Dein Name
sechsundfünfzig Prozent des iranischen Bodens. Mit der Reform stellte sich der Schah gegen die gesellschaftliche Klasse, die bis dahin seine Herrschaft gesichert hatte: Zwei Drittel der Parlamentsabgeordneten waren GroÃgrundbesitzer; allein der mehrfache Premierminister Qawwam os-Saltaneh besaà zweihundert Dörfer, hundertfünfzig Teeplantagen und über siebzig Wohnhäuser. Es ging dem Schah und der Kennedy-Regierung, die ihn zu der Reform gedrängt hatte, gewià auch um die Beseitigung der Armut und eine gerechtere Verteilung des Bodens, gewià auch darum, zehn Jahre nach dem Putsch die Sympathien der Bevölkerung zu gewinnen, um die Fortdauer der Monarchie langfristig zu sichern. Zugleich sollte die Macht einzelner Feudalherren gebrochen, die Herrschaft zentralisiert und eine starke Schicht kapitalistisch produzierender Mittelbauern geschaffen werden, welche die Landwirtschaft industrialisieren, die Produktivität erhöhen und die Erzeugnisse der Agrarkonzerne kaufen würden. In der gesamten Ãra von Schah Mohammad Reza Pahlewi sollte es kein ehrgeizigeres Projekt geben: Wenn die Zahl stimmt, die ich in einem der Bücher las, wurde zwei Millionen Bauern Land zugeteilt und änderte sich damit das Leben von elf Millionen Iranern â bei einer Gesamtbevölkerung von damals zwanzig, fünfundzwanzig Millionen. Auch in Tschamtaghi, obschon es winzig war im Vergleich zu den üblichen GröÃenverhältnissen von mehreren hundert Hektar, muà es zu Tumulten gekommen sein. Daà von GroÃvater selbst über die Gründe und den Ablauf der WeiÃen Revolution, die er aus nächster Nähe erlebte, so gut wie nichts zu erfahren ist, habe ich nicht anders erwartet. Er schreibt nicht einmal, ob er sie prinzipiell ablehnte oder den Nöten und Forderungen der Bauern Verständnis entgegenbrachte; immerhin hatte bereits die Nationale Front eine Bodenreform anvisiert, die noch radikaler ausgefallen wäre. Bei GroÃvater liest es sich ganz einfach: Bis zur WeiÃen Revolution habe er in Tschamtaghi in groÃer Harmonie und Freundschaft mit fünf Bauernfamilien gelebt, die mit dem Viertel des Ertrags, den er ihnen überlassen habe, gut ausgekommen seien. Wenn sie Geld brauchten, habe er es ihnen zinslos geliehen, und wenn sie krank waren, habe er sie in seinem Haus in Isfahan beherbergt und einen Arzt besorgt. Doch von einem auf den anderen Tag hätten sie sich geweigert, ihre Kredite zurückzuzahlen. Und dann habe GroÃvater gehört, daà sie nach Isfahan gefahren waren, um seine Enteignung zu fordern. Sie hätten behauptet, daà Tschamtaghi seit jeher von ihnen bestellt werde und daher ihnen zustehe. Vor der Kommission, die über die Enteignungen entschied, habe GroÃvater jedoch nachweisen können, daà er das Land selbst kultiviert hatte und die Bauern seine Angestellten waren, die er angemessen bezahlte. So eindeutig seien die Besitzverhältnisse gewesen, so unbestreitbar die Urkunden und so einfach zu belegen der Umfang seiner Investitionen, daà ihm das Schiedsgericht als einzigem Gutsherrn der Umgebung recht gegeben habe. Die Bauern selbst seien am Ende des Verfahrens einsichtig genug gewesen zu akzeptieren, daà Tschamtaghi von der Bodenreform ausgenommen wurde. Sie hätten sich sogar bei ihm entschuldigt und wieder harmonisch mit ihm zusammengelebt. Allein, wenn alles so klar war, die alte Ordnung und mit ihr der Frieden hergestellt, wieso verwendet GroÃvater fünfzehn oder zwanzig Jahre später so viel Energie darauf, die RechtmäÃigkeit seines Besitzes zu belegen? Als müsse er vor dem Schiedsgericht ein zweites Mal bestehen, führt er auf den nächsten Seiten alle möglichen Gründe an, warum Tschamtaghi ihm gehörte: Niemals hätten die Bauern, die vor dem Schiedsgericht seinen Besitz bestritten, die Mittel und die Ideen gehabt, das FluÃufer zu befestigen, Bewässerungskanäle anzulegen, den Boden einzuebnen, Plateaus in den Hang zu graben, Teiche anzulegen, Wasserpumpen zu kaufen und die Gebäude mit modernster Ausstattung zu errichten. Um stellvertretend nur eines von GroÃvaters Argumenten auszuführen: Wenn die Bauern das Haupthaus gebaut hätten, wieso verfügte es dann über europäische Toiletten?
Als GroÃvater sein Leben beschrieb, war die Bodenreform, gut gemeint oder nicht, längst zu einem Fiasko geworden. Die Bauern vermochten die Kredite, mit denen sie
Weitere Kostenlose Bücher