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Dein Blick so kalt

Dein Blick so kalt

Titel: Dein Blick so kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Loehnig
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tat Lou nach dem Schwimmkurs Webdesign gut. Ihr Chef hörte ihr aufmerksam zu, wenn sie begründete, weshalb sie ein Bild für geeigneter hielt als ein anderes, lobte ihren Blick für Details, griff ihren Vorschlag auf, eine Diashow in die Website zu integrieren, und bedankte sich für ihr Engagement. Mit jeder Minute, die verging, wurde Lou lockerer, unverkrampfter. Julian benahm sich so, wie ein Chef das sollte.
    Als sie fertig waren, fiel Lous Blick wieder auf die Modeaufnahmen mit den Snowboardklamotten. »Wo fotografiert man so etwas eigentlich mitten im Sommer?«
    »Wir waren in der Schweiz. Auf einem Gletscher. Demnächst haben wir wieder ein Shooting. Allerdings nur im Studio. Willst du mitkommen?«
    Lou war sofort Feuer und Flamme. »Ja. Klar. Gerne.«

24
    Am Rosenheimer Platz stieg Lou aus der S-Bahn, fuhr mit der Rolltreppe an die Oberfläche und folgte der Weißenburger Straße Richtung Pariser Platz. Sie befand sich in Haidhausen. In diesem Viertel war sie noch nicht gewesen. Es gefiel ihr, da es ziemlich alternativ aussah. Bioläden. Fairtrade-Handel. Cafés und Restaurants. Kleine Geschäfte statt großer Ketten. In der Grünanlage um einen Brunnen, der Lou an eine mehrstöckige Hochzeitstorte – allerdings aus grauem Granit – erinnerte, saßen Leute jeden Alters und unterschiedlichster Nationalitäten auf den Bänken. Lou schnappte Englisch und Spanisch auf, Italienisch und tiefstes Bayerisch. Kinder wuselten herum, ein Radio spielte leise, während ein Hund Tauben aufscheuchte und das Wasser im Becken plätscherte.
    Lou hielt nach der Breisacher Straße Ausschau und dann, als sie diese gefunden hatte, nach dem Haus, in dem Jem ein WG-Zimmer bewohnte. Er hatte sie zur Hinterhofparty der Hausbewohner eingeladen und wie nebenbei erwähnt, dass auch Lysander kommen würde. Ihr Herz hatte einen kleinen Satz gemacht.
    Wo war nur die Hausnummer, nach der sie suchte? Und wie sah sie eigentlich aus? Vor einer Schaufensterscheibe blieb sie stehen und musterte ihr Spiegelbild. Abgeschnittene Jeans als Shorts. Fransige Kante. Secondhand Batikbluse, breiter Hüftgürtel, die Haare mit einem bunten Tuch aus der Stirn gehalten. Sie sah wirklich cool aus. Ein uralter Dylan-Song, so alt, dass Dylan damals noch ganz jung gewesen war, klang aus dem Kopfhörer ihres iPods. It Ain’t Me, Babe. Eine Welle von Glück durchflutete sie ganz unvermittelt.
    Sie stand hier in München, in der Stadt ihrer Träume, sie machte ein tolles Praktikum und würde bestimmt auch die Lehrstelle bekommen. Julian hatte sie mehrfach gelobt. Er griff sogar Vorschläge von ihr auf. Alle ihre Hoffnungen würden sich erfüllen und außerdem würde sie in geschätzten hundertachtzig Sekunden Lysander wieder sehen.
    No, no, no. It ain’t me Babe, you are looking for, sang Dylan.
    Yes, yes, yes. It’s me, you are looking for, dachte Lou und musste schmunzeln. Endlich erspähte sie die gesuchte Hausnummer und betrat durch die Zufahrt den Hinterhof.
    Eine grüne Oase mitten in der Stadt, von mehrstöckigen Altbauten umgeben. Bunte Sonnenschirme, Bierbänke, Klappstühle und Tische. Überall Grünzeug. Wilder Wein kletterte an Spalieren hoch, ein Planschbecken stand unter einem Sonnensegel, zwei Kinder tobten darin. Leute standen und saßen herum, redeten und hielten Gläser in den Händen. Ein Tisch bog sich unter der Last von Salaten und Kuchen, Brot und weiteren Köstlichkeiten. Gut, dass sie auf die Idee gekommen war, noch schnell einen Nudelsalat zu machen. Lou platzierte ihre Schüssel auf dem Tisch und hielt nach Lysander Ausschau. Leider konnte sie ihn nirgends entdecken. Dafür steuerte Jem auf sie zu. »Hallo Lou.«
    »Hi. Hier ist ja ganz schön was los.«
    »Magst du was trinken? Ein Bier?«
    »Gern.«
    Er holte eine Flasche aus dem Kasten unter dem Tisch, öffnete sie und reichte sie Lou. Bier auf leeren Magen kam vermutlich nicht so gut. Also angelte sie sich noch eine Breze und setzte sich damit zu Jem und seiner Freundin Manu auf eine schattige Bierbank. Jemand hatte Musik angemacht. Irgendwas Loungiges. Nicht so ganz Lous Geschmack. Geschirr klapperte. Lachen und Gespräche füllten den Hof. Lou lernte etliche der Hausbewohner kennen. Der jüngste war ein paar Monate alt, die älteste schon über achtzig Jahre.
    Manu erzählte von ihrem Grafik-Design-Studium und fragte, warum Lou Mediengestalterin werden wollte und nicht Grafik-Design studierte.
    »Mit mittlerer Reife geht das nicht«, erklärte Lou. »Und die U5 und die

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