Dein Glück hat mein Gesicht (Junge Liebe) (German Edition)
einem größeren Artikel
über die Anderson-Creation.
Lächelnd blätterte Peter weiter, und seine Augen
leuchteten, als er Folgendes vorlas:
„... somit überzeugte die elegante und zugleich raffinierte
Mode in allen Variationen. Und auch in diesem Jahr liegt die
Anderson Creation mit ihrem Trend weit vorn in der
Modebranche ...“
Neal tauschte einen flüchtigen Blick mit seiner
Schwester aus. Sie mussten beide lächeln, denn es war
immer wieder von Neuem amüsant zu sehen, wie sich ihr
Vater über berufliche Erfolge freute.
Aber seine Miene verdunkelte sich abrupt, als er eine
Seite weiter blätterte und einen anderen Artikel überflog.
Dann senkte er die Zeitung, um seinen Sohn prüfend
anzusehen.
„Was hat das zu bedeuten?”, fragte er ernst, dabei auf
ein Bild deutend, welches am Ende des Berichts abgedruckt
war. Es zeigte Neal, wie er seine Schwester umarmte und
dabei auf den Mund küsste.
Dick und fett stach die Überschrift ins Auge: „Ist der Ruf
erst ruiniert ...“
Neal reckte seinen Hals, und als er das Foto sah, riss er
die Zeitung sofort an sich. Fassungslos las er die Zeilen.
„... Schon immer fiel der Sohn der Andersons durch
seine Andersartigkeit auf. Statt in die Firma seiner Eltern
einzusteigen, vergnügt sich der 23-jährige Neal lieber auf
Studenten- und Homoparties, wobei ihm in einigen Kreisen
deutliche Neigungen zum selben Geschlecht nachgesagt
werden. Mode interessiert ihn wenig, stattdessen arbeitet er
an seiner Karriere als Musiker, wobei man sich fragt, warum
er denn eigentlich den Studiengang Architektur eingeschlagen hat. Gestern dann ein erneutes flegelhaftes
Verhalten: Inmitten der Präsentationen der Anderson Firma
flirtet er mit seiner fünfzehnjährigen Schwester Francesca
und küsst sie zur Krönung zärtlich auf den Mund. Wie weit
geht diese Geschwisterliebe?“
Neal schluckte trocken. Seine Hände zitterten, als er die
Zeitung losließ. Verunsichert sah er seinen Vater an.
„Das ist doch Quatsch!“
Nun nahm Francis die Zeitung an sich. Schon nach
wenigen Sekunden leuchteten ihre Wangen rot. Ohne
Aufforderung, versuchte sie sich zu verteidigen.
„Das war kurz nach meinem Auftritt. Neal hat mir nur
gesagt, wie gut ich war.“
„Und dann küsst er dich auf den Mund?“ Peter war
entsetzt. „Ich habe auch eine Schwester, die habe ich in 50
Jahren kein einziges Mal so berührt!“
Er schlug mit der flachen Hand auf den Tisch, sodass
seine Kinder kurz zusammenzuckten.
„Ihr wisst genau, wie sehr wir in der Öffentlichkeit
stehen!”, fuhr er lauthals fort. „Muss denn so was sein? Was
wird bloß Stephanie dazu sagen!?“
Unwirsch drehte er sich zu den anderen Zeitungen,
begann sie zu durchblättern – und in jeder las er dasselbe.
Lob für die Anderson Firma – Skandal um den Kuss.
Peter stand inzwischen der Schweiß auf der Stirn.
Totenstille herrschte im Raum, als er mit zitternder Stimme
wissen wollte: „Habt ihr mir dazu nichts weiter zu sagen?“
Sein Blick war prüfend, als er seine Kinder betrachtete.
Daraufhin stand Francis auf. Sie eilte aus dem Raum und
reagierte nicht einmal, als ihr Vater sie ermahnte, stehen zu
bleiben.
„Was hat das zu bedeuten?“ Er war sichtlich überfordert
mit der Situation.
Neal seufzte. Er wusste, dass es keinen anderen Weg
gab. Er konnte seinen Vater, auch wenn es nicht sein
leiblicher war, nicht belügen. Früher oder später hätte er die
Wahrheit vielleicht selbst erfahren.
„Ich empfinde viel für Francis“, sagte er gefasst, ohne
Peter jedoch in die Augen zu sehen. „Und sie auch für mich.“
Sein Vater öffnete sprachlos den Mund, doch keine Silbe
kam heraus. Er war sichtlich schockiert, schüttelte ungläubig
den Kopf.
„Das kann doch nicht sein ...?“
Aber Neal nickte. „Doch, es ist so. Ich habe mich lange
dagegen gewehrt, doch Gefühle kann man bekanntlich nicht
einfach abstellen.“ Er seufzte tief. „Ich hätte es dir schon viel
eher sagen sollen.“
Es klang unzufrieden, denn Neal wusste, dass er seinem
Stiefvater so gut wie alles anvertrauen konnte. Zu ihm hatte
er Vertrauen, und sie beide hatten schon die ein oder andere
Sache besprochen, ohne Stephanie eingeweiht zu haben. Es
war jedes Mal eine gute Entscheidung gewesen.
Doch nun war die Angelegenheit mehr als heikel, und
Neal sah seinem Vater an, wie sehr ihn diese Neuigkeit traf.
Ich hätte mit dem Mist gar nicht erst anfangen sollen!,
dröhnte es in Neals Schädel.
Peter stand wenige Minuten stillschweigend
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