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Dein Blick so kalt

Dein Blick so kalt

Titel: Dein Blick so kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Loehnig
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Lou hatte sich einfach nicht getraut, diese Mauer zu durchbrechen. War er vielleicht gar nicht an ihr interessiert? Bildete sie sich nur ein, dass er sie mochte?
    Lou war froh, sich in der Agentur mit Arbeit ablenken zu können. Mit Julian kam sie inzwischen gut zurecht. Er lobte sie häufig und ließ sie in Ruhe.
    Am Dienstag fand das Fotoshooting statt. Julian fragte Lou, ob sie mitkommen wollte. Einen Moment zögerte sie, denn sie war nicht unbedingt erpicht darauf, mit ihm allein zu sein. Andererseits wären sie ja nicht allein. Nur während der Fahrt und in letzter Zeit hatte er sich ihr gegenüber vorbildlich benommen. Er schien sich mit seinen schmutzigen Witzen und dem Gegrabsche auf Sylke zu beschränken, die ihr nun einen bösen Blick zuwarf. Jetzt erst recht. Lou fuhr mit.
    Diesmal saß sie vorne im Cabrio und war froh, eine Jeans anzuhaben. Nackte Knie würden ihn sicher in Versuchung führen. Dennoch saß sie total verkrampft auf dem Beifahrersitz, die Beine so weit von der Mittelkonsole entfernt, wie es ging, und sie war echt froh, dass die Fahrt nicht lange dauerte. Das Studio befand sich in einem riesengroßen Loft im Münchner Norden. Eine ehemalige Fabrik, in der nun Künstler aller Art ihre Ateliers und Studios hatten. Mit einem Lastenaufzug fuhren sie nach oben. Als sie im Studio ankamen, wuselten dort schon Models, Visagistin, Stylistin und zwei Mitarbeiter des Kunden herum. Der Einkäufer und der Werbeleiter. Außerdem natürlich der Fotograf und sein Assi. Julian stellte Lou als neue Praktikantin vor. »Ein ehrgeiziges Mädchen und talentiert obendrein. Sie wird es mal zu etwas bringen.«
    Dieses Lob freute Lou.
    »Und sehr hübsch.« Das sagte Wolfgang, der Fotograf und pfiff durch die Zähne. Mit taxierendem Blick musterte er sie vom Scheitel bis zur Sohle. Lou kam sich vor wie auf dem Straubinger Viehmarkt. Sie hielt dem Blick jedoch nicht nur stand, sie erwiderte ihn auf dieselbe Art, auch wenn es sie alle Kraft kostete. Sie fühlte sich plötzlich besudelt und beschmutzt und kämpfte mit widersprüchlichen Gefühlen: Wut und Scham. Wolfgang hatte eine blank polierte Glatze, dabei war der Mann höchstens vierzig. Markantes Gesicht. Buschige Brauen. T-Shirt. Jeans, die auf der Hüfte saß. Und er war barfuß.
    Jetzt lachte er. »Taff. Du sagst es, Julian.«
    »Mag jemand Kaffee oder Wasser?« Es war der Assi, der pflichtschuldig die Bewirtung übernahm. Lou folgte ihm zu einer frei im Raum stehenden Küchenzeile. Eine Kapselmaschine stand dort auf einer Granitfläche. Daneben auf einem Ceranfeld ein Topf mit Milch und ein Milchaufschäumer. Lou wollte sich nicht bedienen lassen. »Ich mach mir selbst einen Milchkaffee, wenn das okay ist.«
    »Sicher doch.« Der Assistent brachte Julian das gewünschte Wasser und trollte sich zu den Scheinwerfern, die vor der Hohlkehle aufgebaut waren. Lou hatte noch nie eine Hohlkehle gesehen, wusste aber, dass vor diesem abgerundeten Übergang zwischen Boden und Wand Aufnahmen gemacht wurden, die später freigestellt werden sollten. So gab es in den Fotos keine störenden Kanten.
    Mit ihrem Kaffeebecher in der Hand lief sie durchs Atelier. Die Vorbereitungen fürs Shooting waren in vollem Gang. Es sollte Funktions-Sportunterwäsche für einen Katalog fotografiert werden. Das erste Fotomodell war bereits fertig gestylt. Eine junge Frau mit dunklen Haaren und natürlich wirkendem Make-up. Sie trug eine schwarze Panty mit grauen Kontraststreifen und den dazu passenden Sport-BH. Den Anweisungen des Fotografen folgend, stellte sie sich nun posend in die Hohlkehle. Nach fünf Minuten war das Motiv durch. Weiter ging es mit dem nächsten Mädchen, dann folgte eine Aufnahme mit einem Paar. Julian besprach sich zwischendurch mit dem Werbeleiter und dem Fotografen. Der Hintergrund wurde als nicht passend empfunden und nach eingehender Diskussion geändert. Alles von vorne.
    Lou gefiel die Atmosphäre im Studio. Alle arbeiteten konzentriert, jeder Handgriff saß. Eine eingespielte Choreografie. Da sie nicht im Weg stehen wollte, hielt sie sich meist ein wenig abseits.
    Nachdem die erste Serie durch war, wurden die Bilder am Monitor betrachtet. Julian rief Lou dazu. Die Aufnahmen sahen toll aus. Werbeleiter und Einkäufer waren zufrieden und verabschiedeten sich. Der Rest konnte ohne sie gemacht werden.
    »An dieser Aufnahme stimmt etwas nicht.« Julian deutete auf den Bildschirm des Mac.
    »Was stört dich?« Wolfgangs buschige Brauen zogen sich ein wenig zusammen,

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