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Genau das sind die Insignien der Frömmigkeit, die der Urlauber aus dem Orient gewohnt ist â aus Teheran immer weniger, wo der Muezzin nur noch das Programm des Staatsfernsehens unterbricht â und als Anders- oder Ungläubiger zu verstehen, zu bejahen meint, die Sakralisierung des Raums und der Zeit. Der Fahrer sprach kein Wort Englisch, fand sich nicht zurecht auf der StraÃenkarte mit lateinischen Buchstaben â er muÃte seine eigene ausfalten, einen Quadratmeter groÃ, alles überm Lenkrad während der Fahrt mit Kreuzen â und bedankte sich enthusiastisch für das Trinkgeld. Die Kirchen hätten ihn nicht davon abgehalten, den Urlauber übers Ohr zu hauen, wenn es seine Art gewesen wäre, aber wenigstens gemahnt, es besser zu lassen.
Ihre Explosionen sehen manchmal nur so aus, daà sie spät am Abend, als die Kinder endlich schlafen, auf den Gartenstühlen plaudern und er sie unvermittelt bittet, den Rock und das Höschen auszuziehen. Nein, die Beine solle sie breit machen, das T- Shirt sei kurz genug. Sehr genau schaut er im Fackellicht zu, als sei jede einzelne Bewegung ihrer Handgelenke und Gesichtsmuskeln, jeder Laut, jede Veränderung ihrer Körperhaltung von Bedeutung. Ab und zu schlägt sie die Augen auf und wirft ihm aus ihrer Verzückung einen Blick zurück. Sie bleibt sitzen nach dem Höhepunkt wie im Bleiben nach dem Entwerden. Ein verschmitztes Lächeln beider, und der Einfachheit halber zieht sie Rock und Höschen nicht wieder an. So plaudern sie weiter, etwas vergnügter, in dieser ersten Sommernacht des Jahres, in der sie mit kurzer oder keiner Hose im Garten sitzen können.
Der Gärtner hat die Gärtnerei von seinem Vater übernommen. Viel Arbeit und nicht so viel ⦠der Gärtner reibt die Kuppen von Daumen und Zeigefinger aneinander. Nichtsdestotrotz wolle er mit niemandem tauschen, so ein schöner Beruf, immer an der frischen Luft, und von Jahr zu Jahr sehe man, wie die eigenen Blumen oder vielleicht nicht die Blumen, aber jedenfalls die Bäume wachsen, beinah wie er als Vater seine Söhne groà werden sieht. Nein, auf keinen Fall solle er tauschen, wünscht auch der Städter, in dessen Phantasie die baumhohen Brennesselsträucher vor der Küche sich in einen Park verwandeln, mit Schwänen auf einem Teich oder besser noch, um den Nerv rechts neben dem Brustwirbel ruhig zu halten, mit Schwänen auf einem Badesee. Sie stehen in der Sonne des Bergischen Lands, beide am Sonntagmorgen in schwarzer Jeans, schwarzem T- Shirt und gemäà der durchschnittlichen Lebenserwartung ihres Jahrgangs, Erdteils und Geschlechts an der Hälfte ihres Lebens, über die Hölderlin das eine Gedicht schrieb, das der Städter bereits auswendig beherrscht: »Mit gelben Birnen hänget / Und voll mit wilden Rosen / Das Land in den See, / Ihr holden Schwäne, / Und trunken von Küssen / Tunkt ihr das Haupt / Ins heilignüchterne Wasser«. Obwohl von ihrem Leben höchstens die Hälfte übrig, diskutieren der Gärtner und der Städter seit fünfundzwanzig Minuten, ob die Steinplatten sieben Reihen à zehn Zentimeter mehr oder weniger auf den Rasen reichen sollen. Die Entscheidung haben sie schon das letzte Mal vertagt. Ob alle Kunden so anstrengend seien? Ach was, versichert der Gärtner, die vom Dorf seien auch nicht einfacher. Warum auch immer, kommen sie auf einen Bankräuber zu sprechen, der die britische Polizei jahrelang zum Narren hielt. Der Gärtner berichtet, daà letzte Woche in dem Dorf eingebrochen worden sei, in dem er Haus und Gärtnerei habe. Und ich habe, nimmt der Kunde den Faden auf, letzte Woche mein Viertel vergeblich nach meinem Peugeot abgesucht; eine Dreiviertelstunde bin ich durch die StraÃen gelaufen, bis mir einfiel, daà er abgeschleppt worden sein könnte. Sie sprechen über die Sekunden oder Minuten, die es dauert, bis wir realisieren, daà direkt vor unserem Auge etwas fehlt. Bevor er sich endgültig aus der Gärtnerei zurückzog, baute der Senior seinem Sohn die groÃe Blumenhalle zwischen Haus und Gärtnerei, den ganzen Herbst über jeden Feierabend. Heiligabend danach, weiÃe Weihnacht, die Frau und die Kinder schliefen bereits in ihren neuen Betten, hörte der Gärtner einen dumpfen Krach. Glas klingt anders, dachte er beruhigt und legte sich zur Frau ins Bett. Am nächsten Morgen trat er auf die DorfstraÃe. Etwas
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