Dein ist der Tod
eine lila Jacke. Mit einem flauen Gefühl begriff Mia, wie einfach das zu bewerkstelligen war â und zugleich wie viel Planung die ganze Sache erfordert hatte.
»Vermutlich wurde die Aufnahme am Samstag im Zoo gemacht«, sagte Mia. »Da hatte Sam was Grünes an, aber ansonsten ist alles gleich. Er war ungefähr eine halbe Stunde lang weg, und es stellte sich raus, dass er mit einem Fremden mitgegangen war, der ihm einen Schokoriegel gegeben hat.«
Alexâ Miene verdüsterte sich. Zu ihren Aufgaben gehörte auch das Aufspüren von Kinderschändern, die sich im Internet rumtrieben, und Mia wusste, dass sie schon viele perfid gute Methoden entdeckt hatte, sich an Kinder ranzumachen.
»Das könnte gehen«, meinte Alex. »Die meisten Handykameras sind mittlerweile gut genug, sodass es Sam vielleicht gar nicht gemerkt hat, wenn er fotografiert wurde. Das würde auch erklären, warum du bei dem Anruf Sams Stimme gehört hast. Der Kerl könnte sie aufgenommen haben.«
»Meinst du damit, er könnte Sam meinen Namen rufen lassen?« Verblüfft lehnte sich Mia zurück. Sam hatte ihr nichts davon erzählt. Auch die Kindertherapeutin und der Sozialarbeiter hatten nichts Derartiges erwähnt.
»Vielleicht hat er sich in eurer Nähe herumgetrieben, als du mit Sam unterwegs warst. Da hätte er auch was aufnehmen können.«
Der Gedanke lieà Mia frösteln. Jemand hatte sie beobachtet, und sie hatte nichts bemerkt.
»Können wir die Nachricht zurückverfolgen?« Je länger Mia auf den Bildschirm starrte, desto wütender wurde sie. »Ich will wissen, wer das getan hat.«
»Ich auch. Auf alle Fälle war das genau geplant. Der Täter hat nicht nur Sam fotografiert, er musste auch rausfinden, in welche Schule er geht, und dorthin fahren und ebenfalls ein Foto machen. Da hat sich jemand viel Mühe gegeben, um dich einzuschüchtern.« Alex schwieg. »Hast du eine Idee, wer das gewesen sein könnte?«
Offensichtlich war Alex klar, dass sie nicht alles von Mia erfuhr. Aber solange die selbst nicht wusste, was vor sich ging, konnte sie sich auch nicht erlauben, jemand anderes ins Vertrauen zu ziehen als ihre Schwester.
Wenn Sie auch nur ein Wort davon sagen, ist Sammy tot .
Das Kidnapping mochte nur vorgetäuscht gewesen sein, aber die Drohung war nur zu real. Und wer sie ausgesprochen hatte, wusste auch um Mias Schwachstelle.
Alex wartete auf eine Antwort.
»Ich weià es nicht«, sagte Mia. »Vielleicht könnte ich es sagen, wenn ich wüsste, woher diese E-Mail kommt. Kannst du das rauskriegen?«
»Wahrscheinlich schon, aber das dauert ein bisschen. Dieses Foto-Composing wurde nicht einfach so zusammengeschustert. Das ist mit professioneller Software bearbeitet worden.«
»Ziemlich gut gemacht. Woran hast duâs gesehen?«
Mia und Alex fuhren gleichzeitig herum. Ben stand hinter ihnen und lehnte an einem Schreibtisch. Mia stöhnte innerlich auf. Sie hatte nicht das geringste Interesse daran, noch mehr Mitwisser zu haben.
»Der Schatten«, antwortete Alex.
Mias Neugier war stärker als die innere Stimme, die zur Vorsicht mahnte. »Welcher Schatten?«
»Ja, jetzt seh ichâs auch«, sagte Ben. »Gutes Auge.« Er beugte sich vor und deutete auf den Monitor. Mit seiner rahmenlosen Brille, der ausgewaschenen Jeans und dem ausgeleierten T-Shirt hätte er ein x-beliebiger junger Computernerd sein können. Aber nachdem Mia schon mehrmals mit ihm zusammengearbeitet hatte, konnte sie dieses nachlässige Outfit nicht mehr täuschen. Der Mann war überdurchschnittlich intelligent und ein absoluter Computervirtuose. »Siehst du das?« Er deutete auf Sams Gesicht. »Diese Schatten sind ganz scharf konturiert, das sieht aus, als wäre das Foto an einem sonnigen Tag im Freien aufgenommen worden. Dagegen sind die Schatten im Hintergrund viel verschwommener. Da ist nicht so viel Kontrast.«
Mia starrte das Bild an. Der Unterschied war nur minimal, aber nun sah auch sie ihn.
»Wer hat das überhaupt gemacht?«, fragte Ben. »Das ist echt gut.«
»Das würden wir auch gern wissen«, antwortete Alex. »Irgendwer hat dieses Bild zusammengebastelt und damit die Entführung des Jungen vorgetäuscht.«
Ben zog die Augenbrauen hoch. »Hoffentlich haben die Eltern nicht schon Lösegeld bezahlt.« Er sah Mia fragend an.
»Wir haben die
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