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Dein Blick so kalt

Dein Blick so kalt

Titel: Dein Blick so kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Loehnig
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Inhalt entleerte sich aufs Pflaster. Seine Kollegen feixten. Samir F. schob den Müll zurück in die Tonne. Er war sauer. Doch dann funkelte etwas pink zwischen Filtertüten und Pampers hervor. Samir F. griff danach und hielt ein pinkfarbenes, mit Strasssteinchen verziertes Netbook in der Hand. Seit Wochen traten KHK Mertens und über 30 Mitarbeiter der Soko Daniela auf der Stelle. »Wir sind für diesen Durchbruch in den Ermittlungen dankbar und werden Danielas Laptop mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln kriminaltechnisch auswerten.« So KHK Mertens. Eine Befragung der Anwohner des Anwesens läuft. Die Polizei bittet um sachdienliche Hinweise.

51
    Erster Schritt: die Umgebung erkunden. Zweiter Schritt: einen Weg nach draußen finden. Das war doch ein guter Plan. Lou war durstig und griff nach der Wasserflasche. Misstrauisch betrachtete sie diese. Eine Glasflasche. Der Schraubverschluss war intakt gewesen, diese Metallzähne, die ihn festhielten, hatten geknackt, als sie ihn geöffnet hatte. Sie waren also noch fest um den Flaschenhals geschlossen gewesen. Niemand vor ihr hatte die Flasche geöffnet. Da war nichts drin außer Wasser, das sie bedenkenlos trinken konnte. O.k. Logisch denken funktionierte also. Die fette Angstspinne verkroch sich erst einmal.
    Lou trank einen Schluck und stellte die Flasche ab. Sie sah sich um. Das helle Licht stammte von fünf Doppelreihen Neonröhren, die an der Decke angebracht waren. Einige sahen ziemlich neu aus. Zwei Lichtschalter befanden sich neben der Tür. Lou betätigte den einen. Nichts geschah. Dann drückte sie auf den anderen in der Erwartung, gleich im Dunkeln zu stehen. Doch auch dieser Schalter war offenbar nicht mit den Lampen verbunden. Komisch. Normal war das nicht.
    Und dann wurde ihr klar, was das zu bedeuten hatte. Mister Arschloch wollte nicht, dass sie das Licht ausmachen konnte.
    Aber warum?
    Konnte ihm doch egal sein, ob sie sich im Dunkeln oder im Hellen fürchtete. Im Dunkeln würde sie sich sogar noch mehr ängstigen. Es sei denn…
    Ich bin bei dir. Immer an deiner Seite.
    Es sei denn, er beobachtete sie! Lou fuhr zusammen. Er beobachtete sie. Ganz sicher. Er geilte sich an ihrer Angst auf.
    Trotzig straffte sie die Schultern, richtete den Oberkörper auf und sah sich um. Diesen Triumph würde sie ihm nicht gönnen. Wo bist du, du feiges Würstchen? Sie stand mit dem Rücken zur Metalltür und musterte alle Wände. Nirgendwo ein Fenster oder sonst eine Öffnung. Vor ihr stieg die Mauer in die Höhe, hinter der sich die Öltanks befanden. Sie reichte ihr bis zur Schulter. Von den Tanks lief ein Rohr bis zur hinteren Wand und verschwand dort in der Decke. Sicher die Leitung, durch die das Öl in die Tanks gepumpt wurde. Der Tanklaster, mit dem es gebracht wurde, musste nah an den Einfüllstutzen heranfahren können. Dieser Raum lag also an der Außenseite des Hauses. Die Hausmeisterin hatte ihr kurz nach dem Einzug den Wasch- und Trockenkeller gezeigt. Lou versuchte, sich zu erinnern, was sie bei dieser Gelegenheit sonst noch vom Keller gesehen hatte. Nicht viel. Nur den Flur vorm Lift, den Fahrradkeller und die Räume mit den Waschmaschinen und Trocknern. Und dann erinnerte sie sich. Die Hausmeisterin hatte gesagt, dass die Anlage mit Fernwärme beheizt wurde. Mit Fernwärme. Nicht mit Öl!
    Lou lehnte sich an die Wand. Wie hatte sie nur so dämlich sein können anzunehmen, Mister Arschloch habe sie einfach mit dem Lift in den Keller verfrachtet. Er hatte sie irgend woandershin gebracht.
    Okay. Dann war das so. Auch egal. Sie wollte hier raus. Und dafür war es nicht wichtig, in welchem Haus dieser Keller war. Sie sah sich weiter um. Neben dem Rohr hatte jemand eine Platte an die Wand geschraubt. Eine grau gestrichene Platte. Genauso grau wie die Wand. Auf den ersten Blick erkannte man das nicht. Versteckte sich dahinter etwa ein Fenster?
    Lou zog sich an der Mauer hoch. Der Verputz war rau, sie schürfte sich die Knie auf. Es brannte wie Feuer. Doch sie achtete nicht darauf. Ihre ganze Konzentration war auf die Platte gerichtet. War dahinter ein Fenster? War das der Weg in die Freiheit? Auf der anderen Seite sprang sie auf den Boden. Die Tanks standen eng nebeneinander. Zwischen ihnen gab es keine Lücken. Lou musste sie umrunden. Der Abstand zur Mauer war nicht groß. Es ging nur im Krebsgang voran. Lou schob sich seitlich vor, bis sie gegen etwas stieß. Eine Matratze. Es gelang ihr, das Hindernis hochzuwuchten und über die Mauer zu werfen.

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