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Dein Name

Titel: Dein Name Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Navid Kermani
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dem Computer, 14:20 Uhr auf dem Handy, aber gewiß nicht die Konzentration, die er dafür benötigt, die Urschrift in etwas Lesbares zu verwandeln. Unter dem Vorwand, daß Großvater als Vater der Braut in die Bekanntschaft der Eltern involviert ist, erlaubt sich der Sohn daher, wenigstens den Beginn der neuen Folge zu übersetzen, soweit es ihm in nicht mehr ganz anderthalb Stunden gelingt: »Wenn Mama mir die Photos, Briefe und Zeugnisse der Kandidaten vorlegte, hatte ich immer dieselbe Antwort: ›Ich will keinen Mann, und wenn Sie unbedingt einen wollen, dann suchen Sie ihn doch selbst aus. Aber sollte ich es nicht mit ihm aushalten, bringe ich mich um.‹ Nachdem ich die Drohung ausgesprochen und die Tränen aus den Wimpern geschüttelt hatte, rannte ich in mein Zimmer. Einige Tage später sah ich von der Halle aus, wie Mama sich im Salon mit einem Mann unterhielt. ›Ein Freier!‹ feixte Mah Soltan, die mit einem Tablett Tee an mir vorbeiging. Ich lief in den Hof, um aus dem Fenster in den Salon zu stibitzen. Er war zwar nur von hinten zu sehen, aber das reichte mir schon: Sein Hinterkopf war kahl! Wer immer es sein mochte, ich fand ihn scheußlich. Überhaupt hatte mich niemand gefragt und ich zum Thema nichts weiter zu sagen. Als er den Salon verließ, erkannte ich, daß es sich um einen Freund meines Bruders handelte, einen Studenten der Medizin, der bereits in einer Praxis arbeitete. Mit Mama war ich schon einige Male dort zur Behandlung gewesen und hatte sogar ein paar Worte mit ihm gewechselt; er trug immer ein Lächeln im Gesicht und war auch sehr höflich. Er mochte ein guter Arzt werden – mein Ehemann würde so ein Glatzkopf bestimmt nicht.«
    Â»Ein paar Tage später mußte meine Schwester für eine Operation ins Krankenhaus. Als Mama und ich einmal an ihrem Bett saßen, trat plötzlich er ins Zimmer, einen Blumenstrauß in der Hand und im Gesicht wieder sein Lächeln. Ohne mich zu fragen, schob Mama ihm einen Stuhl zu, aber statt sich nach dem Befinden meiner Schwester zu erkundigen, fragte er ständig, wie es mir gehe, was ich treibe, was meine Vorlieben seien. Meine Antworten fielen so knapp aus und meine Blicke waren so abweisend, daß es an Unhöflichkeit nicht nur grenzte. – ›Ach was, Sie studieren?‹ fragte er. Daß ich an der Universität Teheran im Fach Literaturwissenschaft eingeschrieben war, hatte Mama ihm offenbar tunlichst verschwiegen. ›So eine junge Frau wie Sie muß doch heiraten und eine Familie gründen.‹ Ich warf Mama einen triumphierenden Blick zu: Sehen Sie, was für ein Esel der ist? ›Also nein, ich finde, ein Studium paßt nun überhaupt nicht zu Ihnen‹, redete er sich um Kopf und Kragen: ›Viel besser kann ich Sie mir als liebevolle Mutter vorstellen. Bestimmt haben Sie bei Ihrer zauberhaften Frau Mama auch schon zu kochen gelernt.‹ Das war der Gipfel! So ein rückständiger, unhöflicher, unverschämter Kerl! Ich beugte mich zu Mama und zischte laut genug, damit er es hören konnte, daß er kein Recht habe, sich in mein Leben einzumischen. ›Und wer hat ihn überhaupt hierherbestellt?‹ Weil Mama mir nur besänftigend zunickte, drehte ich mich zu ihm hin: ›Haben Sie Dank für Ihren Besuch, und bitte grüßen Sie Ihre Eltern.‹«
    Â»Einige Wochen vergingen, in denen Mama ihn nicht erwähnte, bis ich sie eines Morgens mit den Vorbereitungen für eine festliche Geselligkeit beschäftigt sah. Mißtrauisch fragte ich Mah Soltan, wen Mama eingeladen habe. ›Ja, weißt du das nicht?‹ lachte Mah Soltan und feixte wieder: ›Nur ein paar Freier.‹ ›Schon wieder‹, stöhnte ich. Gegen Abend schlich ich mich aus dem Haus und lief zum Haus meiner Oma. Durch den Hintereingang trat ich unbemerkt ein, öffnete leise eine der Türen und legte mich hinter einem Bett auf dem Boden. Es dauerte keine halbe Stunde, da kniete meine Tante auf dem Bett, Papas ältere Schwester, blickte zu mir herunter und bedeckte mich mit einem Redeschwall: ›Kindchen, niemand wird dich zwingen, Kindchen, sie werden schon nicht beißen, Kindchen, es sind nur ein paar Freier mit ihren Müttern, sie schauen dich an, du schaust sie an, und wenn du einen willst: herzlichen Glückwunsch, Kindchen, und wenn du nicht willst, auch gut und auf Wiedersehen, sie gehen ihres Weges und du wirst so Gott

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