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Dein Blick so kalt

Dein Blick so kalt

Titel: Dein Blick so kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Loehnig
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Gelassenheit, innerem Frieden. Augenblicke, in denen nichts und niemand und schon gar nicht diese Weiber ihm etwas anhaben konnten. Momente, in denen nicht er an den Fäden hing, sondern sie zog. Er war der Regisseur des Spiels. Er hatte die Macht.
    Doch da war es wieder und lenkte ihn ab, vertrieb ihn aus dem Paradies dieser wunderbaren Ruhe. Dieses pelzige Gefühl in seinem Mund. Er wollte das nicht. Nicht jetzt.
    Seine Lippen begannen zu kribbeln, seine Hände kaum merkbar zu zittern. Die Aufzeichnung lief. Natürlich konnte er sich das wieder und wieder ansehen. Doch es war nicht dasselbe.
    Sie live zu beobachten, war schöner. Befriedigender. Er starrte in ihre Augen, die sich langsam weiteten. Ich bin bei dir. Immer und überall. Tausend Fragen, die hinter ihrer Stirn pochten, die Angst, die nach ihr griff. Er konnte sie sehen. Jede Zelle ihrer Augen wurde damit geflutet. Die Pupillen schrumpften auf die Größe von Stecknadelköpfen, um sich sogleich wieder zu weiten. Das Blau ihrer Iris wurde dunkler.
    Nun lehnte sie sich zurück, fuhr sich mit der Hand über die Stirn und schüttelte kaum merklich den Kopf. Sie suchte Erklärungen, wollte damit die Furcht bannen. Das Kribbeln erreichte jetzt seine Finger. Urplötzlich begann er zu schwitzen. Ein feuchtes Rinnsal lief ihm über den Rücken, durchnässte sein Hemd. Das Zittern seiner Hände wurde stärker, sein Herz raste. Er war so durstig. Er musste etwas trinken.
    Widerwillig riss er sich los, stolperte in die Küche und trank gierig ein Glas Cola. Danach ging es ihm tatsächlich besser. Sein Puls beruhigte sich. Er musste darauf achten, ausreichend zu trinken. Das Hemd war nass. Seine Haut klebte. Er stank und fühlte sich dreckig. Er musste duschen.
    Die Webcam ihres MacBooks hatte er dank des ausgespähten Passworts und mithilfe eines kleinen eingeschleusten Programms unter seine Kontrolle gebracht. Gut, dass sie sein offenes WLAN nutzte. Die Kamera konnte er ein- und ausschalten, wann immer er wollte. Die Aufzeichnung lief noch immer. Den Rest würde er sich später ansehen. Jetzt musste er duschen.

28
    Ich bin bei dir. Immer und überall.
    Ein Film von kaltem Schweiß bedeckte ihre Haut. Ihr Herz schlug rasend, produzierte ein vibrierendes Echo in der Halsschlagader. Was sollte der Scheiß? Hatte Caro irgendwas geraucht oder eingeworfen? Weshalb schickte sie ihr eine solche Mail?
    Ich bin bei dir. Immer und überall.
    Lou klappte den Laptop zu, sprang aus dem Bett, machte alle Lampen an und versuchte, sich zu beruhigen. Weshalb hatte Caro diese Mail geschickt? Kam sie überhaupt von Caro? Sie war doch auf Hüttentour und hatte sich ausgiebig darüber beklagt, dass es dort oben kein Netz gab und sie nicht mal das Handy nutzen konnte.
    Die Mail konnte nicht von ihr kommen! Jemand anderes hatte sie geschickt.
    Mit einem Ruck öffnete Lou das MacBook wieder und las den Absender. [email protected].
    Caros Mail-Adi lautete: [email protected]. Eine große Welle der Erleichterung ergriff Lou. Sie stieß die Luft aus, die sie unwillkürlich angehalten hatte. Eine Verwechslung. Die Mail kam nicht von Caro. Sie war ein Irrläufer und für jemand anderen bestimmt.
    Lou fuhr den Laptop runter, löschte das Licht und ging zu Bett. Sie war müde und erschöpft und bereits dabei einzuschlafen, als ihr klar wurde, dass sie einen grandiosen Denkfehler begangen hatte. Die Mail war nicht versehentlich bei ihr gelandet. Jedenfalls nicht wegen eines Fehlers in der Absenderadresse. Wenn, dann wegen eines Fehlers im Empfängernamen. Ihre Mailadresse lautete [email protected]. Und genau da war sie angekommen, die Mail mit dem Link. Von einer Caro, die beinahe dieselbe Mailadresse hatte wie ihre beste Freundin Caro. Nee, das war kein Zufall. Oder vielleicht doch? Der Name Caro war nicht so selten und die Kombi mit dem Geburtsjahr für die Mailadresse eigentlich üblich. Doch Louise war eher selten. Vielleicht sollte die Mail an eine Louise86@gmx gehen oder an einen Lois und Caro68 hatte sich einfach vertippt. So etwas kam vor. So musste es sein. Erleichtert, eine Erklärung gefunden zu haben, drehte Lou sich wieder auf die Seite und zog die Decke über die Schultern.
    Doch sie konnte nicht einschlafen. Weiße Buchstaben tauchten vor ihrem inneren Auge auf. Especially for Lou. Im Vorspann hatte Lou gestanden. Also war das Video doch für sie bestimmt.
    Sie machte das Licht wieder an. Hatte da wirklich Lou gestanden und nicht you? Especially for you. Doch so musste das gewesen

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