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kann, die sich dann verheddert? Verstehst du denn nicht, daà der Sinn einer solchen Bedingung darin liegt, daà sie sich niemals erfüllt? Hast du dich jemals erkundigt, wie die Araber vor dem Islam den Ehebruch bestraften? So argumentierte er, der in seiner Wahlkampfbroschüre an erster Stelle forderte, alle Gesetze zu annullieren, die nicht mit der Scharia vereinbar seien, ich habe es von den Eltern und anderen Verwandten in ähnlichen Worten oft gehört, als ich so alt war wie damals die Mutter. Berücksichtige den Kontext, begreife die überzeitliche Bedeutung, denk immer daran, daà der Koran uns zu guten Taten anleiten will, zu Taten der Barmherzigkeit und Mildtätigkeit, die guten Taten zählen mehr als alle Gebete. Abgesehen davon stand die Steinigung ohnehin nicht im Koran, wie GroÃvater betonte, aber die Mullahs wollten es nicht begreifen, wollten nicht wahrhaben, was in ihren eigenen Büchern stand, für sie war Gott nicht zuallererst der Erbarmer, der Barmherzige, sondern ein Scharfrichter und sie die Henker. Das brachte ihn zur WeiÃglut, wie ich selbst vor Augen habe. Und jetzt, fügt die Mutter an, nein, so kam sie überhaupt darauf, und jetzt stand in der Zeitung oder sagten sie im Fernsehen, daà in Iran die Steinigung wieder eingeführt worden sei. Das ist doch unfaÃbar, murmelt sie, da bleibt doch nichts übrig von der Ehre des Islam.
Was setzt er sich auch gegen die Vernichtung zur Wehr, wenn ihn schon ein Windhauch umzuwerfen vermag: Während er gestern mittag im Viertel unterwegs war für Besorgungen und die erste Einbildung von Frühling atmete, entschied er, den Nachmittag durch die Stadt zu schlendern, durch dieses oder jenes Museum zu streifen, vielleicht daà er auf eine wie Ursula träfe, diese oder jene Buchhandlung zu besuchen, auf einen wie Hölderlin. Abends hatten sie einen Babysitter und Karten für Schostakowitsch, so daà er den 12. Januar 2008 hätte vorüberziehen lassen, ohne an den Schreibtisch zurückzukehren, nicht weil der Stapel Unerledigtes sich als Einbildung erwiesen hätte, vielmehr der Himmel so blau war, die Brise mild und der letzte MüÃiggang zu lange her. Just in dem Augenblick, als er in den Dom eintreten wollte, wie er beim Vorübergehen immer in den Dom tritt, wenn Zeit ist, in früheren Jahren oft mehrmals die Woche, meinte der Nerv rechts neben dem Brustwirbel, nun auch die Luft genieÃen zu müssen. Der Versuch, ihn mit einer Massage abzuspeisen, erwies sich als immerhin günstiger Flop, weil die Thailänder eine zweite Filiale eröffnet haben, in der sie die Stunde zum Sonderpreis von 25 Euro anbieten. Ins Geschäft kamen der Muskel und der Berichterstatter mit mehreren Dosen Opiat, die ihn bis weit in den Abend hinein schlafen lieÃen, so daà er am 13. Januar morgens um 5:04 Uhr wach liegt. Weil er es mit der Brechstange gar nicht erst zu versuchen braucht und für Jean Paul noch zu betäubt ist, hat er seine Allmacht mitsamt dem Leben seines GroÃvaters ins Bett geholt. Ãber das Drama des 21. Februar 1921, als Seyyed Zia TabatabaÃ, der GroÃvaters Ãbersetzungen veröffentlicht hatte oder nicht, mit Hilfe der Kosaken Reza Chans die Regierung stürzte, wäre viel zu erzählen gewesen, auch aus Buschher, wo GroÃvater in die Amtsstube zurückgekehrt war. Wie reagierten die Menschen in der Provinz und GroÃvaters Kollegen auf den Putsch, wie die Briten, die die Kosaken in Ghazwin trainiert hatten, wie die belgischen Zöllner, die sich nach dem Triumph der Rivalen das Ende ihrer Mission ausrechnen konnten? Wie und wann hat sich die Nachricht überhaupt herumgesprochen? Stand es in der Zeitung? Gab es Zeitungen in Buschher? Und selbst wenn in den Teehäusern Gleichmut herrschte, was ich mir nicht vorstellen kann â auch der Gleichmut wäre erwähnenswert gewesen. In den Büchern liest man nur über jene, die Geschichte gemacht haben, nichts über die, mit denen sie geschieht, nur über die Schauplätze, nichts über die Kulissen. Bis auf Nikki R. Keddies Qajar Iran and The Rise of Reza Khan , das ich bestellt habe, ist es eine ganz zufällige Auswahl, die ich im Regal vorfand, die Titel zur iranischen Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts bis zur Islamischen Revolution, die noch aus dem Studium stammen, keine schlechten Bücher, zwei davon wirkliche Standards, aber doch mehr für den Ãberblick. Nur
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