Dein ist das Leid (German Edition)
Taten verantwortlich, nicht für die von irgendwelchen anderen Leuten.“
Amanda konnte nur mit Mühe ihren Abscheu verbergen. „Das ist doch selbstverständlich“, sagte sie gezwungen. „Und ich weiß, wenn du irgendwelche Informationen über Paul hättest, dann würdest du die nicht für dich behalten.“
„Natürlich nicht.“ Fenton stand jetzt ganz entspannt da. Er fühlte sich auf sicherem Gelände. „Und dir geht es den Umständen entsprechend gut?“
„Mal so, mal so.“ Den Schmerz in ihrer Stimme musste Amanda nicht vortäuschen. „Justins Zustand ist sehr ernst. Er ist sowieso schon krank, und er wird immer kränker. Kein Antibiotikum der Welt kann ihn wieder gesund machen, solange er kein eigenes Immunsystem hat.“
„Ich weiß.“ Fenton wirkte ernsthaft besorgt, und das war er auch – allerdings aus den falschen Gründen. Er räusperte sich. „Aber wie ich sagte, du wirst schon einen Spender finden. Deshalb möchte ich ja über Justins Zukunft mit dir reden – besonders jetzt, wo ich eine Weile weg sein werde.“
„Weg?“ Amanda musterte ihn fragend. „Wo willst du denn hin?“
„Ich muss geschäftlich verreisen. Verträge für verschiedene maritime Großprojekte an beiden Küsten sind in Vorbereitung.“ Er zögerte. „Wie auch immer, solche Dinge haben dazu geführt, dass ich mir über die Zukunft meines Firmenimperiums Gedanken mache. Deshalb habe ich in meinem Testament bestimmte Veränderungen vornehmen lassen.“
„Ich möchte kein Geld von dir, Onkel Lyle.“ Das rutschte Amanda heraus, bevor sie sich davon abhalten konnte. „In deiner Welt mag Geld ein Allheilmittel sein, aber in meiner ist es das nicht.“
„Es ist nirgends ein Allheilmittel, aber hilfreich ist es schon. Um dich geht es auch gar nicht, auch wenn du gut versorgt sein wirst.“ Fenton wandte den Blick nicht ab. „Für Justin habe ich zwei unterschiedliche Treuhandfonds eingerichtet, und bis er erwachsen ist, hast du Zugriff auf beide. Der erste ist dafür da, sämtliche medizinischen Kosten zu tragen, die sich noch ergeben könnten. Du wärst verblüfft, wenn du wüsstest, was die Versicherung alles nicht abdeckt. Der zweite ist für seine Ausbildung – Universität oder was sich sonst ergibt. Dabei handeltes sich um eine beträchtliche Summe.“
Auf so etwas war Amanda nicht vorbereitet. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Einerseits behagte ihr die Vorstellung gar nicht, irgendetwas von ihrem Onkel anzunehmen. Andererseits war das Geld ja für Justin gedacht. Ideale waren eine Sache, das wirkliche Leben war etwas ganz anderes. Wenn jemand das in den letzten Wochen lernen musste, dann sie.
Aber wenn es schmutziges Geld war …
„Vielen Dank“, sagte sie schlicht. „Das ist sehr großzügig von dir. Aber ich muss darüber nachdenken.“
„Da gibt’s nichts mehr nachzudenken. Es ist alles längst erledigt. Und um Großzügigkeit geht es auch gar nicht.“ Fenton war offenbar noch nicht fertig. „Es geht um Blutsverwandtschaft. Justin ist dein Sohn und damit auch mein Großneffe. Er ist die Zukunft meiner Firmen.“
Amanda blinzelte. „Wie bitte?“
„Ich werde ihm mein ganzes Imperium hinterlassen“, erklärte Fenton geradeheraus. „Ich habe keine Kinder, keine Enkel, aber ich habe einen Großneffen. Und ich besitze ein Firmenimperium, das ich aus dem Nichts aufgebaut habe. Das ist mein einziges Vermächtnis. Ich möchte, dass es in der Familie bleibt. Also hinterlasse ich es Justin.“
Darauf reagierte Amanda unmittelbar. „Das ist doch völlig übertrieben“, sagte sie. „Außerdem ist es unrealistisch. Wir können doch gar nicht wissen, was Justin später einmal für Ziele oder Interessen haben wird. Vielleicht hat er gar nicht den Wunsch, ein Geschäftsmogul wie du zu werden. Falls doch, kann er vielleicht nichts damit anfangen, Kanäle auszubaggern oder Häfen und Docks zu bauen. Mit so einer Verantwortung will ich ihn nicht belasten.“
Fenton sog scharf die Luft ein. „Das ist doch keine Verantwortung. Es ist ein Geschenk. Wenn ich es Justin nicht hinterlasse, bleibt es eben ein Teil meines Vermögens, das ihr beide sowieso erben werdet. Aber ich möchte lieber glauben, dass dein Sohn mein Firmenimperium einmal weiterentwickelt – selbst wenn er sich dafür entscheiden sollte, nicht aktiv an der Geschäftsleitung teilzunehmen. Eigentlich ist es auch gar kein Geschenk, sondern ein Gefallen, um den ich dich bitte. In gewissem Sinn sind meine Firmen meine einzigen Kinder.
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