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Dein Gesicht morgen: Tanz und Traum (German Edition)

Dein Gesicht morgen: Tanz und Traum (German Edition)

Titel: Dein Gesicht morgen: Tanz und Traum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Javier Marías
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normal oder häufig, nicht in dem Leben, das wir Menschen in unserer übergroßen – wirklich übergroßen – Mehrheit leben, dort verursacht es ein Unbehagen, eine Verstörung und eine Pein, die ungeheuer sind, unvorstellbar für jemanden, der zuvor keine Gewalttat erlebt hat. (Ja, es bleibt einem ein Zittern zurück, wie ich schon gesagt habe, glaube ich, und es bleibt ziemlich lange. Und dann ist man niedergeschlagen, und das dauert noch länger.) Zum Glück hatten wir, anders als nach dem Erscheinen jener Waffe zu erwarten war, niemanden umgebracht, so glaubte ich (ich würde De la Garza irgendwann anrufen, hinter Tupras Rücken – das war besser –, um mich zu vergewissern, daß der Trottel noch am Leben war, daß er nicht später wegen irgendeiner inneren Verletzung das Zeitliche gesegnet hatte). Letztendlich waren es nur ein paar Schläge und einige Stöße und ein bißchen Untertauchen gewesen, also etwas Geringfügiges, Unbedeutendes in einem Film oder in einem dieser Romane, diesen Imitaten der plumpesten amerikanischen Vorbilder, in denen es um körperzerfetzende Psychopathen oder analytische, fast arithmetische Serienmörder geht, es gibt sie haufenweise, auch im nachäffenden Spanien. Und doch hatte dieses in einer Fiktion unwesentliche Detail ein Gefühl von Fieber, Übelkeit und vorübergehende Schweißausbrüche bei mir ausgelöst, sie dauerten nicht lange, aber sie hörten auch nicht ganz auf, und jedesmal, wenn der Wagen vor einer roten Ampel hielt und kein Luftzug durch das Fenster drang, kehrten sie zurück, und ich war in Sekundenschnelle von Kopf bis Fuß schweißgebadet. Das während der Fahrt. Sie war in der Tat kurz, besonders in der Nacht, wir näherten uns schon meinem Platz.
    Nach seinen Erklärungen über die Zwillingsbrüder Kray hatte ich geschwiegen, in einer Mischung aus Verwirrung, noch größerem Verdruß und Neugier, und ich mußte im Geist zurückgehen, um, wenn schon nicht zum Anlaß von alldem, so doch zumindest in seine Nähe zurückzugelangen: das Schwert.
    »Was willst du damit sagen, daß du es von ihnen gelernt hast? Meinst du das mit dem Schwert? Und wo hast du das gelernt, aus den Büchern, aus dem Film oder hast du sie etwa gekannt?«
    Tupra war etwa 1950 geboren, ein wenig später oder ein wenig früher. Er konnte als Lehrling, als Neuling, als Gehilfe vor ihrer Einkerkerung mit ihnen Umgang gehabt haben, es gibt Bereiche, in denen man sehr jung, fast noch als Kind, beginnt. Bei irgendeiner anderen Gelegenheit hatte er Bethnal Green erwähnt, das elendeste Viertel Londons im viktorianischen Zeitalter, seine Misere hatte sehr viel länger gedauert als die endlos lange Herrschaft. Dort gab es jahrzehntelang ein Irrenhaus, das Bethnal House Lunatic Asylum, und der Bezirk namens »Jago« – wie Tupra mich bisweilen ironisch nannte – um die Old Nichol Street war bekannt für seine extreme Armut und seine hohe Verbrechensrate. Wenn er aus einem solchen Ort stammte – aber er hatte auch in Oxford studiert, vielleicht dank seiner Begabungen –, dann konnte das eine Erklärung dafür sein, daß er sich ebensogut in der Unterwelt wie in der höchsten Oberwelt bewegte: letzteres lernt man, es steht jedem offen, der aufgeweckt ist; dagegen gibt es keine gültige Lehre für ersteres, außer, einzutauchen. Vom Alter her war es möglich. Aber Tupra antwortete mir nicht direkt, allerdings war das auch nicht seine Gewohnheit.
    »Den Film muß es auf DVD oder auf Video geben. Aber er war ziemlich düster und etwas schäbig. Wenn du das also wie die Pest meidest, dann sieh ihn dir besser nicht an«, sagte er, als hätte er meine Fragen nicht gehört oder als fände er sie überflüssig; außerdem gewahrte ich an ihm eine Spur Spott, da er meine Abneigung gegen Schäbigkeiten wörtlich nahm. »Ein Schauspieler, den ich gut kenne, ein alter Freund, spielte eine kleine Rolle darin, und an einem Abend, als sie gerade drehten, habe ich ihm geholfen, seine Szene zu proben. Ich glaube, ich habe ihn mir deshalb später angesehen, er hat viel von meinem Stil übernommen. Er teilte die Zelle mit den Zwillingen während seines Militärdienstes, als sie noch sehr jung waren; er beobachtete sie, und er gab ihnen eine kurzgefaßte Lektion darüber, was sie tun sollten, wenn sie herauskämen und sich wieder in das bürgerliche Leben eingliedern würden. Es ist die knappste Lektion, um etwas zu erreichen. In Wirklichkeit immer, egal, was es ist. ›Ich weiß, wie ihr heißt, Kray‹,

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