Dein ist das Leid (German Edition)
und schritt entschlossen zum Fahrstuhl.
„Agent Hutchinson hat mir erklärt, ich soll hier bei Ihnen bleiben“, sagte Amanda. „Weil jemand Verdacht schöpfen könnte, wenn ich Paul nicht von der Seite weiche.“ Sie sah Paul beunruhigt hinterher. „Ich wünschte, ich könnte mit ihm gehen. Ich wünschte, sie könnten ihm das Resultat sofort mitteilen. Ich wünschte …“ Sie unterbrach sich und schüttelte den Kopf. „So etwas sollte ich gar nicht erst denken. Ich bin Ihnen einfach dankbar, dass Sie Paul gefunden haben, und tief in meinem Innern glaube ich, das ist ein gutes Zeichen. Ich muss jetzt positiv denken und mich um Justin kümmern.“
„Mit dieser Strategie sind Sie ja bis jetzt auch gut gefahren“, bekräftigte Marc.
„Da haben Sie recht.“ Amanda wechselte das Thema. „Bis jetzt hatten wir gar keine Gelegenheit, miteinander zu reden. Aber jetzt haben wir etwas Zeit. Welche Schuld trägt denn mein Onkel? Wie sieht es in dieser Hinsicht aus?“
„Amanda, hören Sie mir zu.“ Casey ergriff entschlossen das Wort. „Sie sind eine sehr intelligente Frau. Sie verstehen sicher, dass es bei dieser Sache um viel mehr geht, als wir alle bis vor Kurzem angenommen haben. Wir sollten dankbar sein, dass Paul sich als einer von den Guten erwiesen hat.“
„Das beantwortet meine Frage nicht.“ Amanda blickte sie weiterhin unverwandt an. „Aber ich muss es wissen. Paul ist also in Wirklichkeit ein Undercover-Agent des FBI, der auf einen wichtigen Fall angesetzt war. Wer hat uns denn ständig beobachtet? Waren das andere Agenten, die verhindern wollten, dass Sie Paul finden?“
„Zum größten Teil, ja. Sie wollten uns im Auge behalten, um festzustellen, wie wir vorankommen. Dieser Anruf, der Ihnen so Angst gemacht hat, kam auch vom FBI.“
„Zum größten Teil“, wiederholte Amanda. „Na ja, das FBI würdeja nicht so weit gehen, uns umbringen zu wollen, also muss die Gefahr, die Sie gespürt haben, von jemand anders ausgegangen sein, zum Beispiel vom organisierten Verbrechen.“
Niemand antwortete ihr.
„Was immer Sie mir nicht sagen wollen, es hat mit meinem Onkel zu tun“, stellte Amanda fest. „Was hat er getan?“
„Viele Dinge“, erwiderte Marc geradeheraus. „Aber noch dürfen wir Ihnen nichts davon sagen. Und Sie dürfen auch weiterhin nicht mit Ihrem Onkel darüber sprechen. Wir haben Paul gefunden und hierhergebracht. Aber das ist uns nicht ohne Hilfe gelungen. Jetzt müssen wir den Wunsch des FBI respektieren, ihre Ermittlungen nicht zu gefährden. Sobald die ganze Sache an die Öffentlichkeit dringt und Festnahmen durchgeführt worden sind, können wir darüber reden, und Sie bekommen sicher reichlich Gelegenheit, Ihren Onkel mit Vorwürfen zu überschütten. Bis dahin brauchen Sie lediglich zu wissen, dass er mehr als nur ein Verbrechen begangen hat. Aber er wusste tatsächlich nicht, dass Paul noch am Leben war, und er hat nichts unternommen, ihn von Ihnen und Justin fernzuhalten. Belassen wir’s fürs Erste dabei.“
Amanda atmete sichtbar aus und musterte Marcs Gesicht, das wie immer völlig ausdruckslos blieb. „Na schön. Ich belästige Sie nicht mehr mit Fragen. Aber die Vorstellung macht mich ganz krank, dass mein eigener Onkel etwas getan haben könnte, weswegen Paul verschwinden musste. Paul Everett “, verbesserte sie sich kopfschüttelnd. „Dieser Mann ist tatsächlich für immer verschwunden. Aber Paul Evans ist jetzt hier. Und er wird nicht wieder untertauchen. Was immer sonst noch passieren mag, Justin wird nicht ohne Vater aufwachsen müssen. Aber sobald Sie die Erlaubnis vom FBI bekommen, will ich alles wissen, was mein Onkel verbrochen hat. Dann werde ich ihm sagen, was ich von ihm halte.“
„Solange Sie das nicht jetzt tun.“ Marc ließ keinen Zweifel daran, dass dies nicht nur eine Bitte war. Es war ein Befehl.
Amanda hob überrascht das Kinn. Bisher hatte Marc noch nie in einem so scharfen Tonfall mit ihr gesprochen.
Nun erkannte sie den Grund dafür.
Marc blickte ihr über die Schulter. Amanda drehte sich um und erblickte ihren Onkel Lyle, der den Wartebereich betrat, offenbar um Justin zu besuchen.
„Lassen Sie sich nichts anmerken, Amanda“, wies Marc an. „SeienSie meinetwegen kühl und distanziert zu ihm. Aber verraten Sie sich nicht – das könnte Paul gefährden.“
Amanda nickte. Sie holte ein paar Mal tief Luft, dann trat sie auf ihren Onkel zu.
Patrick wollte ihr instinktiv folgen.
Marc hielt ihn am Arm fest. „Lass sie.
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