mit ein

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