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Dein Blick so kalt

Dein Blick so kalt

Titel: Dein Blick so kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Loehnig
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mit einem Keylogger.«
    »Ein Keylogger? Was ist das denn?«
    »Ein Programm, das Tastatureingaben aufzeichnet und an einen anderen Rechner weiterleitet. Eine Möglichkeit, Passwörter auszuspähen. Oder mit gefakten Websites. Du gibst ein Passwort ein und schwups landet es dort, wo es nicht landen soll. Viele Leute verwenden ein und dasselbe Passwort für alles, was sie im Web tun. Das ist total leichtsinnig, denn ein ausgespähtes Passwort kann dann überall benutzt werden.«
    »Ups!« Genauso machte sie das.
    Lysander zog die Stirn kraus. »Du solltest deine gmx-Zugangsdaten ändern und verschiedene Passwörter benutzen. Glaubst du, dein Chef könnte dir den Videolink geschickt haben?«
    Lou wusste es nicht. Doch je mehr sie darüber nachdachte, umso wahrscheinlicher erschien es ihr. »Er ist Grafiker und kennt sich mit den Programmen aus, die man braucht, um ein solches Video zu machen. Also möglich wäre das schon. Doch woher soll er so einen Keylogger bekommen?«
    »Wenn man weiß, wo man suchen muss, kann man sich den ganz einfach runterladen. Sag mal, was ganz anderes… das T-Shirt, hattest du das in der Agentur dabei? Könnte er es geklaut haben?«
    »Nee. Und wenn, dann hätte er es mir schon vom Leib reißen müssen. Und das hätte ich ganz sicher mitgekriegt.« Unwillkürlich wollte sie grinsen. Doch bei dem Gedanken an Julians schmierige Finger verschwand der Impuls sofort wieder. Das Shirt hatte sie bestimmt im Waschsalon vergessen. Die Mail musste allerdings Julian geschickt haben, dieser Arsch!

32
    Zum vierten Mal sah er sich die Aufzeichnung an, studierte jede Bewegung ihres Körpers. Dann zoomte er ihr Gesicht heran. Die kleinste Regung darin ließ sich studieren.
    Der Kauf der hochauflösenden Kameras hatte sich bereits gelohnt. Die gestochen scharfen Bilder waren ebenso ein Genuss wie der Gedanke, dass sie keine Ahnung hatte, beobachtet zu werden. Er hatte sie unter Kontrolle. Dieses taffe Mädchen. Vier Kameras. Eine im Rauchmelder drei hinter den Lüftungsgittern der Klimaanlage. Da! Das kaum wahrnehmbare Zucken eines Muskels unter dem linken Auge, ein kurzes Zittern des Mundwinkels. Der Mund öffnete sich einen Spaltbreit. Einen Moment saß sie so auf dem Stuhl. Verwundert. Er klickte auf Kamera drei und sah sie ganz. Die Arme lagen locker auf den Oberschenkeln, eine kleine Falte erschien an der Nasenwurzel. Erstaunt. Nicht verängstigt. Er sah, wie das Räderwerk der Vernunft in ihrem Kopf arbeitete, und das ärgerte ihn. Nicht Vernunft, sondern Angst sollte sie beherrschen. Er wechselte wieder auf die Eins. Diese Lou suchte logische Erklärungen. Was war nur mit dem Shirt geschehen? War jemand in der Wohnung gewesen und hatte es mitgenommen? Ein Shirt. Den Laptop nicht? Er las die aufsteigende Beunruhigung in ihrem Gesicht.
    Wie sie nach dem Shirt gesucht hatte, das hatte ihm gefallen. Immer hektischer war sie geworden und schließlich hatte sie sogar die Kühlschranktür aufgerissen und im Eisfach nachgesehen. Im Eisfach! Köstlich. Er spulte die Aufnahme bis zu dieser Stelle zurück und sah sich die Sequenz erneut an. Als sie die Tür wieder zuschlug, war sie plötzlich da: Panik. Blank. Unverstellt. Entsetzen. Für einen kurzen Moment.
    Eine Sekunde nur.
    Dann Ratlosigkeit, ein angedeutetes Schulterzucken. Sie griff sich ihren Rucksack und verließ die Wohnung. Sicher hatte sie ein Rendezvous oder traf sich mit Freunden. Sie genoss den Abend und nahm ihn nicht ernst. Und das machte ihn wütend. Keinen blassen Schimmer hatte sie, was in ihrem Leben vor sich ging. Er quetschte die Tüte Erdnussflips in seiner Hand zusammen. Sie kapierte nichts! Nichts! Nichts! Wütend schob er den Stuhl zurück, stand auf, lief im Zimmer hin und her wie ein Tiger im Käfig. Diese Lou war zu rational, zu vernünftig, zu analytisch. Sie ließ sich nicht verunsichern. Sie hatte einfach zu wenig Fantasie. Viel zu wenig. Wie sie die Wohnungstür inspiziert und dann kaum merklich den Kopf geschüttelt hatte. Niemand war hier gewesen. Das glaubte sie. Sicher hatte sie eine sinnvolle Erklärung dafür gefunden, wo das Shirt abgeblieben war. Bei einer Freundin vergessen. Im Waschsalon verloren. Aus dem Trockner geklaut. Irgendetwas in der Art.
    Sie war durch und durch kopfgesteuert. Ungewöhnlich für einen Teenager. Normalerweise fürchteten sie sich vor allem und jedem.
    Auf das Video hatte er so viel Zeit verwandt und sie hatte es kaum zu würdigen gewusst. Und doch stellte es den bisher größten Erfolg in

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