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Dein Blick so kalt

Dein Blick so kalt

Titel: Dein Blick so kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Loehnig
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gesagt, wohin sie wollte. Nervös studierte Lysander die Namen auf den Klingelschildern. Dr. Achim Bergmair. Das musste er sein. Er drückte auf den Knopf. Kurz darauf rauschte die Gegensprechanlage. »Ja, bitte?«
    »Lysander hier. Ein Freund von Lou. Kann ich Sie sprechen?«
    Der Summer erklang. Lysander betrat das Haus und fuhr mit dem Aufzug in die oberste Etage. In der Kabine hing ein merkwürdiger Geruch nach Kräutern. Ziemlich penetrant und unangenehm. Lysander war froh, als die Lifttüren sich öffneten und er durchatmen konnte.
    In der offenen Tür der Penthousewohnung stand ein gut aussehender Mann um die fünfzig. Er trug Jeans und Polo-Shirt. Sein Gesicht hatte markante Züge. In den klaren Augen spiegelte sich eine vage Unruhe. Er reichte Lysander die Hand, die sich kühl und weich anfühlte. »Du bist also Lysander. Lou hat mir von dir erzählt. Ist etwas mit ihr?«
    »Ich war heute Abend mit ihr verabredet. Sie ist nicht gekommen und hat mir eine SMS geschickt, dass sie für ein paar Tage allein sein will.« Lysander fühlte sich wie ein Idiot. Was er sagte, klang harmlos, logisch, alltäglich. Mädchen versetzt Freund und sucht Abstand. Kein Grund, in Panik zu verfallen oder hinter ihr herzuspionieren.
    »So etwas kommt vor«, sagte Lous Onkel prompt. Eine steile Falte erschien an seiner Nasenwurzel.
    »Ist sie bei Ihnen?«
    »Nein.«
    »Hat Sie Ihnen gesagt, was los ist? Weshalb sie allein sein will?«
    »Warum fragst du Lou das nicht selbst?«
    »Ihr Handy ist schon seit Stunden ausgeschaltet und in der Wohnung ist sie nicht. Ihr Rad ist auch weg. Hat Sie Ihnen denn nichts von den Mails erzählt?«
    »Welche Mails?« Achim Bergmair trat zur Seite. »Vielleicht sollten wir das nicht zwischen Tür und Angel besprechen. Komm rein.«
    Lysander folgte ihm durch eine stylische Wohnung bis ins Wohnzimmer. Dort nahm er auf dem Sofa Platz. Lous Onkel setzte sich in einen Sessel. Ein halb volles Glas Weißwein stand auf dem Couchtisch. »Welche Mails also?«, wiederholte er seine Frage.
    Lysander berichtete ihm, was er davon wusste.
    »Komisch. Lou hat mir davon nichts gesagt. Die erste muss sie bekommen haben, bevor sie wegen des Ärgers mit ihrem Chef bei mir war. Anscheinend hat sie ihr keine große Bedeutung beigemessen.«
    »Das hat die Polizei auch nicht…«
    Achim zog die Augenbrauen hoch. »Sie war deswegen bei der Polizei?«
    »Gestern. Man hat uns dort abblitzen lassen. Der Beamte meinte, zwei Mails wären harmlos. Doch Lou hat sich deswegen Sorgen gemacht. Ich bin bei dir. Immer an deiner Seite. Jemand beobachtet sie und lässt sie das wissen. Jemand will ihr Angst machen. Und das ist ihm ja auch gelungen.«
    »Und jetzt hast du Angst, dieser jemand könnte mit Lous Verschwinden zu tun haben?« Es klang ein wenig ironisch. Oder bildete Lysander sich das ein? War er wirklich der Einzige, der sich Sorgen machte? Glaubte Onkel Achim am Ende, er sei paranoid?
    »Vermutlich waren die Mails nur ein schlechter Scherz. Hatte sie nicht in der Agentur Ärger mit ihrer Mitpraktikantin?«
    Lysander schüttelte den Kopf. Natürlich hatte Lou auch an Sylke als Urheberin der Mails gedacht, ihr das dann aber letztlich nicht zugetraut. Außerdem erklärte das noch nicht, warum Lou plötzlich verschwunden war.
    »Ich weiß nur, dass irgendwas nicht stimmt. Die SMS, die Lou mir geschrieben hat… die klingt nicht nach ihr. Außerdem hat sie ihr Handy immer an.«
    Onkel Achim griff nach dem Weinglas. »Immer ist ein großes Wort. Ich glaube, du kennst Lou noch nicht lange genug, um das wirklich zu wissen. Du vermutest also, jemand anderes hat die SMS geschrieben?«
    So klar formuliert, wurde seine Angst endlich fassbar. Genau das war es. Jemand hatte sich Lou geschnappt und an ihrer Stelle die Mail geschrieben, um zu verbergen, dass Lou in seiner Gewalt war. Oder vielleicht schon tot. Blankes Entsetzen legte sich hinter Lysanders Brustbein. Das konnte doch nicht sein! So etwas geschah im Kino und im Fernsehen. Nicht im wirklichen Leben.
    Idiot! Natürlich geschahen solche Verbrechen auch wirklich.
    »Hallo ich hab dich was gefragt. Glaubst du tatsächlich, dass die SMS nicht von Lou kommt?« Ihr Onkel holte ihn aus seinen Gedanken. »Das würde bedeuten, dass Lou sie nicht selbst schreiben konnte. Und dafür gibt es eigentlich nur drei mögliche Gründe. Erstens: Jemand hat Lou entführt und will nicht, dass das bemerkt wird. Zweitens: Jemand hat Lou getötet und will das vertuschen. Drittens: Lou hat eine Freundin

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