Dein göttliches Herz versteinert (German Edition)
ihre Lippen so weit geöffnet waren, dass ihre winzigen Fangzähne im Licht schimmerten. Ich lächelte zurück und nickte ihr aufmunternd zu, während alles in mir aufschrie, weil ich zu ihr gehen und sie beschützen wollte.
»Bleib ruhig«, fuhr Menai mich an, während sie ihre Fingernägel in meinen Arm krallte.
Sie hatte recht. Ich musste die Unbeteiligte spielen. Ich musste die Halle auskundschaften, die Wächter finden, die Fluchtmöglichkeiten einschätzen und –
Sebastian.
Er stand hinter Athene, die Hand auf die Lehne ihres Stuhls gelegt. Er starrte mich an. Er hatte mich die ganze Zeit angestarrt, wie mir jetzt klar wurde. Mit einem leeren, grauen Blick, den ich nicht deuten konnte.
Sebastian sah frisch und sauber aus. Er sah besser aus als je zuvor. Das natürliche Rot seiner Lippen war noch dunkler geworden, seine grauen Augen strahlten heller, seine Haare waren schwärzer und glänzender, sie schimmerten wie schwarzer Satin. Er strahlte die ganze gequälte Schönheit eines Dichters, die ganze Macht und Eleganz eines Lamarliere, die ganze Härte und Kreativität eines Musikers aus. Und jetzt konnte er der Liste seiner Vorzüge auch noch hinzufügen, dass er ein Bluttrinker war.
Zwei Götter – jedenfalls hielt ich sie aufgrund ihres Aussehens für Götter – mit majestätischer Haltung und Kleidung im griechischen Stil saßen zur Rechten Athenes, während eine sonderbar aussehende Frau auf dem Stuhl links von ihr Platz genommen hatte. Ihre Haut hatte zwei verschiedene Farben, auf der rechten Seite ein geisterhaftes Weiß, auf der linken ein tiefes Schwarz. Das helle Graublau ihrer Augen wurde durch die unterschiedlichen Farben noch betont.
Athene setzte ihren Becher ab und stand auf. In ihrem dunkelgrünen Overall aus der Haut des Titanen Typhon sah Sie wunderschön und unbeschreiblich grausam aus. Sie wollte mit ihrer Kleidung keinen Eindruck machen, sie wollte damit allen Angst einjagen. Das Reptilienleder lebte und bewegte sich an ihrem Körper, reglos in einem Moment, kriechend im nächsten. Diesen Overall hatte die Göttin auch getragen, als wir das erste Mal in Josephine Arnauds Ballsaal aneinandergeraten waren.
Die Haare trug Sie offen, einige Strähnen waren zu kleinen Zöpfen geflochten. Ihr schwarzes Augen-Make-up schimmerte grau, was das Grün ihrer Augen nur noch mehr strahlen ließ. Athene klatschte in die Hände. Die Musik hörte auf zu spielen, in der Halle wurde es still. »Unsere Abendunterhaltung ist soeben eingetroffen.«
Dreiundzwanzig
D ie Gäste klatschten Beifall und klopften mit ihren Bechern auf die Tische. Athene genoss die Aufmerksamkeit und den Tumult, doch nur für einen Moment. Sie bat um Ruhe. »Zur Feier meines Panathenäums gebe ich euch« – Sie winkte den drei Göttern zu und bedachte mich dann mit einem mütterlichen Lächeln – »die Gorgo. Na ja, eigentlich ja eine kleine Gorgo.«
Die beiden Götter rechts von ihr wurden blass und sahen sich verwirrt und verängstigt an. Die andere Göttin schien keine Reaktion zu zeigen. Genau wie Sebastian, der völlig ruhig und anscheinend unbeeindruckt blieb.
»Athene«, sagte ein blonder Gott. »Du bringst uns eine Gottesmörderin?«
»Keine Sorge, Bruder. Sie ist noch nicht voll entwickelt. Ich bringe sie lediglich als Zeichen meines … guten Willens vor euch.« Die Lüge kam Athene ganz leicht von den roten Lippen; es war mehr als nur eine Demonstration ihrer Stärke. Wenn Sie die Gottesmörderin in ihrer Gewalt hatte, war das für die anderen Götter noch mehr Grund, Sie zu fürchten. Allerdings schien Athene dabei der Einfachheit halber zu vergessen, dass Sie diejenige war, die die Gorgonen aus Versehen geschaffen hatte, dass Sie uns die Fähigkeit gegeben hatte, Götter zu töten.
Athene war so ein Miststück. Ich fragte mich, ob ich die Einzige war, die ihre Lügen und Selbstdarstellung durchschaute.
»Ich dachte, es würde euch Spaß machen, dabei zuzusehen, wie sie sich meiner Herrschaft unterwirft. Die Gefahr durch die Gottesmörderin ist endgültig vorbei.«
Meine Finger lockerten sich und ballten sich dann zu Fäusten. Ich stand hier nicht nur einem, sondern gleich vier Göttern schutzlos ausgeliefert gegenüber. Genau genommen war die Halle voller Wesen, die mich innerhalb von Sekunden in Stücke reißen konnten.
Ich würde bis zum Schluss kämpfen. Da war ich mir ganz sicher, und ich würde alles geben, um meine Hände um Athenes Hals zu bekommen.
Doch der zufriedene Ausdruck auf Athenes
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