Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Dein Name

Titel: Dein Name Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Navid Kermani
Vom Netzwerk:
ignorieren. Danach trugen die Bediensteten die Schalen ins Kühlzimmer, damit das Scholleh zard auf exakt! die Temperatur und Konsistenz abkühlte, mit der es gegessen werden mußte, kälter als kühles Wasser im Sommer, aber auch nicht wie Eis, wobei der Transport einzukalkulieren war, also beinah wie Eis. Und endlich, es war schon später Nachmittag, wurden die Bediensteten mit großen Tabletts ausgeschickt, um die Nachbarschaft zu versorgen, auch die Geschäfte, Schulen und Moscheen, und kurz darauf fuhren die Händler in ihren Kutschen und die Soldaten von Onkel Oberstleutnant in ihren Jeeps vor, um das Scholleh zard auf die Moscheen der ärmeren Viertel zu verteilen. Nein, Großvater liebte sie, liebte ihre Tatkraft, ihre Beherztheit, ihren Eigensinn, ihr logistische Meisterschaft, das Scholleh zard in exakt! der richtigen Temperatur auf ganz Isfahan zu verteilen; ich bin mir sicher, daß er selbst das Wort verwandte, wenn nicht ihr gegenüber, dann zu sich selbst: eschgh ! Daß sie seine Interessen nicht teilte, gut, das sah er ein und erwartete es auch gar nicht, denn es wäre zwischen Eheleuten nicht normal gewesen. Und doch registrierte er, daß sie die Ausnahmen in ihrer Verwandtschaft registrierte, ihre Schwester Badri mit ihrem Oberstleutnant zum Beispiel, die immer so glücklich taten. Ach, wenn er ihr doch nur hätte sagen oder wenigstens zeigen, andeuten können, wie sehr er sie begehrte und daß es ihm eigentlich das Herz zerriß zu sehen, daß sie die Freitage und Ramadanabende lieber mit anderen verbrachte als mit ihm. Dies oder etwas anderes ging ihm durch den Kopf, als er mit meiner Mutter an der Hand das Haus verließ, ich stell’s mir so vor und werde die Mutter fragen, ob ich ganz falsch liege, obwohl sie es auch nicht wissen kann, schließlich war sie erst sechs oder sieben. Sicher könnte ich viel mehr über Großvater erfahren, als in ihren Selberlebensbeschreibungen steht, setzte ich mich mit einem Aufnahmegerät neben die Mutter und die anderen Verwandten, die sich noch erinnern. Vielleicht möchte ich das gar nicht. Vielleicht wäre er gar nicht mehr sein Großvater. Wie sehr erschrak dieser, als er abends nach Hause kam und meine Mutter, dieses zugegeben vorlaute und verwöhnte Mädchen, still in der Abstellkammer eingesperrt fand. Die Kinder hatten sich wegen des Scholleh zard gestritten, meine Mutter war wie immer die Lauteteste gewesen, die nicht genug bekommen konnte, da hatte Großmutter sie kurzerhand mitsamt der größten Schüssel in die Abstellkammer eingesperrt und sie von draußen aufgefordert, Scholleh zard zu essen, soviel sie wolle, es sei genug da. Als Großvater meine Mutter endlich befreite, hatte sie die Schüssel kaum angerührt. Scholleh zard ißt sie bis heute nicht mehr.
    Â»Sent: 22-Sept-2008 11:32–48 Morgen beginnt die chemo zwischen 10–11 –dauert 2,3stunden ~infusion.lieber Navid,da beginnt es,sich auf den Weg zu begeben …einzulasse,auf eine nicht mehr einzuschätzend e strecke …tief wünsche ich mir,mich in das vertrauen des Höheren zu übergeben – Begleitung u Schutz von dort zu erfahren.u lernen das Gebet wie die Demut.es ist gut,das Du in deiner Familie und Kultur –dies zu teilen, Deine Wurzeln nicht verlassen hast.In meinem mir unbekannten leiblichen Vater,sehe ich immer den Mann, der diese Wurzeln hält,na der moschee –und in meiner seele,ist es seine Landschaft,die mir hilft.meine fünf schwestern,sie u ihr papa versuchen,um mich das Beste.da ist viel frieden u wir lachen auch …wenn alles gut anschlägt,dann rufe ich dich in ca 10tagen mal an …bis dahin – liebevolle grüße aus berlin«
    Im dicken Kunstreiseführer stehen ganze elf Zeilen zur Dreifaltigkeitskirche oberhalb der Spanischen Treppe, Santissima Trinità dei Monti, von denen sechs die Fassade, die Treppe und das Gebäude daneben behandeln. Eine beschwingte Nonne, himmelblaue Tracht mit dunkelblauem Kopftuch, orthopädischen Sandalen und roten Wangen, Französin, keine Dreißig, zeigte den Stipendiaten die anamorphotischen Fresken und die Sonnenuhr an der runden Decke eines Flures, die nach römischer, byzantinischer und arabischer Rechnung die Zeit nicht nur in Rom anzeigt, sondern auch in Island, Paris, Konstantinopel, Alexandria, Babylon und am äußersten Rand Sepahan, dem alten Isfahan. Da komme ich her! war die

Weitere Kostenlose Bücher