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Dein Blick so kalt

Dein Blick so kalt

Titel: Dein Blick so kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Loehnig
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Noch etwas lag dort. Eine Plastiktüte. Eine Wolldecke steckte darin. Weg damit. Auch sie landete auf der anderen Seite. Weiter ging es. An der Ecke wurde der Spalt noch enger. Sie streckte sich, so gut es ging, zog den Bauch ein und zwängte sich hindurch. Etwas Klebriges blieb in ihrem Gesicht haften. Lou wischte es weg. Spinnweben. Eklige, klebrige Spinnweben. Hier musste es vor Spinnen wimmeln. Lou spürte sie an den Beinen, in den Haaren. Sie liefen ihr über den Nacken und unter die Bluse. Lou schlug nach ihnen, wischte sie weg. Mit ihrer Selbstbeherrschung war es vorbei. Ihr Schrei gellte durch den Raum und hallte von den Wänden wider.

52
    Louischen, Louischen. Das war wunderbar. Dieser grandiose Schrei, diese panische Angst. Einfach fantastisch. Mehr davon. Bitte.
    Er zoomte den Ausschnitt heran, bis er nur noch ihre Augen sah. Das pure Entsetzen sprach aus ihnen. Logik, Vernunft, Beherrschung. Alles war ausgeschaltet. Leider nur für dreiundzwanzig Sekunden. Er vergrößerte das Bild auf DIN A3 und druckte es aus. Der Tintenstrahldrucker ratterte. Zeile um Zeile baute sich das Foto auf. Bis es fertig war, ging er auf Toilette. Schon wieder. Es lag sicher daran, dass er zu viel Cola trank. Aber was sollte er tun? Er war in letzter Zeit ständig durstig und müde und dagegen half Cola. Doch woher kamen Durst und Müdigkeit? Stimmte am Ende etwas mit seiner Gesundheit nicht? Ach was. Vermutlich war es vernünftiger, statt der normalen Cola die Light-Version zu trinken. Zucker machte ja bekanntlich durstig. Ein Teufelskreis. Deshalb trank er so viel. Logisch. Darauf hätte er schon früher kommen können. Paradoxerweise hatte er trotz des vielen Zuckers in letzter Zeit zwei Kilo abgenommen. Es war merkwürdig. Als er an seinen Schreibtisch zurückkehrte, war das Bild fertig ausgedruckt. Er heftete es zu den anderen an die Wand. An die hundert Bilder hingen inzwischen dort. Die meisten von Daniela, einige von Lou. Kleine, große, schwarz-weiß und farbig. Abends saß er oft davor und betrachtete seine Galerie des Grauens.
    Die neue Aufnahme von Lou war eine der besten. Weshalb war sie derart ausgeflippt? Etwa wegen der Spinnweben? Er setzte sich vor den Monitor und sah sich die Sequenz noch einmal in Zeitlupe an. Ja, es waren die Spinnweben. Sie schlug um sich, als würden tausend Spinnen über ihren Körper krabbeln. Doch da war keine einzige gewesen. Sie hatte also doch Fantasie. Und sie hatte panische Angst vor Spinnen. Dieses taffe Mädchen. Sehr schön. Damit ließ sich doch etwas machen.
    Er lehnte sich in seinem Schreibtischstuhl zurück. Woher bekam man Spinnen? Nicht eine oder zwei, sondern Hunderte, am besten Tausende. Das ließ sich googeln. Doch das würde er später machen. Es war Zeit fürs Frühstück. Er holte die Zeitung aus dem Briefkasten, bereitete sich Kaffee und Toast zu und setzte sich an den Tisch.
    Die Headline sprang ihn an, als er die Zeitung aufschlug. Mordfall Daniela: Beweisstück gefunden. Führt der Laptop zu ihrem Mörder?
    Das konnte doch nicht wahr sein. Hastig überflog er den Artikel, las ihn dann noch einmal gründlich. Wort für Wort. Mist! Er knüllte die Seiten zusammen und stopfte sie in den Papierkorb. Verdammter Mist! Weshalb hatte er den Laptop nicht geschreddert? Warum hatte er sich damit begnügt, alle Daten zu löschen und ihn tief in widerlichem Müll zu versenken? Wer wühlte denn in vollgeschissenen Pampers!
    Damit hatte er einfach nicht gerechnet. Wochen waren vergangen. Niemand dachte mehr an Daniela. Sie war aus den Medien verschwunden. Er hatte geglaubt, es sei ein guter Zeitpunkt, sich nach und nach ihrer Sachen zu entledigen, und das war ihm ja auch gelungen. Bis auf diesen pinkfarbenen Minilaptop. Mist! Verdammter Zufall!
    Er fuhr sich durch die Haare, starrte auf den Tisch. Konnte der Fund des Rechners für ihn gefährlich werden? Eigentlich nicht. Alle Daten waren gelöscht. Fingerabdrücke gab es nicht. Er hatte die Oberflächen abgewischt. Nur DNA-Spuren konnte er nicht restlos ausschließen. Den Kriminaltechnikern genügte ja bereits eine Hautschuppe, um den genetischen Fingerabdruck zu gewinnen. Doch für die Zuordnung brauchten sie eine Referenz. Und von ihm gab es keinen DNA-Code in der Datenbank. Der wurde nur von Mördern, Totschlägern und Sexualstraftätern erhoben. Die Polizei hatte lediglich seine Fingerabdrücke, wegen dieser dummen Sache damals mit dem Auto. Doch seine DNA hatten sie nicht.
    Dennoch machte er sich Sorgen. Lous Sachen

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