Dein Glück hat mein Gesicht (Junge Liebe) (German Edition)
willst du denn damit?“ Sein Gesicht zeigte blankes
Entsetzen. In Sekundenschnelle formierte sich jedoch die
Antwort in seinem Geist; die Ursache, die Folge, das, was ihn
erwarten könnte ...
Und ihre Antwort blieb nicht lange aus. „Ich habe meine
Tage nicht bekommen“, sagte sie leise, fast flüsternd. Erst
jetzt traute sie sich, ihren Bruder anzusehen. Doch sie sah
ängstlich aus, als würde sie eine große Strafe erwarten.
Neal schluckte trocken. Er schloss die Tür hinter sich.
Obwohl seine Eltern nicht da waren, verspürte er nun eine
noch größere Wachsamkeit als sonst.
Seine Knie waren inzwischen weich geworden. Seine
Hand konnte die Schachtel mit dem Test kaum halten.
Wortlos setzte er sich mit auf das Bett. Es schien, als hätte
es ihm absolut die Sprache verschlagen. Sie sah, wie er
nachdachte, wie er sich unschlüssig war, wie er reagieren
sollte. Zu Francis’ Erstaunen blieb er relativ ruhig.
„Wie lange?”, wollte er wissen, dabei drückte er nervös
auf der Schachtel herum.
„Fast zwei Wochen“, sagte sie. Sie senkte den Kopf, als
wäre es ihr peinlich.
„Kann das nicht mal vorkommen?”, fragte Neal
daraufhin. Doch seine Schwester schüttelte sofort den Kopf.
„Bei mir war das immer pünktlich.“
Neal nickte. Er sah plötzlich unheimlich erwachsen aus,
wie um Jahre gealtert. Er stand wieder auf, ließ den Test auf
dem Bett liegen und machte ein paar Schritte. Seine Stirn
legte sich in Falten.
„Aber du hast doch die Pille genommen, hast du gesagt“,
startete er einen erneuten Versuch, den fatalen Verdacht
einer Schwangerschaft aus dem Weg zu räumen. „Du warst
doch beim Arzt, oder nicht?“
Fragend sah er seine Schwester an, die sich kaum zu
rühren wagte. Sie haderte mit der Antwort.
„Ja, schon.“ Unglücklich sah sie auf. „Ich hatte sie mir
besorgt.“
„Ja, und?“ Neals Stimme wurde lauter. Die Unsicherheit
in ihm wurde immer größer.
„Man muss mit der ersten Pille anfangen, wenn die
Monatsblutung beginnt“, erklärte Francis. „Aber da ich ja gar
keine Blutung hatte, konnte ich damit auch noch nicht
anfangen.“
Neals Mund öffnete sich. Er konnte nicht glauben, was
er hörte.
„Aber du hast doch gesagt ...“ Er suchte händeringend
nach Worten. „Ich dachte ...“
Fassungslos drehte er sich von ihr weg.
Das darf nicht wahr sein!, schoss es durch seinen Kopf.
Bitte nicht!
Sein Herz klopfte aufgeregt. Ihm wurde schlecht.
Schweißperlen machten sich auf seiner Stirn bemerkbar. Der
anfängliche Schock war überwunden und nun spürte er nur
noch Angst – und plötzlich auch Wut.
„Ich dachte die ganze Zeit, du nimmst sie schon. Bist du
noch zu retten?“ Er verbarg sein verzogenes Gesicht, indem
er aus dem Fenster sah.
„Wenn du dich alt genug fühlst, um mit einem Mann zu
schlafen, dann musst du auch fähig sein, dich um die
Verhütung zu kümmern!“
Er schrie diesen Satz fast hinaus und empfand es als
befreiend. Er hatte nicht vor, seine Schwester zu
beschimpfen, und doch merkte er, dass er seine Energie
nicht anders loswerden konnte.
„Du hast dich ja auch nicht gekümmert!”, bekam er zur
Antwort. Es klang trotzig. Da rastete Neal aus. Aufgebracht
drehte er sich wieder um.
„Hör mal zu!”, schrie er seine Schwester an. „Nebenan
habe ich Dutzende Kondome. Wer von uns beiden hatte
denn ein Problem damit, die zu benutzen?“
Francis wich seinem Blick aus. Ihre Hand fuhr über ihre
Augen. Sie begann zu weinen. Augenblicklich stellte sich bei
Neal ein schlechtes Gewissen ein. Er kam auf sie zu und
drückte sie an sich. „Mensch, du hättest doch mit mir reden
können.“
Was anderes konnte er nicht von sich geben, und
schließlich erhob er sich wieder. Die Unruhe in ihm war zu
groß. Erneut nahm er den Test in die Hand.
„Wir sollten den erst mal machen ... Vielleicht ist ja auch
nichts.“
Francis nickte still. Zusammen gingen sie in Neals
Badezimmer, dort nahm er ein Zahnputzglas, wusch es aus
und hielt es seiner Schwester entgegen.
„Hier rein und dann sehen wir weiter.“
Ihre Hand zitterte, als sie das Glas entgegen nahm.
„Bleibst du hier?“
Neal atmete aus. „Ich mache den Test, aber pinkeln
musst du schon alleine.“
Er küsste sie auf die Stirn und versuchte ein Lächeln.
„Das wird schon schief gehen.“
Als er das Bad verließ, war sein Gesicht wie versteinert.
Ungeduldig sah er aus dem Fenster. Immer wieder stellte
sich ihm die Frage, was sie machen sollten, wenn ...
Hatten sie nicht schon
Weitere Kostenlose Bücher