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Bediensteten, lauschen hinter der Tür, wie die Männer ihrer Verwandtschaft vom Bräutigam das Recht der Braut einfordern, sich jederzeit und ohne Angabe von Gründen scheiden zu lassen, im Fall einer Scheidung auÃerdem monatliche Unterhaltszahlungen in der Höhe eines vollständigen Arztgehalts, das Sorgerecht für die Kinder und anderes mehr. Plötzlich wird die Tür aufgerissen und marschiert GroÃvater wütenden Gesichts in die Halle. »Gnädige Frau!«, herrscht er GroÃmutter an: »Bitten Sie Ihre Herren Brüder aus dem Salon und teilen Sie ihnen mit, daà meine Tochter in der Tradition der Prophetentochter heiraten wird, zu den gleichen Bedingungen, die der Prophet für seine Tochter ausgehandelt hat, nicht besseren und nicht schlechteren.« Dann senkt er den Kopf und stampft mit seinem »Gott steh mir bei und vergib mir meine Sünden« in der Halle auf und ab. Kurz darauf erscheint die GroÃtante in der Tür und redet auf GroÃvater ein, er solle sich nicht aufregen, sondern sich im Hof entspannen und GroÃmutters Brüder einmal machen lassen. Sei es nicht ohnehin Zeit für das Gebet der Abenddämmerung? Noch bevor die Abenddämmerung hereinbricht, entscheidet der Vater gegen den Rat seiner eigenen Verwandtschaft, sämtliche Klauseln im Ehevertrag zu akzeptieren, die GroÃmutters Brüder für den Fall einer Scheidung verlangen: »Seien Sie versichert, daà meine Frau niemals den Wunsch haben wird, sich scheiden zu lassen.«
Von der zweitägigen Hochzeit â vierhundert Gäste im Hause der Braut, die den Nachbarn den Schlaf rauben â ist mit Blick auf GroÃvater nur zu berichten, daà die ach so religiösen Freunde des Vaters sich heimlich Schnaps über die Mauer reichen, und zwar nicht zwei, drei Flaschen, sondern kistenweise, wie sich am nächsten Morgen beim Aufräumen herausstellen wird. Der Festredner aus Vaters Verwandtschaft ist so betrunken, daà man ihn mit Gewalt von der Bühne zerren muÃ, und der Koch Mohammad Hassan verursacht gegen Ende der Feier einen Aufruhr, als die Tanten ihn bewuÃtlos auf dem Boden der Halle vorfinden, vergeblich an ihm rütteln und panisch schreien, er sei tot: Tatsächlich hat er sich nur ins Koma gesoffen. »Wehe, der Herr erfährt davon!« weist GroÃmutter alle Umstehenden an, vor GroÃvater absolutes Stillschweigen zu bewahren, und läÃt es sich nicht nehmen, Mohammad Hassan einen Eimer Wasser nach dem anderen über den Kopf zu schütten, bis er wach genug ist, sich ihre Flüche anzuhören. Im Rückblick meint die Mutter, daà GroÃvater unmöglich entgangen sein könne, warum die jungen Männer die ganze Zeit mit Wassergläsern in der Hand herumliefen, die Stimmung so ausgelassen war und der Festredner immer weiter vor sich hin lallte, als die Gäste schon längst versuchten, ihn mit Pfiffen von der Bühne zu vertreiben. »Ich vermute, Papa lieà sich nur nichts anmerken, weil er sich nicht zum Richter berufen fühlte, der andere öffentlich verurteilt und tadelt.« Ach, komm, wie sich die Eltern das Jawort geben, das trägt der Sohn noch rasch in den Roman ein, den ich schreibe, 23:19 Uhr am Sonntag, dem 23. Mai 2010, die zweite Vorlesung bereits ausgedruckt, schlieÃlich war GroÃvater bei der Hochzeit dabei und ist morgen noch ein Tag, um den Vortrag zu üben, dessen elend paradoxale Satzstrukturen Jean Pauls Muster nachahmen. Obwohl, das Jawort kann der Sohn noch übergehen, da sitzt die Mutter nach dem Besuch des Badehauses und nach Stunden der Maniküre, des Frisierens, des Anziehens und des Schminkens im weiÃen Hochzeitskleid auf einem Stuhl, ringsum nur Frauen, von denen sie die meisten nicht einmal kennt, und hört, wie der Mullah nebenan im Herrenzimmer Gebete spricht, den Koran rezitiert, den Ehevertrag vorliest, die arabische Vermählungsformel spricht und schlieÃlich den Bräutigam fragt, ob er die mit Namen, Namen des Vaters und Nummer des Personalausweises vorgestellte Braut heiraten will? »Ja«, sagt der Vater nach einem kurzen, merkwürdigen Zögern, weil er den arabischen Namen der Mutter zum ersten Mal hört â er kennt bis jetzt nur den persischen Rufnamen, den GroÃmutter ihr gab. Dann wird die Mutter von der Stimme aus dem Nebenzimmer gefragt, ob sie den mit Namen, Namen des Vaters und Nummer des Personalausweises vorgestellten
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