Dein Blut auf meinen Lippen
Brechstange fest umklammert - bereit zuzuschlagen.
Auch Romeo konnte es jetzt hören: ein tiefes, hungriges Knurren, das ziemlich wütend klang. Unwillkürlich rieb er die Finger an seiner Knoblauchzwiebel. "Hast du nicht gesagt, dass Vampire und Werwölfe uns nicht sehen können, Mercutio?"
Im nächsten Moment traf ein Mondstrahl auf vier goldblitzende Augen und zwei speicheltriefende Schnauzen mit scharfen Zähnen.
"Das gilt aber nicht für ganz gewöhnliche Hunde", erwiderte Mercutio mit brüchiger Stimme.
Romeo schluckte, als die Hunde witternd die Schnauzen in die Luft reckten.
"Verdammter Mist!", zischte Benvolio.
"Und jetzt?", fragte Romeo.
Im nächsten Moment sprang einer der Hunde auf sie zu.
Da half nur noch eins ...
"Lauft!", schrie Benvolio und befolgte seinen eigenen Rat als Erster.
Romeo überlegte nicht lange und rannte hinter ihm her, dicht gefolgt von Mercutio und den Hunden. Die drei flohen durch unwegsames Gelände, auf dem mehrere steinerne Wachhäuschen in die Höhe ragten, und überquerten anschließend auf einem hölzernen Laufsteg den Schlossgraben. Mercutio legte einen Spurt ein und überholte Romeo, was ihn sehr beunruhigte.
Da Romeo nun keinen der Gefährten mehr im Rücken hatte, überkam ihn der Impuls, sich umzudrehen, um zu sehen, wie weit die Hunde noch entfernt waren. Aber er wusste, dass er dadurch langsamer würde, und so beherrschte er sich. Außerdem war das Gebell so laut, dass die Hunde schon ganz nah sein mussten.
"Hierher!", rief Mercutio.
Romeo, der mittlerweile völlig außer Atem war, sah mit Erleichterung, dass Mercutio inzwischen das erleuchtete Fenster erreicht hatte. Sein Freund bückte sich, tastete mit beiden Händen im Gras nach dem Griff einer verborgenen Klappe und riss sie auf. Darunter befand sich der Zugang zu einem unterirdischen Tunnel.
"Schnell, schnell!" Mercutio winkte Romeo und Benvolio herbei.
Wie ein Luftakrobat sprang Benvolio als Erster in die Tiefe. Romeo war noch drei, vier Schritte entfernt, als er spürte, dass die Hunde nach seinem Umhang schnappten. Dann sprang eines der Tiere seinen Arm an, bohrte die Zähne in den Ärmel und zerrte daran, bis Romeo zu Boden ging. Die Hunde verbissen sich in seinem Umhang, und Romeo versuchte, den Meißel aus seinem Hosenbund zu ziehen, bekam ihn aber nicht zu fassen. Er wusste, dass sich die Hunde nicht lange mit dem Umhang zufriedengeben würden, und murmelte ein Stoßgebet, um Hilfe für den bevorstehenden Kampf zu erbitten.
Doch zum Glück griffen die Hunde ihn nicht an, sondern jagten auf einen Rosenbusch zu, in den jemand ein paar Stücke rohes Fleisch geworfen hatte. Überrascht schaute Romeo auf und sah Mercutio mit blutigen Händen über sich stehen.
"Maribel ist ein kluges Kind", sagte er grinsend. "Sie hat ein paar Leckerlis für die Hunde neben die Klappe gelegt. Sie scheinen ziemlich ausgehungert zu sein."
"Ja, den Eindruck hatte ich auch." Immer noch atmete Romeo schwer. "Lass uns bloß verschwinden, ehe die Biester Nachtisch verlangen!"
Mercutio reichte ihm eine blutige Hand. Romeo ergriff sie und ließ sich aufhelfen.
"Danke, Mercutio. Ich verdanke dir mein Leben."
"Unsinn, Romeo! Ich bin dein Freund, du schuldest mir keinen Dank." Mercutio legte Romeo eine Hand auf die Schulter und grinste. "Außerdem hast du was Besseres zu tun. Wolltest du nicht einer jungen Dame den Hof machen?"
Romeo grinste zurück und nickte. Dann folgte er Mercutio in den unterirdischen Gang.
Julias Hand fühlte sich ganz taub an, als ihre Mutter sie endlich wieder losließ. Die Gräfin hatte sie an den Rand der Tanzfläche gezerrt, wo ein älterer, makellos gekleideter Vampir ihr entgegenblickte und sich formvollendet vor ihr verbeugte. Sie schüttelte die Finger aus, um die Blutzirkulation wieder in Gang zu bringen, und ließ den Blick über die Tanzpaare schweifen, die in wohlgeordneter Formation zur Melodie eines beliebten Gesellschaftstanzes dahinschritten. Plötzlich stieß ihre Mutter sie unsanft an die Schulter, und Julia wandte sich wieder pflichtschuldig dem Mann zu, zu dem ihre Mutter sie geführt hatte.
"Bitte verzeihen Sie, Graf, wenn Sie auf uns warten mussten." Julias Mutter deutete eine galante Verbeugung an. "Die Begrüßung des Fürsten hat uns länger aufgehalten als erwartet."
"Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen", erwiderte der Vampir, ohne den Blick von Julia abzuwenden. "Ich sehe Ihre Tochter zwar gerade zum ersten Mal, aber ich kann jetzt bereits sagen: Das
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