Dein Kuss in meiner Nacht
dann kann ich Cole nicht dazu bringen, mir die Koordinaten zu P77M zu verraten.«
Narjanas Portalbuilder, der gleichzeitig auch als Mobiltelefon fungierte, fing an zu piepsen. Narjana schaute auf das Display und fluchte leise.
»Verdammt! Was wollen die schon wieder?«
»Du solltest besser annehmen«, riet Uloup.
Mit einem Stirnrunzeln drückte Narjana auf den Annahmeknopf.
»Ja?«, fragte sie verärgert.
»Agent Marilla hier«, meldete sich eine Stimme. Es war Narjanas ärgste Erzfeindin.
»Was willst du?«, fragte Narjana unfreundlich.
»Ich habe dir mitzuteilen, dass das Komitee mit dir reden will. Ein Transport wird zehn Sekunden nach unserem Gespräch bereit sein.«
»Verstanden«, knurrte Narjana.
Der Transport, von dem Marilla sprach, war ein spezielles, von der Umbra gesteuertes Portal, das sie zum Komitee bringen würde. Es war unmöglich, auf einem anderen Weg zu den Ältesten der Umbra zu gelangen. Auf diese Weise waren die Drahtzieher der Umbra geschützt und konnten auch von den Shadowcastern nicht gefunden werden.
»Ich wünsche dir viel Glück«, sagte Marilla süßlich und Narjana schnaubte missbilligend.
»Ja klar!«, spottete sie. »Steck dir deine Glückwünsche sonst wohin, du falsche Schlange.«
Die Verbindung wurde unterbrochen und wenig später erschien das Portal. Mit einem Seufzer sprang Narjana hindurch.
***
Cole blieb stehen, als er spürte, dass mehrere Waffen auf ihn gerichtet waren. Er suchte die Baumwipfel mit seinen Augen ab, doch sie waren zu gut getarnt. Zwar konnte er niemanden sehen, doch er wusste, dass sie da waren.
»Ich bin gekommen, um mit eurem Häuptling zu verhandeln«, sagte er laut und deutlich.
»Der Häuptling hat aber heute keine Zeit für einen Handel«, erklang eine amüsierte Stimme hoch über ihm. »Häuptling Warron heiratet heute. Vielleicht kommst du in einer Woche wieder, wenn sein Interesse an seiner lieblichen Braut ein wenig abgeflaut ist. Könnte aber auch länger dauern als eine Woche. Ist ein verdammt süßes Ding.«
»Wegen ihr muss ich mit Warron verhandeln. Führt mich zu ihm. Sofort!«
Ein Mann landete genau vor Cole und sie standen sich Auge in Auge gegenüber. Ohne zu blinzeln, musterten sie sich und Cole wusste, dass er sich keinen Fehltritt erlauben durfte. Er vermutete noch mindestens drei weitere bewaffnete Männer in den Bäumen. Da er sie nicht einmal sehen konnte, waren sie ihm gegenüber eindeutig im Vorteil.
»Was geht dich das Mädchen an?«, wollte sein Gegenüber wissen.
»Sie ist meine Gefährtin!«, erwiderte Cole mit eiskalter, ruhiger Stimme und hielt dem Blick des Mannes stand, dessen Gesicht mit einem Schlangenmuster tätowiert war.
Der Mann wandte sich wortlos um und ging davon. Cole folgte ihm. Es war ein Fußmarsch von einer Viertelstunde bis zum Dorf. Normalerweise wären die Bewohner jetzt alle irgendwo in ihren Hütten hoch oben in den Bäumen. Da aber die Vermählung ihres Häuptlings bevorstand, war die kleine Lichtung zwischen den mächtigen Bäumen mit Menschen gefüllt. Man hatte eine Bühne aufgebaut und dekorierte Pfähle säumten den Platz. In der Mitte brannte ein großes, rituelles Feuer. Auf kleinen Feuerstellen rings um die Lichtung wurde Essen zubereitet.
Häuptling Warron saß auf seinem Thron. Sein Gesicht war komplett weiß bemalt, bis auf die schwarzen Ringe um seine Augen herum, die sein Gesicht wie einen Totenschädel wirken ließen. Faith saß neben ihm auf einem kleineren Thron. Sie trug ein Blutkleid und ihr Gesichtsausdruck verriet ihm, dass sie geistig nicht mehr anwesend war. Das Tribunal hatte schon lange den Verdacht, dass die Takala dämonische Rituale durchführten. Den Beweis dafür hatte er jetzt direkt vor sich. Sein Herz sank. Er hatte keine Ahnung, ob es überhaupt möglich sein würde, die alte Faith, die noch irgendwo tief in ihr drinnen vergraben sein musste, wieder ganz hervorzuholen.
Ein widerliches Grinsen glitt über Warrons Züge.
»Hat das Tribunal einen Gesandten geschickt, um meiner Vermählung beizuwohnen?«, höhnte er.
»Ich bin hier, um mein Recht auf meine Gefährtin geltend zu machen«, verkündete Cole fest und trat direkt vor die Bühne.
Er bemühte sich, Faith nicht anzuschauen. Es tat zu sehr weh, sie so zu sehen. Ihre Augen waren leer und das harte Lächeln, das auf ihrem Gesicht festgefroren schien, war nicht das Lächeln seiner Gefährtin.
Warron starrte ihn einen Moment lang verwundert an, dann warf er den Kopf in den Nacken und lachte
Weitere Kostenlose Bücher