Dein ist das Leid (German Edition)
Telefonagenten einfliegen lassen,oder wir geraten in echte Schwierigkeiten. Streich das, wir sind schon in Schwierigkeiten.“
„Ryan, beruhige dich.“ Casey warf das Handtuch zur Seite. „Wo bist du? Und was hat Amanda getan?“
„Ich bin unten. Komm runter, und sieh es dir selber an. Dann musst du sofort eine Zeitarbeitsfirma anrufen – oder wen immer du in solchen Fällen anrufst –, damit Leute kommen, die die verfluchten Anrufe entgegennehmen können.“
„Bin sofort da.“
Casey war bereits angezogen. Sie schnappte sich ihr BlackBerry und rannte die vier Stockwerke runter in den Keller. Ryan stand hinter seinem Tisch, eindeutig überfordert von all den roten Lichtern, die in seiner Höhle gleichzeitig aufblinkten.
„Yoda hat mich alarmiert“, erklärte er. „Die Telefonleitungen glühen. Hier, sieh dir an, weshalb.“ Er winkte sie heran.
Sie lief zu ihm und starrte auf den Monitor, während er auf YouTube ging und das Video aufrief.
Amanda war deutlich zu erkennen. Sie stand in einem Flur der Intensivstation der Pädiatrie des Sloane-Kettering-Krankenhauses, vor der Glasscheibe, hinter der Justin in seiner Krippe lag, der Vorhang war offen. Der Betrachter konnte das Baby sehen sowie die ganzen medizinischen Apparate, an denen es hing. Amanda erklärte mit brechender Stimme und unter Tränen, warum sie sofort einen Spender finden mussten. Sie hielt ein Foto von Paul in die Kamera und verkündete, er wäre der Vater des Kindes und der ideale Spender, aber er war verschwunden und wusste gar nichts vom Zustand seines Sohnes. Sie flehte alle Welt an, sofort anzurufen, wenn jemand irgendetwas über Paul Everett oder seinen Aufenthaltsort wusste. Am Schluss sagte sie, es ginge im wahrsten Sinne um Leben und Tod, und bat darum, ihr Kind zu retten.
Während des ganzen dreiminütigen Videos waren Name und Telefonnummer von Forensic Instincts unten eingeblendet.
„Verdammt.“ Casey fuhr sich mit der Hand durch das zerzauste Haar. „Ich kann nicht glauben, dass sie das tatsächlich gemacht hat.“
„Ich auch nicht. Also, was sollen wir jetzt unternehmen?“
Casey ging bereits die Kontakte auf ihrem BlackBerry durch. „Ich rufe den Ersten meiner Telefonkette der New York University an.“
Ryan kapierte sofort. Alle im Team wussten, dass Casey alle zweiWochen ein Verhaltensforschungsseminar für Psychologiestudenten an der NYU gab. „Telefonketten sind für abgesagte Seminare da“, rief er ihr ins Gedächtnis.
„Das stimmt.“ Casey fand die richtige Nummer und drückte auf „Verbinden“. „Aber die Studenten müssen vor Weihnachten ein paar praktische Stunden ableisten, und ich bin sicher, die meisten haben das auf die lange Bank geschoben. Jetzt kriegen sie eine tolle Gelegenheit, diese Stunden abzureißen und gleichzeitig einzigartige Erfahrungen in Bezug auf das menschliche Verhalten zu machen.“ Sie grinste. „Selbst wenn sie erst bei Morgengrauen nach einer Party oder nach dem Büffeln für die Semesterabschlussklausuren ins Bett gekommen sind.“ Sie hielt inne, lauschte. „Hi, Marcy. Casey Woods hier. Können Sie mir einen Gefallen tun?“
Eine Minute später legte sie auf. „Marcy ruft den Nächsten auf der Liste an. In diesem Seminar sitzen zehn Leute. Sieben oder acht von denen kommen bestimmt. Unser Server wird schon nicht explodieren. Aber ich vielleicht.“ Sie verzog das Gesicht. „Ich verstehe ja, dass Amanda verzweifelt ist. Aber das hätte sie mit uns absprechen müssen. Nicht bloß, weil sie unsere Nummer angegeben hat. Sondern vor allem, weil unsere ganzen Bemühungen, unsere Ermittlung nicht an die Öffentlichkeit dringen zu lassen, damit zum Teufel sind.“
Ryan fluchte. „Selbst wenn wir sie dazu bringen, das Video wieder zu löschen, es ist schon x-tausend Mal angeklickt worden. Das Kind ist bereits in den Brunnen gefallen.“
„Ganz bestimmt.“ Casey seufzte. „Na ja, jetzt wissen wir, was Claire da gestern gespürt hat.“
Ryan nickte widerwillig. „Ja, sogar ich muss zugeben, dass Claire-voyant richtiglag. Aber wenn du das ausposaunst, streite ich ab, es je gesagt zu haben.“
„Deine Rivalität mit Claire interessiert mich im Augenblick gar nicht.“ Caseys Gedanken rasten. „Ich bin nicht die Richtige, um mich mit Amanda zu beschäftigen. Jedenfalls jetzt nicht. Dazu bin ich zu wütend auf sie. Und ich will meine Praktikanten hier einweisen, bevor wir nach Southampton aufbrechen. Ich muss auf die Schnelle einen Fragebogen für sie
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