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Dein Blick so kalt

Dein Blick so kalt

Titel: Dein Blick so kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Loehnig
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total verdreht sein. Seit wann dachte sie über die Bedeutung von Punkten nach? Fakt war: Sie freute sich auf ihn und er sich auf sie. Das Leben war einfach wunderbar!
    Daheim angekommen, überlegte sie, was sie anziehen sollte. Ihr Hippie-Look gefiel ihm. Also kein Grund, sich groß den Kopf zu zerbrechen. Shorts, die Batikbluse und darunter das neue H-&-M-T-Shirt.
    Sie hüpfte unter die Dusche und zog sich um. Die Bluse hing im Flurschrank. Doch wo war das T-Shirt? Im Schrank jedenfalls nicht. Dabei war Lou sicher, es dorthinein gelegt zu haben. Wohin auch sonst? Ihre einzigen Möbelstücke waren Bett, Tisch und Stuhl. Und ins Bett hatte sie das Shirt ganz sicher nicht gelegt, ebenso wenig darunter.
    Sie durchsuchte die ganze Wohnung. Am Ende sah sie sogar unter dem Bett nach und für den Fall, dass sie es vielleicht in einem Anfall von Schlafwandelei in den Kühlschrank gelegt hatte, sogar dort. Und auch im Eisfach. Doch es war weg. Das gab’s doch nicht. Wie war das möglich? Sie hatte das Shirt im Waschsalon gewaschen, getrocknet, zusammengefaltet und hier in den Schrank gelegt. Und jetzt war es weg. Einfach verschwunden. Es konnte sich doch nicht in Luft aufgelöst haben.
    Hatte sie es im Waschsalon vergessen? Aber sie erinnerte sich genau, wie sie es auf den Stapel im Flurschrank gelegt hatte.
    Es gab nur eine Möglichkeit. Lou ließ sich auf den Stuhl sinken.
    Jemand war in der Wohnung gewesen und hatte es geklaut!
    Bei der Vorstellung, dass jemand ihre Sachen durchwühlt hatte, wurde ihr schlecht. Und dann ganz flau. Denn ihr MacBook war da, ebenso der iPod, den sie heute Morgen vergessen hatte. Alles, was wertvoll war, war da. Nur ein billiges T-Shirt fehlte. Wer klaute denn so was? Doch wohl nur ein Perverser.
    Lou schnellte hoch und inspizierte die Wohnungstür. Das Schloss hatte keinen Kratzer. Als sie heute Morgen die Wohnung verlassen hatte, hatte sie die Tür abgesperrt und den Schlüssel zweimal rumgedreht. Wie immer. Niemand konnte hier gewesen sein. Dafür hätte er einen Schlüssel gebraucht und es gab nur zwei für diese Wohnung. Einen hatte Tante Ute, den anderen hatte sie. Das Shirt musste sie im Waschsalon vergessen haben. Das war die einzige Erklärung.

31
    Als Lou mit einiger Verspätung die Badenburg im Schlosspark erreichte, war Lysander schon da. Er saß auf einem gemauerten Vorsprung, der die breite Freitreppe einfasste, und ließ die Beine baumeln. Wieder trug er die schwarze Mütze, seine langen Haare glänzten in der Sonne und der Kopf legte sich für einen Moment beomäßig zur Seite, als Lou mit dem Rad vor ihm stoppte und er auf den Kies sprang.
    »Sorry, dass ich so spät bin.«
    Lysander legte die Hand auf den Rippenbogen und verbeugte sich. »Nun, liebes Herz? Warum so blass die Wange?«
    Nun, liebes Herz! Ihres machte drei galoppierende Sätze. Dann lachte sie. »Blass wohl nicht. Eher rot wie ein Feuermelder. Ich wollte dich ja nicht ewig warten lassen.« Sie hatte ordentlich in die Pedale getreten, um ihre Verspätung ein wenig einzuholen. Ziemlich uncool. Eigentlich.
    Mit einem Zwinkern breitete er die Arme aus, als wollte er Lou und mit ihr die ganze Welt umfangen. »Und war auch Sympathie in ihrer Wahl, so stürmte Krieg, Tod, Krankheit auf sie ein und macht’ ihr Glück gleich einem Schalle flüchtig, wie Schatten wandelbar, wie Träume kurz, schnell wie der Blitz, der in geschwärzter Nacht Himmel und Erd in einem Wink entfaltet; doch eh ein Mensch vermag zu sagen: schaut!, schlingt gierig ihn die Finsternis hinab.« Mit jeder Zeile des Verses verringerte sich die ausholende Geste, bis Lysander schließlich bei den letzten Worten angelangte und mit den Armen seine Schultern umfing. »So schnell verdunkelt sich des Glückes Schein.« Er verbeugte sich.
    Für einen Augenblick verschlug es Lou die Sprache. Wow! Das war toll gewesen. »Du bist ja schon perfekt. Abfragen hat sich also erledigt.«
    »Tja. Ich kann meinen Part. Jetzt bist du dran.«
    »Ich? Du hast die Wette verloren. Du musst eine Szene aus dem Sommernachtstraum aufführen. Nicht ich.«
    »Im ganzen Stück gibt es keinen Monolog. Lysander braucht eine Hermia.«
    Wie er sie dabei ansah. Dieser Blick ging ihr durch und durch. »Ach? Und den Part soll ich jetzt übernehmen?« Fieberhaft kramte sie in ihrem Gedächtnis, worum es in diesem Stück ging. Ihr fiel nur ein Esel ein. Und eine Fee. Shit. Sie hätte sich vorher schlaumachen sollen. »Hermia liebt Lysander?«, riet sie aufs gerade Wohl. Ihr Herz schlug

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