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Dein Blut auf meinen Lippen

Dein Blut auf meinen Lippen

Titel: Dein Blut auf meinen Lippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Gabe
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trug, fror er so stark, dass ihm kalte Schauer den Rücken hinunterliefen. Möglicherweise versagten ihm aber auch einfach nur die Nerven.
    Seit über einer Stunde wartete er auf ein Zeichen von Rosalindes Dienerin Maribel. Sie wollte eine Lampe im letzten Zimmer des Erdgeschosses anzünden, sobald die Geheimtür im Dienstbotenflügel des Schlosses entriegelt war. Es dauerte schon viel zu lange, und Romeo fürchtete, dass etwas schiefgegangen war. Mercutio war zwar ein cleverer Bursche, aber er hatte eine Schwäche für hübsche Mädchen mit wenig Verstand. Vielleicht traf das auch auf Maribel zu, und sie hatte die Verabredung schlichtweg vergessen. Als Romeo merkte, dass seine Hände zu zittern begannen, beschloss er, für Ablenkung zu sorgen.
    "Habe ich euch eigentlich schon erzählt, was ich letzte Nacht geträumt habe?", fragte er die anderen leise.
    Mercutio kratzte sich mit dem Griff seines Messers am Hals und antwortete: "Nein, was denn?"
    "Wenn es sich um romantisches Gefasel oder Rosalindes Brüste handelt, wollen wir es lieber nicht hören", wandte Benvolio ein, während er die Umgebung wachsam im Blick behielt.
    "Was heißt hier ? Ich will es hören", sagte Mercutio und stieß Benvolio in die Rippen.
    Romeos Cousin verdrehte die Augen und versetzte Mercutio mit dem Ellenbogen einen so heftigen Stoß, dass der Getroffene auf eine glitschige Moosfläche fiel.
    "Aus dem Weg, Romeo!", rief Mercutio. "Ich mache Brei aus Benvolio."
    "Seid endlich still!", zischte Romeo. "Ihr wisst doch, wie gut Vampire hören können."
    Um sich abzureagieren, zückte Benvolio den Dolch, den er im Ärmel versteckt hatte, und stach ihn neben Romeos Füßen in den Boden. Dann wühlte er damit so lange in der Erde herum, bis er einen kleinen Erdhaufen aufgeworfen hatte, in dem es von Würmern und Larven nur so wimmelte.
    "Wir können es mit ihnen allen aufnehmen, wenn wir es müssen", sagte er.
    Romeo steckte die Hände in die Taschen seines Umhangs. "Erinnere mich daran, einen Arzt zu holen, wenn wir wieder zu Hause sind, Cousin. Offenbar hast du den Verstand verloren."
    "Bestimmt stecken sie ihn ins Irrenhaus", stichelte Mercutio. "Dann hätten wir endlich Ruhe."
    "Ich wüsste selber ganz gern, ob ich noch klar bei Verstand bin", gab Romeo zu. "Mein Traum war ziemlich beängstigend."
    Benvolio machte große Augen. "Wirklich? Erzähl schon!"
    Romeo sah die Gefährten Skeptisch an. Er war sich sicher, dass sie ihn auslachen würden, wenn sie die Geschichte hörten. Aber als er sah, dass das Fenster im Erdgeschoss immer noch dunkel war, begann er zu erzählen.
    "Ich habe geträumt, dass Vladimir mich gepfählt hatte. Aber als ich tot war, fand mich meine Liebste. Sie nahm mich in die Arme und küsste mich auf den Mund, und dadurch wurde ich wieder lebendig."
    "Das hört sich aber nicht allzu schrecklich an", meinte Mercutio.
    "Genau", pflichtete Benvolio ihm bei. "Immerhin hast du überlebt."
    "Das ist noch nicht alles", sagte Romeo. "Ich wurde zwar wieder lebendig, aber ... als einer von ihnen." Er nickte vielsagend in Richtung des Schlosses.
    "Keine Sorge, Romeo." Benvolio nahm einen Wurm von seinem Dolch und setzte ihn sich auf die Hand. Dann schnipste er ihn mit den Fingern zu Boden. "Wenn dein Traum wahr wird und du zu einem dieser widerlichen Monster mutierst, erlöse ich dich. Ich kann dir zwar keinen schmerzlosen Tod versprechen, aber ich versichere dir, dass es schnell geht."
    Romeo verschränkte die Arme vor der Brust und schüttelte den Kopf. "Sehr liebenswürdig, Benvolio. Herzlichen Dank."
    "Da, Romeo, sieh mal! Das Licht ist angegangen!" Mercutio zeigte auf das Fenster, wo Rosalindes Dienerin das Zeichen geben wollte, dass die Luft rein war.
    Romeo seufzte erleichtert. "Gott sei Dank."
    "Danke Gott nicht zu früh." Benvolio haute Romeo kräftig auf den Rücken. "Der Abend fängt gerade erst an, und wer weiß, was passiert, wenn wir der Hochburg der Vampire ausgerechnet zur Essenszeit einen Besuch abstatten."
    "Sei nicht so melodramatisch", sagte Mercutio, griff in einen Beutel aus Sackleinen, den er mitgebracht hatte, und holte drei Halsbänder mit Knoblauchzwiebeln heraus. "Hier, nehmt jeder eine! Bruder Lorenzo hat die Zwiebeln in dreifach geweihtes Wasser getaucht, und die Halsbänder sind aus reinem Silber. Das macht uns für Vampire und Werwölfe unsichtbar. Die Wirkung hält aber nur noch eine Stunde an. Du darfst mit deiner Herzensdame also nicht zu lange herumtrödeln, ehe du zur Sache kommst,

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