Dein göttliches Herz versteinert (German Edition)
Vampiren.«
Sebastian starrte mich unverwandt an. Er schien sich von dem, was gleich geschehen würde, zu distanzieren, indem er sich auf mich konzentrierte. Ich konnte nicht wegsehen, ich wollte nicht wegsehen, nicht jetzt, wo er mich brauchte.
Ich saß da, bohrte meine Fingernägel in meine Handballen und hatte Tränen in den Augen. Ich hatte Macht, aber ich war eine Versagerin, weil ich sie nicht kontrollieren konnte, mich nicht genug konzentrieren konnte, um sie zu wecken.
Athene tätschelte mir den Arm. »Das ist schon okay, kleine Gorgo. Du bist doch noch ein Baby. Niemand erwartet, dass du ihn rettest. Außerdem wird er gleich nicht mehr gerettet werden wollen.« Sie lachte leise.
Blanker Hass wallte in mir auf, heftiger und bösartiger als alles, was ich bis jetzt erlebt hatte. Und er weckte das Monster in mir. Ich schloss meine Augen und konzentrierte mich auf das, was in mir geschah.
»Beruhige dich, Gorgo«, zischte Athene in mein Ohr, »sonst verpasst du das Beste.«
Ich hätte die Augen nicht öffnen soll. Dadurch verlor ich das kleine bisschen Kontrolle, das ich über meine Macht hatte.
Zaria schlang von hinten einen Arm um Sebastians Brustkorb und den anderen um seine Stirn, sodass sein Kopf nach hinten gebeugt war. Und dann schlug sie ihre Fangzähne in seinen Hals.
Ein Stöhnen drang durch die Halle. Ihr Stöhnen. An Sebastians bleicher Haut rann Blut hinunter. Er blinzelte kurz, als sie zubiss, dann starrte er wieder mich an.
Mein Herz hämmerte so schnell, dass mir schwindlig wurde. Ich musste mich am Tisch festhalten, um nicht vom Stuhl zu fallen.
Die Wesen in der Halle beobachteten das Ganze fasziniert. Einige aßen langsam weiter, während Zaria trank, so lange, dass es mir wie eine Ewigkeit vorkam.
Ich konnte nicht essen, ich konnte nichts anderes tun als zusehen. Als sie mit blutverschmierten Lippen den Kopf hob, glühten ihre Augen. Das Licht in Sebastians Augen wurde schwächer, sein Blick verließ mich.
Er war so weiß wie der Marmor an den Wänden geworden. Ich begann zu weinen.
Zaria setzte sich hin und zog Sebastian auf ihren Schoß. Er sah zu ihr auf. Sie küsste ihn sanft, bevor sie eine Frau zu sich winkte, die in der Nähe stand – der Kleidung nach zu urteilen eine Dienerin, die von Zaria verzaubert worden war. Die Dienerin betrat die Holzplatte, sank auf die Knie und hielt Zaria ihr Handgelenk hin. Die Vampirin zog ihren Fingernagel über die Haut der Dienerin. Blut floss über bleiche Haut.
Zaria nahm das Handgelenk der Frau und hielt es Sebastian unter die Nase, sie drängte ihn dazu, davon zu trinken, ließ das Blut über ihre Arme und an seinem Kinn herunterlaufen, sodass es auf sein T-Shirt tropfte.
Die Frau musste menschlich sein, ihr Blut noch verlockender …
Ich konnte Sebastians Zittern sogar aus der Entfernung erkennen. Die Ketten klirrten. Mein Körper war zu Stahl geworden, jeder Muskel so gespannt, dass es wehtat. Ich wünschte, ich könnte ihm helfen, dem Blut zu widerstehen.
Doch ich wusste, dass das Verlangen in ihm war. Er hatte mir gesagt, dass jeder Vampir diesen Durst nach Blut verspürte, ob Blutgeborener, Taggeborener oder – wie er – Nebelgeborener.
Dieses Verlangen wurde jetzt in ihm geweckt, ob er wollte oder nicht.
Athene zwang ihn dazu, etwas zu tun, was er nie hatte tun wollen. Wenn er ein Mal Blut getrunken hatte, würde er sich nie wieder ändern können. Er wollte nie ein Arnaud sein, wollte nie ein Vampir sein, wie die Familie seiner Mutter.
Mir und, wie es schien, allen anderen Anwesenden stockte der Atem, als Sebastian das Handgelenk der Frau packte. Seine Augen glänzten, sein Gesicht war schmerzverzerrt. Sie zuckte zusammen. Und dann stieß er ihren Arm weg. Er weigerte sich, das zu nehmen, was sie ihm anbot, und brach in Zarias Armen zusammen.
Zwanzig
D ie nächsten beiden Abende musste ich zusehen, wie Zaria und ihre Dienerin Sebastian in Versuchung führten.
Danach wurden wir wieder in unsere Zellen gebracht. Sebastian sank an der hinteren Wand in sich zusammen, er atmete schwer und hatte fast kein Blut mehr in sich. Er wollte nicht mit mir reden, wollte nicht in meine Nähe kommen. Er hungerte, brauchte Nahrung und Blut und war so schwach, dass er den Bezug zur Realität verlor.
Auch ich wurde immer schwächer. Athene lud sich jeden Abend ihren Teller voll, doch mir gab sie nur einen Becher Wasser und ein Stück Brot. Ich schwankte zwischen Übelkeit und Entsetzen, während ich Sebastians grauenhafte Folter
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