Dein Name
verleugnen lieÃ, erst sagte die Sekretärin, er sei da, Augenblick, dann, daà der Verleger im Gespräch sei, aber spätestens in einer halben Stunde zur Verfügung stehe, ob der Romanschreiber solange spazierengehen möchte, sie würde ihn auf dem Handy anrufen. â Ja, demütigte der jüngere Kollege sich, ich gehe solange um den Block. Sich vom Verleger zu trennen, wie der berühmte Kollege ins Spiel bringt, von diesem Verleger zu trennen, hat für den Romanschreiber ohne Ãbertreibung die praktischen und emotionalen Dimensionen einer Scheidung. Was der eine zu verdanken hat, ist der andere schuldig geblieben. Und wer wollte ihn schon haben mit seinen dreitausend verkauften Exemplaren pro Roman und Stand heute, Samstag, der 26. Januar 2008, 1034 DIN-A4 -Seiten AusschuÃ, ohne daà ein Ende absehbar ist? Ein Buch besteht aus nichtgestrichenen Sätzen, mahnt der berühmte Schriftsteller. Im Roman, den ich schreibe, ist es umgekehrt. Während einer halben oder vollen Minute, es kommt die Situation, könnte der jüngere Kollege den berühmten Schriftsteller bitten zu lesen, was jeder andere durchgestrichen hätte. Statt dessen erklärt er, daà er den Roman, den ich schreibe, niemandem mehr zu lesen gibt, weil jeder Leser zugleich Protagonist wäre. Der berühmte Schriftsteller versteht nicht, aber das ist auch egal, weil die Situation schon vorbei ist.
â Guckst du gleich noch FuÃball? fragte die Frau, als die Kinder eingeschlafen waren. â Ja. â Dann schlaf gut. â Du auch. Weil er gestern das Angebot zur Schlichtung ausgeschlagen hat, beschränken sich ihre Dialoge auch heute auf Kurzmitteilungen. Ein zweites Angebot kann sie nicht unterbreiten, ohne das Gesicht zu verlieren. Danach hat der Mann es mit Jean Paul versucht, den er liest und liest, das weià nicht wievielte Buch, ohne die Spur wiederzufinden, dann onaniert auf der Couch, ohne müde zu werden, deshalb zurück zu Jean Paul, bei dem er genau wie mit der Frau den Eindruck hat, daà es nur an ihm selbst liegt, daà er nur auf den Knopf drücken müÃte, um das Ausmaà seiner Ignoranz zu übersehen, aber wo?, die Seitenränder voll mit Assoziationen, Gedanken wie Mücken, die stechen. Bevor es zum Streit kam, haben wir nicht viel mehr miteinander gesprochen, legt er es sich zurecht. Während er durch die Blicke kommuniziert, die er nicht zuwirft, spricht sie wie Lenette durch die Geräusche, die anstelle der Worte den Raum füllen: »Eine Frau vermags im ersten Zwiste noch nicht, sondern erst im 4ten, 10ten, 10.000ten ist sie imstande, zugleich mit der Zunge zu verstummen und mit dem Torso zu lärmen und jeden Sessel, den sie wegschiebt, jeden Querl, den sie hinstreckt, zu ihrer Sprachmaschine und Sprachwelle zu verbrauchen und desto mehr Instrumentalmusik zu machen, je länger ihre Vokalmusik pausiert.« Ansonsten sind die Eheleute zivilisiert, kein Streit vor den Kindern, nicht einmal, wenn sie schlafen. Sie hat das Bett, er nur Jean Paul, weil im Büro die Heizung ausgefallen ist, FuÃball im Fernsehen und den Laptop, auf dem es am Sonntag, dem 27. Januar 2008, 4:18 Uhr ist. Die Zweifel weiten sich längst auf die bisherigen Bücher und Jahre aus. Ein paar Stücke hält er sich zugute, die Berichte eher als die Romane, wie er sie früher schrieb, aber glauben Sie nicht, daà er Ihre Anwesenheit noch groÃschreibt. Er reiht diese Absätze aneinander, weil sie ihm zum Ritual geworden sind wie das Gebet, der Nachwelt zum Nutzen und Nachricht aus vielen alten Schriften zusammengetragen. Obwohl er allein ist, geniert er sich für die Banalität, die dabei herauskommt, wenn er ehrlich zu sein versucht. Bitte sehen Sie die Peinlichkeit des Romans, den ich schreibe, im Verhältnis zu seiner Scham; für jemanden, der sich nicht um die Meinung anderer schert, wäre die EntblöÃung lächerlich, die paar Geständnisse, das biÃchen Onanie und immer dieser Alltag, aber den Romanschreiber quält gerade die Nichtigkeit, mit der er vorstellig wird. »Im 12ten Jahrhundert zeigte man noch den nachgelassenen Misthaufen, worauf Hiob geduldet hatte«, sagt der Armenadvokat Firmian Stanislaus Siebenkäs über seine kümmerliche Ehe mit Lenette. »Unsere zwei Sessel sind die Misthaufen und sind annoch zu sehen.« Es gehört zum Eigentümlichen Jean Pauls, daà er Hiob in die kleinbürgerliche
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