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Zahlungen oder Coupons erhalte, werde von der Inflation aufgefressen, räumt der Mobilfunkhändler ein. Es ist keine blinde Gefolgschaft: Er denkt, man solle dem Präsidenten wie seinen Vorgängern eine zweite Amtszeit einräumen, damit er aus seinen Fehlern lernt, die Inflation in den Griff bekommt und nicht alle gegen sich aufbringt. â Viel Spaà beim Demonstrieren, ruft er dem Berichterstatter noch nach, der sich wieder in den Zug einreiht. â Ich will mir nur ein Bild machen, ruft der Berichterstatter zurück und stöhnt erst jetzt über das Wetter, obwohl es an den vorherigen Tagen genauso heià war, in der Sonne fast vierzig Grad.
Am fünften Nachmittag in Folge auf der StraÃe scheint auch das Adrenalin der Demonstranten verbraucht, das die Ãberraschung über die eigene Stärke und der Schrecken über die Opfer erzeugt haben. Indem das Regime den Widerstand zu ignorieren behauptet und sich weiterer spektakulärer Ãbergriffe enthält, nicht einmal Verkehrspolizisten vorbeischickt, aber gleichzeitig alle Berichte unter Androhung von Gefängnisstrafen untersagt, rutschen die Proteste in den internationalen Nachrichten nach hinten. Die Informationsblockade funktioniert: Nicht nur sind sich die täglichen Schweigemärsche in der dürftigen Optik der Handybilder zu ähnlich; die Aufnahmen dringen zu spät, zu verstreut ins Ausland, um die Abendjournale rechtzeitig zu erreichen. Man muà demnach nur das Internet je nach Tagesgeschehen verlangsamen, das Mobilfunknetz abschalten, keine Journalistenvisa mehr erteilen, und alle Berichte unter Strafe stellen, schon ist der Stecker aus der Globalisierung gezogen. Als lebte er noch im Zeitalter vor der Telegraphie, wird auch der Berichterstatter, der dank seines iranischen Passes noch ins Land geschlüpft ist, erst nach Deutschland zurückkehren müssen, um seine Nachrichten zu überbringen. Für morgen hat der Revolutionsführer angekündigt, die Freitagspredigt zu halten. Weil die Zeichen, die er diese Woche gab, mal in die eine, mal in die andere Richtung deuteten, kreisen die Gespräche um die bange Frage, ob der Führer sich zu einem Kompromià durchringt oder das Zeichen zum Sturm geben wird.
Ausgerechnet wegen ihres Mobiltelefons gelangen Tausende nicht auf den Campus. Aus Sorge vor einem Anschlag soll man sie in einem der vier Busse abgeben, die vor dem Eingang stehen, doch sind es trotz aller Mahnungen, sie nicht mitzubringen, so viele, daà sich vor den Bussen groÃe Trauben von Menschen gebildet haben, die ihr Telefon einem der Ordner ans Busfenster reichen wollen. Der Berichterstatter, dessen Bekleidung, Brille und Bewegungen ihn als Bourgeois ausweisen, nutzt seinen Bonus als Gast, um sich durchzuschlängeln, und erreicht nach einer halben Stunde tatsächlich das Busfenster, gerade als die numerierten Zettel ausgehen. Seit drei Tagen erst, dafür um so kräftiger, trommelt das Staatsfernsehen, werben die Zeitungen, organisieren die Verbände, verabreden sich Sportvereine, werden Soldaten, Milizen und Staatsangestellte mobilisiert für den historischen Tag, an dem Führer und Volk »ihren Eid erneuern«. Die Demonstration gelingt eindrucksvoll, zeigt der Augenschein und werden am Abend die Bilder aus den Hubschraubern bestätigen. Dreimal hat der Berichterstatter das Teheraner Freitagsgebet zuvor besucht und an einem müden Ritual teilgenommen, bei dem einige zehntausend Funktionäre, Soldaten und letzte Getreue die Revolution pflichtgemäà hochleben lieÃen und auf Zuruf die üblichen Todeswünsche skandierten, Tod Amerika, Tod Israel, Tod den Feinden der Herrschaft des Rechtsgelehrten, Tod den Schlechtverschleierten, den Krawattenträgern oder was gerade anstand. Schwenkte die Kamera weg, sanken die Fäuste, als wären sie mit einem Seilzug verbunden. Heute jedoch ist nicht nur die riesige Halle gefüllt, nicht nur der Campus der Universität Teheran, sondern sind es noch die umliegenden StraÃe und Plätze. Den Gesichtern ist die freudige Erwartung von FuÃballfans anzusehen, deren Mannschaft vor einem historischen Sieg steht. Wer sich noch keinen Platz auf dem Bürgersteig gesichert hat, beeilt sich bei der rituellen Waschung, für die Wasserwagen bereitstehen, als mache es einen Unterschied aus, ob man die Predigt einen oder zwei StraÃenzüge entfernt verfolgt, die Männer unrasiert oder mit Bart,
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