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Dein Gesicht morgen: Tanz und Traum (German Edition)

Dein Gesicht morgen: Tanz und Traum (German Edition)

Titel: Dein Gesicht morgen: Tanz und Traum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Javier Marías
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›Fast niemand ist angenehm so, wenn er sich von seinem lauen Bett losreißt oder darin versinkt, wenn er entspannt ist oder sich gehen läßt oder weniger aufpaßt; aber ich weiß genau, daß Luisa es wohl ist, und diese junge Frau scheint es auch zu sein; oder vielleicht ist es so, daß beide nie weniger aufpassen, auch wenn die Laufmasche sich noch so vergrößert.‹ »Alle lassen sich mehr oder weniger von ihren Impulsen leiten, sie orientieren sich, sie richten sich nach ihren Sympathien und Antipathien, nach ihren Ängsten, ihren Ambitionen, ihren Berechnungen und ihren fixen Ideen; nach ihren Vorlieben und ihren Ressentiments, seien sie biographischer oder sozialer Art. Ich sehe also diesen Unterschied nicht, Jaime. Doch schau, um so besser für mich, daß du ihn siehst, dann wird es dir weniger ausmachen, mir den Gefallen zu tun, um den ich dich gebeten habe. Denn dieser Auftrag kommt von Privatpersonen, nicht vom Staat, das weiß ich. Ich meine damit, er kommt von privaten Privatpersonen.«
    Ich schwieg eine Weile, wir beide schwiegen. Ich dachte daran, daß die junge Nuix mich noch immer nicht um den Gefallen gebeten hatte, nicht im strengen Sinne, nicht ganz, nicht vollständig. Und deshalb hatte sie in keinem Augenblick mit mir gestritten oder mir widersprochen, sie hatte sich darauf beschränkt, den Standpunkt ihrer Erfahrung darzulegen, die sehr viel länger zu sein schien als ihr jugendliches Alter, in welchem Alter mochte sie begonnen haben, in welchem mochte sie diese Jugend hinter sich gelassen haben, die sie nur noch bewahrte, wenn sie schwieg oder wenn sie lachte, natürlich nicht, wenn sie argumentierte oder Reden hielt, auch nicht, wenn sie in dem namenlosen Gebäude mit so großem Urteilsvermögen die Menschen deutete, mich hatte sie bestimmt schon ergründet, durchschaut. Es sei denn, daß auch sie mich bisweilen als ein Rätsel sah, so wie derjenige, der meinen Bericht geschrieben hatte, den, der mich betraf. Oder daß sie mich als »hoffnungslosen Fall« betrachtete, an den man keine Überlegungen verschwenden durfte, wie auch ich es jenem Text zufolge tat. (»Er weiß, daß er sich nicht versteht und es nie tun wird«, hatte sein Verfasser über mich geurteilt. »Und deshalb versucht er es gar nicht.«)
    Ich fragte mich, inwieweit nicht jetzt Tupra durch ihren Mund sprach, einige ihrer Überlegungen klangen nach ihm oder besser gesagt (es war nicht so, daß ich sie von ihm gehört hätte) nach seiner Art, in der Welt zu sein, so als hätte er es verstanden, sie ihr stillschweigend einzuflößen durch ihre jahrelange Nähe oder womöglich Intimität. »Ich sehe also diesen Unterschied nicht, Jaime«, hatte sie zum Beispiel gesagt, zweifellos, um mich nicht zu verstimmen, statt »Ich bin nicht einverstanden mit dir, Jaime« oder »Du irrst dich, Jaime« oder »Du hast nicht richtig nachgedacht, versuch es noch einmal« oder »Du hast nicht die geringste Ahnung«. Mir gingen verschiedene Fragen im Kopf herum, doch wenn ich allen nachgehen würde, kämen wir nie zu einem Ende, »Was weißt du von den Kriminellen?« und »Was sind wet gamblers ?« Und »Über wen soll ich lügen oder schweigen, um dir einen Gefallen zu tun?« und »Du hast mich noch nicht um den Gefallen gebeten, ich weiß noch nicht, worin genau er besteht« und »Wie viele Jahre bist du hier, in welchem Alter hast du angefangen, wer oder wie warst du vorher?« und »Was sind das für private Privatpersonen, und wie kommt es, daß du dieses Mal so viel über diesen Auftrag, seinen Ursprung, seine Herkunft weißt?« Tatsächlich hätte ich alles fragen können, eines nach dem anderen, ich führte das Gespräch, das war mein Privileg. Es würde nicht mehr »nur ein Augenblick« sein können, wie sie angekündigt hatte, alles zieht sich sogleich in die Länge oder verwickelt sich, oder alles neigt dazu, kleben zu bleiben, es ist, als bringe jedes Handeln seine Fortsetzung mit sich und als lasse jeder Satz einen Leimfaden in der Luft hängen, der sich nie durchtrennen läßt, ohne dabei noch etwas klebriger zu werden. Ich wundere mich oft, daß es auf alles eine Antwort gibt oder stets versucht werden kann, nicht nur auf die Fragen und das Unbekannte, sondern auch auf die Bestätigungen und das Gewußte, das Unwiderlegbare und die Gewißheit und das Zögern und die Blicke und sogar die Gesten. Alles beharrt und dauert für sich fort, auch wenn man beschließt, sich zurückzuziehen. Das hier würde in keiner Weise nur ein

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