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Dein Blick so kalt

Dein Blick so kalt

Titel: Dein Blick so kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Loehnig
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bereits ab. Er wollte neue. Mehr davon. Ihr noch einen kleinen Vorgeschmack auf das geben, was sie erwartete.

40
    Ich bin bei dir. Immer an deiner Seite.
    Wie ein Stromschlag jagte Angst durch ihren Körper. Lous Hand krallte sich um die Maus. Sie starrte auf den Monitor ihres MacBooks, für Minuten unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen.
    Als es wieder ging, überschlugen sich die Fragen, die alle gleichzeitig durch ihren Kopf schossen. Wer hatte ihr diese Mail geschickt? Warum? Wer war immer bei ihr? Und wie war das gemeint? Panisch sprang sie auf, ließ ratternd die Jalousie herunter, auch in der Küche, sperrte den Sommerabend aus. Jemand beobachtete sie. Tag und Nacht!
    Ich bin bei dir!
    Sie wollte die Mail einfach löschen, es ungeschehen machen. Besser sie hätte sie nie geöffnet.
    Ihre Finger lagen schon auf der Tastatur. Doch dann schaltete sich ihr Verstand wieder ein: Nicht löschen! Nachdenken! Sie klappte den Laptop zu, stand auf und ging im Zimmer auf und ab. Holte aus der Küche einen Schokoriegel. Nervenfutter. Doch sie brachte ihn nicht runter. Ihr war schlecht.
    Wieder war sie auf eine gefakte Mail-Adi hereingefallen. Auf den ersten Blick sah es so aus, als käme die Nachricht von einem Verlag, bei dem sie sich mal beworben hatte. Wieder war es dem unbekannten Absender mit einem Buchstabendreher gelungen, sie aufs Glatteis zu führen. Dabei hatte sie doch ihr Passwort geändert. Allerdings konnte der Hacker sich alle Daten aus ihrem Mail-Account geklaut haben, bevor sie das getan hatte.
    Jemand wollte ihr also Angst machen. Warum? Sie hatte niemandem etwas getan, hatte mit niemandem Streit, außer mit Sylke. O.k., da war noch Julian. Konnte sie ihm echt trauen? Vielleicht spielte er nur den Reumütigen.
    Lou atmete durch. Sie wollte das jetzt wissen und klappte den Laptop wieder auf. Sie würde sich die angehängten Bilder ansehen und dann entscheiden, ob sie zur Polizei ging.
    Es waren sieben Stück. Alle zeigten sie. Vor dem Haus auf dem Rad. Im Supermarkt vor dem Regal mit Toastbrot. Wie sie den Waschsalon verließ. Im Englischen Garten im Gespräch mit den beiden holländischen Mädchen. Vor der Bäckerei. Auf der Rolltreppe zur U-Bahn. Am Tisch im Le Fabourg. Der Platz von Onkel Achim war leer. Jemand hatte das Bild in den wenigen Minuten gemacht, in denen Onkel Achim auf der Toilette gewesen war.
    Plötzlich kam ihr ein Gedanke. Nein. Stopp. Das war unmöglich! Oder? Hatte etwa Onkel Achim das Foto gemacht? Und nicht nur das eine, sondern alle. Schickte er ihr diese Mails? Doch weshalb sollte er so etwas tun? Weshalb sollte er sie terrorisieren? Er hatte ihr geholfen und war supernett zu ihr. Nein, nicht Onkel Achim. Sie durfte jetzt nicht total durchdrehen und jeden verdächtigen. Jemand anderes musste dahinterstecken. Vielleicht der Prinzipienreiter? An ihrem ersten Tag in München war er ihr schon unangenehm aufgefallen. Und er war ja auch im Englischen Garten aufgetaucht, als sie mit Caro und Ferdi dort am Seeufer gesessen hatte.
    Lou betrachtete die Aufnahmen so eingehend wie ein Forscher ein Insekt unter dem Mikroskop. Vielleicht fand sie ja einen Hinweis auf ihn. Sein Spiegelbild in einer Fensterscheibe oder so. Sie zoomte Ausschnitte heran und suchte. Doch sie fand nichts. Bis ihr etwas auffiel. Bis auf die Aufnahme vom Restaurant waren alle Bilder in der Nähe ihrer Wohnung aufgenommen worden. Es war keines von der Agentur dabei, keines vom Flaucher oder dem Ammersee, keines, das sie in der Fußgängerzone zeigte oder in Haidhausen. Er folgte ihr also nicht auf Schritt und Tritt. Er war nicht immer bei ihr. Ein Hauch von Erleichterung stellte sich ein.
    Dann überlegte sie weiter. Alle Fotos waren in einem Radius von vielleicht sieben- oder achthundert Metern ums Haus entstanden. Bis auf das Bild vom Le Fabourg. Alles sprach also dafür, dass jemand, der hier wohnte, ihr mit der Kamera auflauerte. Und mit diesem Gedanken war das beruhigende Gefühl auch schon wieder verschwunden.
    Doch Onkel Achim?
    Nie und nimmer.
    Er hätte allerdings das Foto von dem französischen Lokal machen können. Sie traute ihm eine solche Aktion aber nicht zu. Er war wirklich nett. Außerdem würde er sich ihr gegenüber anders verhalten, wenn er ihr derartige Mails schickte. Oder nicht? Und warum sollte er überhaupt etwas derart Perverses tun? Onkel Achim schied aus. Definitiv.
    Es steckte wohl eher der Prinzipienreiter dahinter oder vielleicht der Sohn der Hausmeisterin, Ben Pagel, der Grottenolm?

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