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Dein Blick so kalt

Dein Blick so kalt

Titel: Dein Blick so kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Loehnig
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»Wir gehen ins Ruffini.«
    Zehn Minuten später saß Lou in diesem Café-Restaurant an einem Bistrotisch mit Marmorplatte und studierte die Mittagskarte. Ups. Alles ganz schön teuer. Am günstigsten war ein Salat mit Oliven. Den würde sie wohl oder übel nehmen. Gar nichts zu bestellen, ging wohl nicht. Die Kellnerin nahm zuerst die Getränke auf. Lou schüttelte den Kopf. »Für mich nichts.« Sylke orderte Mineralwasser. Die Kellnerin verschwand. Sylke legte den Kopf in den Nacken. »Okay. Nun sollten wir langsam zur Sache kommen. Du suchst ja nicht den Kontakt zu mir, weil du mich so nett findest, oder? Also, was willst du?«
    So viel negative Energie. Woher die wohl kam? Warum konnte Sylke nicht mal entspannt und offen sein? Lou atmete durch. »Es geht um Julian. Ich finde, er benimmt sich total unmöglich.«
    »Ach? Findest du?«
    »Du etwa nicht?«
    »Keine Ahnung, was du meinst.« Mit den Händen umfasste Sylke die Ellenbogen und lehnte sich im Stuhl zurück. Abwartend musterte sie Lou.
    Plötzlich war sie ziemlich verunsichert. War sie wirklich die Einzige, die Julians Verhalten total daneben fand? War sie echt die Unschuld vom Lande, wie Sylke neulich gesagt hatte? Doch alles in ihr sträubte sich, derartige Übergriffe normal zu finden. »Die dreckigen Witze gingen ja noch. Ich finde es zwar nicht so prickelnd, dass er die ausgerechnet vor uns loslässt, doch das Gegrabsche… ich meine, das hast du doch auch schon erlebt… ständig landet seine Hand irgendwo, wo sie nicht hingehört.« Lou gab sich einen Ruck. »Mir hat er gestern vor allen im Fotostudio an den Busen gegriffen. Er findet das wohl lustig. Ich nicht. Das ist einfach widerlich. Ich will das nicht. Und ich wollte dich fragen, ob wir vielleicht gemeinsam mit ihm reden sollten… Oder mit Franziska. Damit er aufhört, uns zu belästigen.«
    Sylke, die in dieser abwartenden Position verharrte, bis Lou fertig war, strich sich nun die langen Haare betont lässig aus dem Gesicht. »Hast du grad belästigen gesagt?«
    Lou fühlte sich schlagartig provoziert. In ihr brannte eine Sicherung durch. »Dir gefällt das doch auch nicht! Ich habe deine Reaktion gesehen, als er dir letzte Woche an den Po gegriffen hat. Also tu nicht so!«
    Doch Sylke ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Schätzchen, was ist denn schon dabei? Natürlich findet Julian mich attraktiv. Seine Hand auf meinem Knie oder Po, meine Güte, das ist doch harmlos. Das gehört zum Spiel. Du bist so was von uncool und vor allem durchschaubar.« Nun beugte Sylke sich vor, versenkte ihren Blick in Lous. »Kann es sein, dass du eifersüchtig bist? Guck doch einfach mal in den Spiegel und betrachte das realistisch. Dass Julian ausgerechnet dir an die Titten gegriffen hat, das glaubst du ja wohl selbst nicht. Er würde dich nicht mal mit Gummihandschuhen anfassen. Auch wenn du noch so sehr davon träumst.«
    Okay. Das reichte nun. Lous Herz raste. Sie hatte es nicht nötig, sich von dieser Kuh beschimpfen zu lassen. Sie schob den Stuhl zurück und stand auf. »Wenn hier jemand durchschaubar ist, dann bist das ja wohl du.« Den Rest verkniff sie sich und verließ das Lokal.
    Wütend stapfte sie Richtung Kanal. Verdammter Mist. Sylke dachte wirklich, dass sie die Lehrstelle bekommen würde, wenn sie Julian machen ließ. Nicht auszuschließen, dass sie sogar bereit war, mit ihm ins Bett zu gehen, nur um als Siegerin aus diesem dämlichen Wettbewerb hervorzugehen. Wie konnte man nur so wenig Selbstachtung haben! Gut, dann musste sie eben alleine sehen, wie sie sich ihren Boss vom Leib hielt. Das Praktikum würde sie jedenfalls nicht sausen lassen. Jetzt erst recht nicht. Freiwillig würde sie das Feld für Sylke nicht räumen.
    Offenbar hatte Lous Ausbruch im Fotostudio Wirkung gezeigt. Julian verhielt sich vorbildlich. Doch sie wusste, dass er verstimmt war. Ab und zu bemerkte sie den Blick, mit dem er sie musterte, wenn er dachte, sie würde es nicht sehen. Kühl, abwartend, als ob er überlegte, wie er sich dafür revanchieren könnte, dass sie ihn vor allen in die Schranken gewiesen hatte. Dennoch war Lou froh, dass er diese Schranken zu akzeptieren schien.
    An diesem Abend kam sie spät nach Hause, da sie Jem noch geholfen hatte, Druckdaten für eine Broschüre zu prüfen, bevor sie an die Druckerei geschickt wurden.
    Im Appartement angekommen, warf sie den Rucksack auf die Ablage und überlegte, ob überhaupt noch etwas im Kühlschrank war. Frühlingsquark, mehr nicht. Morgen musste

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