Dein Name
weit aus, wie du kannst, um den Rest kümmere ich mich schon, dann laà uns für dein Mädchen auch gleich einen Paà beantragen, hast du die EC-Karte dabei?, mit der kannst du die Gebühren bezahlen, was für ein hübsches Töchterchen du hast, Gott schütze sie â, und um Viertel vor vier hat der Sohn tatsächlich die neuen Pässe und die Kennkarte beantragt, fehlt nur noch die internationale Geburtsurkunde, die vorzulegen ein Elternteil nochmals persönlich im Konsulat vorsprechen muÃ. Selbst die Mutter hat unter Einsatz ihrer ärgsten Ãbertreibungen triumphiert: Sechzig Jahre hätten sie dem Land gedient, ihr Mann alle Studentenwohnheime Isfahans gestiftet, ihre drei älteren Söhne Chefärzte und nach Iran eingeladen, nähmen sich dafür unbezahlten Urlaub, dieser neben ihr der Jüngste weltberühmt und Mitglied der Deutschen Akademie, sein Buch über den Koran vom Revolutionsführer persönlich gewürdigt und sie selbst eine einfache iranische Mutter, die noch einmal ihren kranken Bruder sehen möchte, und das sei doch wohl eine Unverschämtheit, junger Mann, daà sie für einen neuen Paà die Einwilligung ihres Mitatmenden benötige, ihr Mitatmender liege im Krankenhaus, und was glaube der junge Mann denn, wer sie sei, sei sie denn ein Mensch oder ein Wurm, ja sagen Sieâs schon, drang die Mutter ein ums andere Mal in den Diplomaten hinter der Glasscheibe ein, sagen Sie, halten Sie mich für einen Wurm? Am Ende gab sich der Diplomat â gegen alle Gesetze, wie er betonte â mit der Unterschrift des Sohnes zufrieden. Wahrscheinlich wollte er, schlieÃlich war es bereits halb vier und das Konsulat offiziell seit drei Stunden geschlossen, einfach irgendeinen männlichen Schnörkel auf dem Formular, die Unterschrift des Hausmeisters hätte es ebenso getan.
Mit dem Cousin der Mutter, der in Rüdesheim lebt, gehen sie noch am Bahnhof Tschelo Kabab essen. Er gehört zum Bahai-Zweig der Familie, als Kinder haben die beiden jeden Tag miteinander gespielt, sich gestritten, vertragen, und wie sie sich die alten Streiche erzählen, werden sie die Kinder von früher. Angestiftet vom Sohn, spricht die Mutter die Vorurteile an, die Muslime gegen Bahais hegen, sag mal, man sagte doch, daà die Bahais â¦? â Hast du jemals einen Bahai â¦? erwidert der Cousin trocken. Ein Leben lang war der Cousin aus Rüdesheim nur eine Stimme wie so viele, die gelegentlich anrief, um die Eltern zu sprechen. Guten Tag, ich rufe aus Rüdesheim an, sagte die Stimme, ein kurzes Wiegehtswiestehts, dann sagte der Sohn bereits bitte beehren Sie den Hörer weiter mit Ihrer Anwesenheit, wie selbst ein Kind wörtlich einem Anrufer sagt, der in der Leitung bleiben soll. Gott schütze dich, Gott schütze Sie auch. Jetzt ist der Cousin aus Rüdesheim um die Siebzig und beeindruckt den Sohn als milder, schmaler, stets etwas selbstironischer Herr mit Lesebrille und dem Kinnbart der iranischen Intellektuellen. Bitte beehren Sie mich wieder mit Ihrer Anwesenheit.
In München, wo der Bildhauer das Wohnzimmer in ein Atelier verwandelt hat, fällt dem Freund aus Köln der ungeheure Reichtum auf, der sich nicht mit dem Angebot der Handelsketten begnügt und wie in allen Epochen des Ãberflusses gerade zu einer Verfeinerung des Geschmacks führt, nicht zum Konsum des Immergleichen und der Geilheit des Geizes, wie sie in der Kölner Innenstadt ins Auge springen. In dem Angebot der Boutiquen, die sich für jede noch so ausgefallene kulinarische oder alkoholische, modische oder dekorative Spezialität finden, drückt sich eine Lebenskunst aus, gegen die gerade der Freund nichts sagen dürfte, feiert sie doch das Detail, den GenuÃ, die Wertarbeit. Dennoch fühlt er sich nicht frei in einer Stadt, in der alle FuÃgänger freizuhaben scheinen. Statistisch liegt seine Lebenserwartung bei fünf Jahren, informierte der Musiker, der sich Unterhemden wünschte, doppelt gerippt, ärmellos, aus dem Fachgeschäft und small , obwohl der Musiker beinah 1,90 Meter groà ist. Nach langer Zeit kann der Freund etwas tun für ihn, gestern die Unterhemden wegen der unaufhörlichen SchweiÃausbrüche, die zum Krankheitsbild gehören, heute nachmittag eine Wassermelone, biologisch. Vielleicht war das auch nur wieder Höflichkeit, den Freund mit kleinen Aufträgen zu versorgen. Du würdest ihn auf der
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