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zwischen Zorn, Trauer, Sanftmut oder Beharrlichkeit zu changieren. Der Schah wuÃte sich nicht anders zu helfen als ein weiteres Mal mit Gewalt. In Ghom stürmten die Sicherheitskräfte den überfüllten Schrein, weil sie eine Protestkundgebung befürchteten, mehrere Menschen starben, Geistliche darunter. Ajatollah Chomeini selbst galt als akut lebensbedroht, ohne sich darum zu scheren. Er ging soweit, das alte Prinzip der taqiya auÃer Kraft zu setzen, das den Schiiten bei Todesgefahr erlaubt, ihre Gesinnung zu verbergen. Einer der vielen Geschichten zufolge, die auch GroÃvater gehört haben muÃ, weil sie im ganzen Land kursierten, schickte der Schah dem Ajatollah eine Botschaft, um ihn zu einem Kompromià zu bewegen, andernfalls werde er die Stiefel seines Vaters anziehen, nach Ghom kommen und dem Ajatollah ins Gesicht treten. »Die Stiefel deines Vaters sind dir viel zu groë, soll Chomeini geantwortet haben. Belegt ist, daà der Schah eine Delegation von hoftreuen Geistlichen nach Ghom sandte, um in Verhandlungen zu treten. Der Schah solle sich nicht auf seine Pistolen, Gewehre und Panzer verlassen, beschied Ajatollah Chomeini der Gesandtschaft und hob einen Stift in die Höhe: »Mit dieser Feder werde ich die Knochen jedes einzelnen seiner Soldaten zertrümmern.«
An Aschura, dem Höhepunkt der zehntägigen Trauer um den Imam Hossein, der 1963 auf den 3. Juni fiel, bereitete sich Ajatollah Chomeini in seinem Haus für eine Predigt in der Feiziye vor, als ein Geheimdienstoffizier vorstellig wurde: »Seine Majestät der Schah hat mich geschickt, um Sie darüber zu informieren, daà unsere Einheiten instruiert sind, den Schrein anzuzünden, und sehr viel Blut flieÃen wird, sollten Sie daran festhalten, heute eine Predigt zu halten.« Ohne jede Regung erwiderte Chomeini: »Wir werden ebenfalls unsere Einheiten instruieren, damit sie den Abgesandten Ihrer Majestät eine Lektion erteilen.« Als der Schah von dieser Antwort erfuhr, schickte er in aller Eile einen Vertreter der Armee, den erfahrenen General Mobasser, der dem Ajatollah erst befahl, ihn dann aufforderte, schlieÃlich bat und am Ende anbettelte, nicht in die Feiziye zu gehen und ein Blutbad zu verhindern â vergeblich: »Wenn ich nicht ginge, wäre ich nicht Chomeini.« »Dann halten Sie sich doch um Gottes willen wenigstens mit direkten Attacken auf Seine Majestät zurück.« Ajatollah Chomeini sah, in welchem Gewissenskonflikt General Mobasser stand, der ihm nicht unsympathisch zu sein schien, und schwieg einige Momente. »Wir werden sehen«, murmelte er dann. Um vier Uhr nachmittags brach der Ajatollah wie geplant auf. General Mobasser gestand später, nach dem Besuch bei Chomeini eine Beruhigungstablette nach der anderen geschluckt zu haben, um die Aufregung auszuhalten. Der Moscheekomplex faÃte die Menge nicht, aber Chomeinis Ordner hatten Lautsprecher auf den umliegenden Plätzen aufgestellt. Der Strom wurde abgestellt, aber Chomeinis Ordner hatten Batterien unter dem Rednerpult versteckt. Provokateure hatten sich unter die Zuhörer gemischt, aber Chomeinis Ordner waren darauf vorbereitet und ihnen an Zahl weit überlegen. »Vor dreizehnhundert Jahren zog Hossein in die Schlacht von Kerbela, um den Glauben zu verteidigen«, begann der Ajatollah seine Predigt und zitierte den dritten Imam: »Wenn die Religion Mohammeds nicht wieder in Kraft gesetzt werden kann auÃer mit meinem Blut, sollen mich die Schwerter zerfetzen.« Die bloÃe Erwähnung des Namens Hossein brachte die Menge zum Weinen. Schon mit diesen ersten Sätzen wähnte sie sich auf dem Schlachtfeld von Kerbela, mit Ajatollah Chomeini als Kämpfer für den Islam und dem Schah als dem Despoten Yazid. »Sie erbärmlicher, armseliger Mensch«, rief der Ajatollah dem Schah zu, »fünfundvierzig Jahre Ihres Lebens sind vergangen. Ist es nicht Zeit, ein wenig nachzudenken und die Lektion aus den Erfahrungen Ihres Vaters zu lernen? Was wissen Sie denn, ob sich die Verhältnisse nicht ändern und diejenigen, die sich heute als Ihre Freunde bezeichnen, nicht von Ihnen abwenden werden? Denn es sind nicht Ihre Freunde, es sind Freunde des Dollars. Sie haben keinen Glauben, sie kennen keine Treue. Sie haben alle Verantwortung auf Ihre Schultern gelegt. Oh, Sie armseliger Mensch!« Nicht nur Chomeinis Ordner, auch die Agenten des Geheimdienstes schrieben jedes
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