Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dein Blick so kalt

Dein Blick so kalt

Titel: Dein Blick so kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Loehnig
Vom Netzwerk:
schrillen Flowerpower-Outfit und wie Mam deswegen beinahe aus den Schuhen gekippt war.
    Onkel Achims Laune stieg wieder. Sie aßen und tranken. Ein wenig zu viel von dem leckeren Rotwein, wie Lou bemerkte, als sie auf die Toilette musste und die Welt sich ein wenig vor ihr drehte. Als sie zurück an ihren Tisch auf der Terrasse ging, fuhr ein roter Mini nur wenige Meter entfernt durch die Kirchenstraße. War das Sylke? Lou schüttelte den Kopf. Die fehlte ihr jetzt grad noch. Wieder fuhr die Welt Karussell. Als es stoppte, war Sylke verschwunden. Vermutlich war sie nie da gewesen. Es gab schließlich mehr als einen roten Mini in München.
    Vor dem Dessert brachte der Kellner Lous Handy. Es war aufgeladen und außerdem war eine SMS von Lysander gekommen. Er saß auf der Geburtstagsfeier seines Opas fest. Leider fuhren in dem Dorf, in dem er wohnte, weder S-Bahn noch Bus. Lysander war darauf angewiesen, mit seinen Eltern zurückzufahren, und das würde wohl noch dauern. Sehen wir uns morgen?
    Wenn ich es bis dahin ohne dich aushalte, simste sie zurück und schickte ihm einen Kuss.
    Das Dessert wurde gebracht und dazu noch ein Gläschen Calvados. Lou rührte es nicht an. Onkel Achim trank dafür beide leer. Als er zahlte, war er ganz schön beschwippst. »Das Auto lassen wir wohl besser stehen.« Er bat den Kellner, ein Taxi zu rufen.
    Während sie auf dem Gehweg vor dem Lokal darauf warteten, legte Achim seinen Arm um Lous Schulter. »Der Münchner Untergrund ist heute etwas unruhig. Gewährst du mir ein wenig Halt?«
    »Klar doch.« Lou fand die Situation eher lustig als peinlich. Onkel Achim blickte sie an wie ein kleiner Junge, der heimlich eine ganze Tüte Gummibären gefuttert hat und sich nun vor Mamas Schelte fürchtet.
    Schwankend ließ er sie wieder los und hob mahnend den Zeigefinger. »Und verpetze mich nur nicht bei Ute.«
    »Keine Sorge.«
    »Ute, die Gute. Weißt du, eigentlich liebe ich nur sie. Aber sie versteht das nicht, dass ein Mann… also wir sind einfach Jäger und Sammler. War schon immer so. Jäger und Sammler. Seit der Steinzeit. Das ist anthropol… anthropo… du weißt schon, was… also das ist nachgewiesen. Liegt an den Genen. Verstehst du, was ich meine?«
    Eine ungefähre Ahnung hatte sie. »Klar verstehe ich dich.«
    Er schlang beide Arme um sie. »Du verstehst mich. Endlich eine Frau, die mich versteht. Du bist ein Schatz.« Er gab ihr einen dicken Schmatz auf die Stirn. Lou lachte. Das Taxi kam, sie bugsierte ihn hinein.
    Als sie sich am nächsten Morgen auf ihr Rad schwang, um in die Agentur zu fahren, begegnete sie Achim vorm Haus. Heute sah er nicht so frisch und strahlend aus wie gewöhnlich. Die Haare ein wenig zerzaust, Furchen im Gesicht. Er hatte offenbar einen Kater, denn er trug eine Sonnenbrille, obwohl die Sonne noch nicht hoch am Himmel stand. »Guten Morgen, Louischen.«
    »So ganz gut scheint er für dich ja nicht zu sein, Onkel Achim.«
    »Ich dachte, das mit dem Onkel hätten wir geklärt.«
    »Und ich dachte, das mit dem Louischen hätten wir geklärt.«
    Er lachte und schob die Brille ins Haar. »Du bist wirklich in Ordnung. Sag mal… Ich habe gestern offenbar ein Glas zu viel von diesem süffigen Rotwein getrunken.« Mit dem Zeigefinger strich er sich über die Nasenwurzel. »Ich habe mich doch hoffentlich nicht danebenbenommen?«
    »Du musst dir keine Sorgen machen. War alles im grünen Bereich.« Lou bugsierte den Rucksack in den Radkorb. »Hoffentlich bewegt mein Chef sich künftig auch darin. Danke, noch mal, dass du ihm den Kopf gewaschen hast.«
    »Keine Ursache. Mache ich gerne wieder, falls es nötig werden sollte, was ich allerdings nicht glaube.«
    Onkel Achim behielt recht. Julian rief Lou gleich morgens in sein Büro und entschuldigte sich bei ihr. Allerdings auf so übertriebene Art, dass es Lou beinahe schon peinlich war und sie sogar für einen Moment den Verdacht hegte, er mache sich über sie lustig. Sie war froh, als sie das Gespräch hinter sich gebracht hatte und an ihren Schreibtisch konnte.
    Alle waren schon da. Auch Jem, der mit leicht geschwollener Backe detailliert die Horrorgeschichte seiner Wurzelbehandlung schilderte. Mike und Peter streuten ab und zu eine Bemerkung ein. Sylke wirkte abwesend und strahlte spürbar negative Energie aus. Als dann noch Franziska hereinkam und Sylke bat, zwanzig Booklets für die Präsentation morgen auszudrucken und zu binden, rutschte Sylkes Laune unter den Gefrierpunkt.
    Während der Kaffeepause an der

Weitere Kostenlose Bücher