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hier und dort gehen sie so sehr ins Detail, daà sie GroÃvaters kleine Welt erfassen. Da sie sich nun einmal als meine Begleiter herausgestellt haben wie Hölderlin, kurze Zeit Kafka und jetzt Jean Paul, möchte ich sie dennoch einmal aufzählen, zumal ich in meiner Taubheit das Abtippen gerade noch bewältige: auÃer Keddie noch George Lenczowski (Ed.), Iran under the Pahlawis , Hossein Amirsadeghi (Ed.), Twentieth Century Iran , Negin Nabawi, Intellectuals and the State in Iran , Mangol Bayat, Mysticism and Dissent. Socioreligious Thought in Qajar Iran , Roy Mottahedeh, Der Mantel des Propheten und Erwand Abrahamian, Iran between two Revolutions . Ich lese, daà Seyyed Zia Tabatabaà erst Mitte Zwanzig war, also nur fünf, sechs Jahre älter als GroÃvater, als er mit seiner Zeitung Raad die probritische Kampagne anführte. Zum Premierminister putschte er sich als DreiunddreiÃigjähriger, verzichtete auf den angebotenen Adelstitel, floh nach wenigen Monaten ins palästinensische Exil, kehrte zwanzig Jahre später auf britisches Betreiben in die iranische Politik zurück und wurde verhaftet. Nach seiner Freilassung gab er sich religiös, lieà sich als Nachfahre des Propheten anreden und zeigte sich in der Ãffentlichkeit gern im traditionellen Gewand, was im Zuge der Modernisierung, die er vorangetrieben hatte, offiziell seit zwanzig Jahren verboten war, konkurrierte mit dem Nationalisten Mossadegh, den er für einen Kommunisten hielt, um das Amt des Premierministers und sympathisierte ungeachtet seiner islamischen Erweckung unbeirrbar mit den Briten. GroÃvater, der eine der schillerndsten Persönlichkeiten der neueren iranischen Geschichte persönlich kennengelernt hatte, schreibt lediglich, daà er vom Schreibtisch seiner Wohnung im ersten Geschoà aufs Meer blickte, als sein Kollege Schibani von der Promenade hochrief, daà in Teheran geputscht worden sei.
Es war abends, schreibt GroÃvater, wahrscheinlich der Abend des 22. Februar 1921, denn Telegramme und Telefone wird es längst gegeben haben, Radio eher nicht. Ich war vor ein paar Jahren in Buschher, wo sich neben einer verwinkelten Altstadt aus Lehm hier und dort der Charme früher europäischer Präsenz erhalten hat, helle Villen im Kolonialstil, das alte Kasino, in dem seit achtundzwanzig Jahren nur noch Malzbier ausgeschenkt wird, der kleine Hafen, der vergebens darauf wartet, vom Tourismus wachgeküÃt zu werden. Es ist noch heute verschlafen, obwohl am Stadtrand ein Atomkraftwerk gebaut wird und die Bevölkerung fünf- oder achtmal so groà sein dürfte, ein Nest am südlichen Rand des Persischen Reichs, in dem die Geschäfte bei Einbruch der Dunkelheit schlieÃen und das Meeresrauschen dann nur noch von den Mopeds unterbrochen wird, auf denen sich die Jugendlichen einbilden, den Sunset Boulevard auf und ab zu fahren, nur daà am StraÃenrand die Mädchen fehlen und ebenso die Cafés, vor denen sie sitzen könnten. 1921 war man wirklich weit weg, ich schätze zwanzig strapaziöse Tagesreisen von dem auch nicht gerade weltstädtischen Teheran, und von der Stille kann man sich heute, da man als Europäer oder im Nahen Osten autofrei höchstens auf der Urlaubsinsel wohnt, keinen Begriff mehr machen. Schafizadeh, Schafizadeh, in Teheran ist geputscht worden â Schibanis Ruf von der Promenade hinauf durchs offene Fenster, hinter dem GroÃvater ein Buch las (welches?), muà durchdringender gewesen sein als heute jede Sirene. GroÃvater erwähnt, daà er die Nachricht nicht glauben konnte und deshalb einen Herrn Yamin ol-Mamalek aufsuchte, der nicht in seinem Büro in der Handelsbehörde zu finden war, sondern zu Hause auf dem Sofa lag. â Friede sei mit Ihnen, rief GroÃvater, ohne daà Yamin ol-Mamalek reagierte, obschon seine Augen offenstanden und ihre Religion gebot, sogar das Gebet abzubrechen, um einen Gruà zu erwidern. Als GroÃvater näher trat, wies Yamin ol-Mamalek nur mit der Hand zum EÃtisch, auf dem einige Blätter lagen, ein mehrseitiges Telegramm, wie sich herausstellte, unterzeichnet von Seyyed Zia TabatabaÃ. GroÃvater zitiert nur einen Satz, der allein ihn in Furcht und Schrecken versetzte: »Nicht einmal mit meinem eigenen Vater werde ich Mitleid haben.« Weder in meinen Büchern noch im Internet finde ich etwas zu einem derartigen Telegramm, das Seyyed Zia doch wohl nicht nur nach
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