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Dein Name

Titel: Dein Name Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Navid Kermani
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aufstehen, um den Schah zu begrüßen. Und derselbe Schah, der so oft Borudscherdis Hände geküßt hatte, sagte nicht einmal guten Tag, sondern fragte ohne jede Anrede, ohne Höflichkeitsfloskel in der Teheraner Umgangssprache, wie es dem Scheich denn so gehe. Kurze Zeit später, am 30. März 1961, starb Großajatollah Borudscherdi. Chomeini genoß zwar wegen seiner Intelligenz, seiner Ernsthaftigkeit und umfassenden Bildung hohes Ansehen in Ghom, war aber gerade erst Ajatollah geworden und mit achtundfünfzig Jahren zu jung, um für die Nachfolge in Frage zu kommen. Er wartete ab, ob sich einer der Großajatollahs als »Quelle der Nachahmung« durchsetzen würde, Seyyed Mohammad Hadi Milani etwa oder Seyyed Kazem Schariat-Madari. Als sich abzeichnete, daß das Amt verwaist blieb, bereitete Chomeini die Kampagne vor, die ihm die Meinungsführerschaft in Ghom einbrachte. Auch wenn er die Monarchie noch nicht offen ablehnte, war sein Ziel damals schon ein islamischer Staat unter Führung eines Geistlichen, also doch vermutlich ihm selbst. Ob persönlicher Ehrgeiz mit hineinspielte? Nach allem, was ich gelesen habe, bin ich nicht mehr so sicher. Vielleicht machte genau dies seine Macht aus, daß es ihm nicht um seine eigene Macht ging.
    Früher als andere Theologen erkannte Ajatollah Chomeini, daß die Bodenreform zu populär war, um die breite Bevölkerung für den Protest zu gewinnen, und nahm zwei andere Reformen des Schahs zum Anlaß, die politische Bühne zu betreten: das Frauenwahlrecht und die Zulassung nichtmuslimischer Kandidaten zu den Gemeindewahlen. Viele Männer waren gern bereit zu glauben, daß es Ketzerei sei, Frauen und Andersgläubigen die gleichen Rechte zu gewähren wie ihnen. Daß diese Rechte nur zeremoniell waren, da Wahlen unter dem Schah nichts bedeuteten, minderte die Entrüstung nicht. »Der Sohn des Reza Schah hat sich zur Zerstörung des Islam in Iran entschlossen«, erklärte Chomeini dem Schah den Krieg: »Ich werde dagegen kämpfen, solange Blut durch meine Adern fließt.« Schon der Ton muß die Hörer elektrisiert haben. Nicht einmal Doktor Mossadegh hatte den Schah so direkt attackiert, geschweige denn einer der sehr ehrwürdigen und noch vorsichtigeren Großajatollahs aus Ghom. Und Ajatollah Chomeini beließ es nicht bei Worten. Mit großem Geschick sammelte er fähige Aktivisten um sich und baute ein Netzwerk auf, das seine Ansichten in alle Städten verbreitete und bei Bedarf rasch Menschen mobilisierte. Zentral für seine Schlagkraft war die Unterstützung vieler gut organisierter Gilden im finanzkräftigen und zugleich konservativen, antisozialistischen, antisäkularen Milieu der Basare. In seinen eigenen Predigten und Ansprachen kannte Ajatollah Chomeini keine Kompromisse. Wenn er jedoch andere Großajatollahs in Ghom dazu bringen wollte, seine Protesterklärungen und Briefe zu unterzeichnen, nahm er sich zurück und willigte ein, den Ton zu mildern. Er wollte nicht recht haben; er wollte recht behalten. Die säkulare Opposition, durch die Inhaftierung ihrer Führer schon benommen genug, blickte ratlos auf diesen ungewöhnlichen Religionsgelehrten. Sie sah seinen furchtlosen Widerstand, ohne seine rückschrittlichen Ansichten zu übersehen. Sie war ebenso vehement gegen den Schah, aber aus anderen Gründen. Unter den religiös orientierten Iranern und den Theologiestudenten hingegen wuchs die Begeisterung für Ajatollah Chomeini so sehr, daß er es allmählich wagen konnte, die Großajatollahs für ihre Passivität zu kritisieren. »Diese Herrschaften scheinen nicht bereit zu sein zum Kampf. Schariatmadari etwa sagt: ›Wenn wir zu weit gehen, stellen sie einen Polizisten vor unsere Tür.‹ Was kann ich mit diesem Herrn anfangen, der sagt, daß ein Polizist vor der Tür uns entehrt und beleidigt. Ich antwortete ihm, daß der Weg des Gefängnisses, der Folter und des Martyriums der richtige Weg ist. Aber er fürchtet sich, beleidigt zu werden.« Ajatollah Chomeini kämpfte nicht nur gegen den Schah oder die Amerikaner. Mindestens so wichtig war ihm der Kampf gegen die eigene Geistlichkeit. Und mindestens so groß, wenn nicht größer war sein Abscheu: »Niemand hat so sehr unter dummen, reaktionären Mullahs gelitten wie Euer alter Vater«, sollte Chomeini kurz vor seinem Tod in einem Brief klagen:

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