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häufiger von und über Jean Paul sprechen als heute John Coetzee von und über sich, das eigene Ich aufhört, geraten die Formulierungen in der Vorschule so schwärmerisch, wie sie der eigenen Besonnenheitslehre nach nicht sein dürften. Vom UnbewuÃten spricht er, das im Dichter das Mächtigste sei, und von dem ȟberirdischen Engel des inneren Lebens, diesen Todesengel des Weltlichen im Menschen«. Ich wage eine These, die mir die Germanisten wahrscheinlich um die Ohren schlagen werden, indem sie mir dieses oder jenes Traktat vorhalten, das Jean Paul sehr wohl kannte, schätzte, begeisterte: Deshalb spricht Jean Paul nur psychologisch vom UnbewuÃten, an anderer Stelle so unscharf von Instinkt oder poetisch von Engeln, weil ihm bei aller Belesenheit die christlichen Mystiker fremd geblieben sind, die im Deutschen lange zuvor die Begriffe für den Prozeà geprägt hatten, der Subjektivität durch ihre Negation errettet. Hingegen Hölderlin übertrug mit dem Idealismus die dialektische Bewegung des Ichs aus der christlichen Mystik in die Poetik und blieb dabei in seinem religiösen Empfinden weit mehr als seine Mitschüler Hegel und Schelling von der Innerlichkeit des Pietismus geprägt. Das Vokabular von Entwerden, EntblöÃung, Reinheit und Leersein, das GroÃvater freitags bei Pir Arbab in Isfahan hörte und jeden Abend in Rumis Masnawi las, kannte Hölderlin aus den Liedern der eigenen Kirche: »Eigen Können, eigen Haben / Eigen Dichten jederzeit / Bleibe ganz in mir vergraben, / Weg, hinweg all Eigenheit!« Auch so erklärt sich, nicht nur mit den Griechen, daà die Fähigkeit der »Totalerfahrung«, die für Hölderlin das Genie ausmacht, nicht primär etwas Schöpferisches, Produktives ist, wie es der Geniekult predigte. Und bleibt die Aufgabe eigenen Wollens in den Kirchenliedern und pietistischen Traktaten noch unspezifisch, wird sie in den Schriften der Mystiker dezidiert auf den literarischen Akt bezogen. »Denn der Geist ging hindurch als ein Blitz«, heiÃt es bei Jakob Böhme, den Hölderlin nachgewiesenermaÃen in der Bibliothek des Tübinger Stifts studierte: »Ich fieng an zu schreiben wie ein Knabe in der Schule, und schrieb also in meiner Erkenntnià und eiferigem Trieb immerhin fort und allein für mich selber ⦠als wäre es ein Werck, das mir aufgelegt wäre, daà ichs treiben müste. Ich empfand mächtig des neu-angezündeten Licht-Geistes Willen: Aber meine Seele war vor und in ihm, als ein unverständig Kind; Sie ging also in den Rosen-Garten ihrer Mutter, und that als ein Knecht in Gehorsam; und mir ward gegeben, alles auf magische Art aufs Papier zu entwerfen.« Wie alle Gebildeten kannte Hölderlin Vorstellungen der Gottbesessenheit auch von den Griechen, mehr noch: waren antike Bezeichnungen des Dichters als secundus deus oder alter deus bereits Gemeinplätze geworden. Bei Hölderlin indes ist der Dichter radikal auf die Wahrnehmung reduziert, er tritt nicht als autonomer Autor auf, seine Texte gehören strenggenommen nicht ihm selbst, er ist lediglich Empfangender, man könnte auch sagen: ist bloÃer Berichterstatter. Es klang kokett, als Herta Müller bei der Nachricht des Nobelpreises stammelte, nicht sie, sondern ihre Bücher seien ausgezeichnet worden, aber jeder ernsthafte Autor wird intuitiv gespürt haben, was sie meinte, nein: warum ausgerechnet dies ihre ersten Worte waren. In Hölderlins berühmtem Fragment »Wie wenn am Feiertage â¦Â« heiÃt es: »Doch uns gebührt es, unter Gottes Gewittern, / Ihr Dichter! mit entblöÃtem Haupte zu stehen / Des Vaters Strahl, ihn selbst, mit eigner Hand / Zu fassen und dem Volk ins Lied / Gehüllt die himmlische Gabe zu reichen. / Denn sind nur reinen Herzens, / Wie Kinder, wir, sind schuldlos unsere Hände, / Des Vaters Strahl, der reine, versengt es nicht / Und tieferschüttert, die Leiden der Stärkeren / Mitleidend, bleibt in den hochherstürzenden Stürmen / Des Gottes, wenn er nahet, das Herz doch fest.« Zwar gebührt es den Dichtern, unter Gottes Gewitter zu stehen, denen Hölderlin mithin prophetenhafte Züge verleiht, doch wohlgemerkt mit entblöÃtem Haupte, wie Kinder, reinen Herzens und mitleidend. Alle vier Vorstellungen drücken die völlige Hingabe, das Aufgeben jeder Eigenheit, das Absehen auch von allem Erlernten aus, überdies
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