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Dein Gesicht morgen: Tanz und Traum (German Edition)

Dein Gesicht morgen: Tanz und Traum (German Edition)

Titel: Dein Gesicht morgen: Tanz und Traum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Javier Marías
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spielte.
    »Warte, ich muß dich noch etwas fragen, vielleicht bist du über diese Dinge besser informiert als ich, ich habe keine Ahnung. Hast du von einem kosmetischen Produkt gehört, einem künstlichen Implantat oder was weiß ich, es soll eine Injektion sein, fällt schwer, das zu glauben, es heißt Bottox?«
    Ich wollte es herausfinden, obwohl es nicht von Belang war, aber darüber hinaus vermied ich damit, ihr zu antworten, am Ende hatte sie ein wenig im Ernst gefragt (»Jetzt im Ernst«, hatte sie gesagt, und sie schien es zu sein), und ich würde ihr nichts erzählen, nicht nur, weil es lang war und meine Sache, sondern weil die Erzählung enttäuschend für sie sein würde und sie vor allem nicht mehr beunruhigt wäre, wenn sie sie gehört hätte. Ich hatte bemerkt, daß sie leicht beunruhigt war. Nicht gerade besorgt, das wäre noch besser gewesen, dann hätte ich ab und zu in ihre Gedanken zurückkehren können, einige Tage lang. Ja, ihre Neugier und ihre Ungeduld waren geweckt, ich hatte sie nicht mit dieser Absicht angerufen, aber nun war es so gekommen. Ja, plötzlich hatte sie an meinen Dingen teilhaben wollen, wie in den alten Zeiten. Es war kurz gewesen, nur eine Minute (ach, immer steht etwas aus, immer kommt noch etwas, eine Minute, die Lanze, eine Sekunde, das Fieber, und noch eine Sekunde, der Traum, und ein wenig mehr, für den Tanz – die Lanze, das Fieber, mein Schmerz und das Wort, der Traum, und noch ein wenig mehr, für den letzten Tanz –), sie hatte meine Nachforschungen oder meine Abenteuer teilen wollen, ohne überhaupt zu wissen, was für welche es waren, wie früher. Weh mir oder wehe dem, der ich damals war, ich empfand es wie einen Triumph, auch wenn er so kurz war. Oder eher als Seligkeit, ein Geschenk, eine stolze Leistung, einen vanto . Sicher war, daß sie einige Tage lang in meine Gedanken zurückkehren würde nach diesem Gespräch, und das nicht ab und zu, sondern die ganze Zeit. Aber ich konnte nicht nach Hause zurückkehren und auch nicht daran denken, also wären es nur wenige Tage, notgedrungen und glücklicherweise. Sie würden so lange dauern, bis mir abermals abhanden käme, was mir von neuem gegenwärtig geworden war, daß Luisa noch nicht zu mir sagen würde: »Komm, komm, ich habe mich vorher so geirrt. Nimm wieder diesen Platz an meiner Seite ein, hier ist dein Kissen, das schon ohne Spur ist, ich habe nicht verstanden, dich zu sehen. Komm. Komm zu mir. Hier ist niemand, komm zurück, mein Gespenst ist fort, du kannst seinen Platz einnehmen und sein Fleisch vertreiben. Es hat sich verflüchtigt, seine Zeit schreitet nicht voran. Was war, ist nicht mehr gewesen. Dann also, vermute ich, bleib für immer hier.« Ja, auch diese Nacht würde vorbeigehen, und sie hätte es noch immer nicht gesagt.

E s war De la Garza gewesen, aus dessen Mund ich das Wort Bottox gehört hatte, während wir in der geräumigen Behindertentoilette auf Tupra warteten, der mir befohlen hatte, mit dem Attaché dorthin zurückzukehren, ihn dorthin zu bringen und seiner zu harren, er würde kommen, sobald er die Dame wieder beim Ehemann abgeliefert hätte, Rafita in diesen leeren Raum zu bringen und ihn dort zurückzuhalten oder zu unterhalten, bis Tupra wieder zu uns stoßen würde, jetzt übernahm lieber er selbst die Sache, das war klar, er mußte mich für dumm und langsam und alles andere als praktisch in Notfällen halten, vielleicht auch für wenig zupackend. Ich hatte, so glaube ich, nicht mehr als fünf Minuten gebraucht, um nacheinander in die drei Toiletten hinein- und wieder hinauszugehen, aber das waren sicher zu viele für einen, der es sich zur Norm gemacht hatte, keine Mißhelligkeiten zu dulden.
    Nach Verlassen der Damentoilette hatte ich mich der frenetischsten und vollsten Tanzfläche genähert. Dabei sah ich, wie Tupra oder Reresby von seinem Tisch aus auf mich zukam, wobei er sich geschickt den Weg durch die Nachtschwärmer bahnte – er verstand es, ihnen auszuweichen und sich auf diese Weise nicht mit ihrem parfümierten Schweiß zu besudeln –, er hatte Manoia wohl allein gelassen, es war ihm bestimmt nicht recht gewesen, das tun und damit sein Überzeugen oder Vorschlagen unterbrechen zu müssen, sein Blick war wachsam, so wie der meine, als wir uns gleichzeitig erblickten, gewahrte ich in seinem ein Funkeln, halb Vorwurf, halb Verständnislosigkeit (»Wieso sind sie noch nicht bei dir, du hast sie noch nicht gefunden, ich habe dich gebeten, die Sache zu

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