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Dein Name

Titel: Dein Name Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Navid Kermani
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langen, glatten Haare dunkelblond, im hellen Gesicht die markanten Wangenknochen wie von Botticelli, blitzendgrüne Augen, nein, eigentlich noch viel schöner als bei ihrer Hochzeit, denn damals war sie für ihn noch unbestimmt oder sagen wir schwer zu durchdringen wie auf einem fünfhundertjährigen Gemälde. Jetzt hatte sie einen eigenen Kopf, der selten so war, wie Großvater ihn sich wünschte. Noch seltener fand er einen Grund, mit ihr zu streiten. Alles, was einer Ehefrau jener Zeit und sozialen Verhältnisse aufgetragen war, erfüllte sie gleichsam mit links, die Erziehung der Kinder, die Verwaltung des großen Hauses mitsamt dem Garten, der Umgang mit dem Dienstpersonal, die Betreuung der auswärtigen Verwandten und ebenso der Bauern, die zu Besuch waren, die Organisation der vielen Geselligkeiten und der Sommer in Tschamtaghi. »Sent: 20-Sept-2008 12:16:58 lieber freund – wie es dir wohl geht?eure treuen gedanken helfen mir, –aus ihnen wächst das vertrauen, das mir nun den halt gibt, weiter zu wachsen,so lange ich es,hier zu sein darf.am montag soll vielleicht die chemo beginnen –da ich sehr dünn und schwach,auch zu tel zu müde,ist es nicht sicher.meine familie ist um mich u die kinder –ich denke so gerne an dich –denke ich hätte damals in meinem alexandra bleiben sollen.die sehnsucht sind die zinnen des orients.sein lachen u weinen und seine stimmen u dürfte …die augen vor allem …grüße u umarme deine kinder, grüße von herzen deine frau u.sei aus tiefer verbundenheit.gegrüßt.« Obzwar er durchaus Stiche der Eifersucht verspürte, des Neids, der Unsicherheit, konnte er ihr nicht böse sein, daß sie laut zu lachen verstand, die Ramadannächte zum Ausgehen nutzte und die Freitage lieber mit ihren Schwestern bei Onkel Oberstleutnant verbrachte, wo Musik gespielt wurde und getanzt und seinetwegen auch getrunken, sie selbst trank ja nicht mit und ließ es, das war ihm wichtig, an Frömmigkeit nicht fehlen. Nein, ihre Lebenslust konnte er einer jungen Frau wirklich nicht zum Vorwurf machen, im Gegenteil: Froh konnte er sein, daß sie klaglos den Trübsinn ertrug, den er aus ihrer Sicht verbreiten mußte (doch damals in Teheran, bevor er sich die Beine brach, schien alles leicht). Zwar ging aus seiner Sicht manches an ihrem Glauben in den Aberglauben über wie ihre ständigen Gelübde und verschlief sie manches Frühgebet, was er durchaus tadelte, doch übertraf sie ihn im Eifer, mit dem sie das wichtigste Gebot einhielt, den Dienst am Nächsten. Ebendieses Scholleh zard , mit dem Gott eigentlich nicht zu bezirzen war, führte ihm ihre beinah schon komische Wohltätigkeit vor Augen, die Gott dann doch gefallen mußte. Wenn sie es nur für die Verwandten und die Armen der Nachbarschaft zubereitet hätte, wären es schon mehr Töpfe gewesen, als sie besaß; aber Großmutter mußte unbedingt die halbe Stadt versorgen, mindestens alle Bedürftigen. So hatte sie es sich in den Kopf gesetzt, und bei der fünften Geburt sparte Großvater sich die Einwände längst. Allein an Reis mußten acht, neun Säcke herbeigeschafft werden, dazu kiloweise Zucker, Mandelsplitter, Safran und viele Liter kostbaren Rosenwassers, das aus welchem Grund auch immer – wieder dieser Aberglaube – an Aschura und nur an Aschura aufgekocht worden sein mußte, dem Todestag des Imam Hossein. Bis zum Mittag köchelte das Scholleh zard unter bedächtigem Umrühren, das Großmutter keinem der Bediensteten zutraute, bis es exakt! die richtige Konsistenz hatte, noch weich genug, um darin mit leichter Hand den Löffel zu bewegen, aber auch nicht wäßrig wie Suppe. Danach ließ sie sich von Mohammad Hassan helfen, das Scholleh zard zum Abkühlen auf Hunderte kleiner und großer Schüsseln zu verteilen, die Mah Soltan und Habibeh Soltan auf dem Boden der Eingangshalle aufgereiht hatten. Wenn es exakt! die richtige Temperatur hatte, ein wenig mehr als Zimmertemperatur, strich Großmutter auf jede Schüssel etwas heißes Öl und streute sorgfältig die Gewürze, Zimt vor allem. Zum Abschluß kreierte sie mit Pistazienstreuseln hübsche Muster auf jeder Schüssel. Auf die größten Schüssel schrieb sie den Namen des Kindes, den modernen Namen wohlgemerkt; den standesamtlichen kannte sie wie gesagt noch nicht und sollte sie lebenslang

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